Chicagoland Vampires 03 - Mitternachtsbisse
nicht leicht auf. Er und ich sind wie füreinander geschaffen.«
Ich hätte ihr beinahe eine äußerst abfällige Bemerkung an den Kopf geworfen, hielt mich aber zurück. Wenn sie das wirklich glaubte, nur zu. Außerdem – er hatte sie eingeladen, also glaubte er es vermutlich auch.
»Weißt du was?«, fragte ich stattdessen und ging an ihr vorbei. »Viel Glück damit.«
Sie folgte mir ins Erdgeschoss. Ethan, dessen Timing wie immer unschlagbar war, entschied sich in diesem Augenblick, die Treppe zu uns hochzukommen. Er hatte die Anzugjacke abgelegt und trug eine eng geschnittene dunkle Hose, ein weißes Hemd und eine schwarze Krawatte. Vermutlich war er gerade auf dem Weg gewesen, sich umzuziehen.
Seine Augen wurden groß, als er uns beide zusammen sah, denn auf ein Treffen seiner alten und nicht ganz so alten Liebhaberin schien er nicht wirklich vorbereitet zu sein – aber es war nun mal seine eigene Schuld, weil er uns beide unter einem Dach zusammengebracht hatte.
»Wie war dein Anruf?«, fragte Lacey. »Und wie stehen die Dinge in London?«
Es war nicht schwer, zwischen den Zeilen zu lesen – Liebe Hüterin: Dein Chef hat mit dem Greenwich Presidium telefoniert, ohne dir davon zu erzählen. Er scheint dich nicht über ales zu informieren! Gruß und Kuss, sein allerliebster Lieblingsschützling.
Mit dem zweiten Schlag war sie direkt aufs Ganze gegangen. Ich musste ein Knurren herunterschlucken.
»Nicht so hilfreich, wie ich es mir gewünscht hätte, aber so ist nun mal das Greenwich Presidium«, sagte Ethan. Als er mich ansah, war seine Sorgenfalte wieder zu sehen. »Wir treffen uns gleich im Sparringsraum.«
Ich nickte. »Lehnsherr.«
Er ging an mir vorbei. »Komm bitte mit, Lacey«, sagte er, und sie gehorchte ihm.
Ich sah zurück und beobachtete, wie sie ihm wie eine Marionette in den zweiten Stock folgte.
Dabei fiel mir etwas auf: Ethan war ihr Meister und würde es immer sein. Obwohl ich mitbekommen hatte, dass sie anderer Meinung sein konnte als er – als sie ihre Bedenken äußerte, ich sei nur eine »gewöhnliche Kriegerin« –, so war doch selbst ihre Haltung fügsam. Sie bewegte sich, als ob sie sein Besitz sei, als ob es nichts Wichtigeres für sie gäbe, als an seiner Seite zu sein. Obwohl sie ein eigenes Haus hatte, wollte sie zurück nach Cadogan.
Lindsey hatte mir gesagt, dass Lacey sehr stark in Strategie sei. Vieleicht war ein Teil dieser Anbetung politisch motiviert. Vieleicht machte sie sich, wie er auch, nur Gedanken um Bündnisse und wollte sicherstellen, dass ihre Verbindung zum viertältesten Haus in diesem Land bestehen blieb.
Vieleicht gab es aber auch einen sehr einfachen Grund. Vieleicht wollte sie einfach ihn. Was immer die Zukunft für mich und Ethan bereithielt (oder für mich ohne Ethan, wie es wohl der Fall sein würde), in diesem Augenblick schwor ich mir, nicht einer von diesen Vampiren zu werden.
Ich schwor, mir selbst treu zu bleiben, mich zu erinnern, wer ich war, vernünftig über Bündnisse nachzudenken und über die Leute, mit denen ich ein Bündnis hätte eingehen können.
Wenn ich mich doch nur vor ein paar Tagen an diese Dinge erinnert hätte… oder als Malory mich gebraucht hatte. Aber was geschehen war, war geschehen.
Ich musste einfach nach vorne schauen.
Ich machte einige Tritte zur Lockerung, als Ethan und Lacey auftauchten. Er kam durch den Haupteingang in den Sparringsraum; Lacey nahm ihren Platz auf der Galerie ein, diesmal zusammen mit einer großen Besucherschar. Es war fast kein Platz mehr, und neben Lindsey und Luc – die sich von ihren Wachpflichten hatten kurz befreien lassen – waren Margot und Michele und einige der anderen Vampire anwesend, mit denen ich gestern in der Bar gewesen war. Sie winkten mir zu, der Fanclub für einen einst sehr zurückhaltenden Vampir.
Aber das mit der Zurückhaltung war jetzt vorbei… ich war eine von ihnen geworden – hauptsächlich, weil ich eine Novizin war, der von einem Meister Unrecht angetan worden war. Oder von zwei, wenn man Lacey mitzählte. Oder von vier, wenn man den früheren und den jetzigen Meister von Navarre einrechnete.
Wie bedauerlich (und wie peinlich) das Unrecht auch gewesen war, es hatte eine Verbindung zwischen mir und den anderen Vampiren des Hauses Cadogan geschaffen – eine Gelegenheit für mich, sie kennenzulernen, ohne dass mein Status zwischen uns stünde.
Ein Lichtblick? Vieleicht. Vieleicht waren die Wege dieser Welt aber auch einfach nur unergründlich.
Ethan
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