Chicagoland Vampires 03 - Mitternachtsbisse
mir später definitiv etwas anhören müssen.
Das Licht in seiner Wohnung war bereits eingeschaltet, und im Hintergrund spielte leise Musik. Trotz der Jahreszeit strahlte der Eckkamin ein goldenes Glühen aus. Es wirkte fast so, als ob Mitarbeiter des Hauses die Wohnung für seine Rückkehr vorbereitet hätten. Offensichtlich erhielten Meistervampire einen besonderen Sonnenaufgang-und Gute-Nacht-Service.
Ich legte meine Schwertscheide vorsichtig auf den Beisteltisch.
»Fühl dich wie zu Hause«, sagte Ethan, »und mach’s dir bequem.« Er zog die Jacke aus, wirbelte sie wie ein Matador herum und legte sie dann vorsichtig über die Rückenlehne seines Schreibtischstuhls.
Als er seinen Handheld vom Schreibtisch nahm und begann, sich mit ihm zu beschäftigen, nutzte ich die Gelegenheit, mir das Zimmer noch einmal genauer anzusehen. Immerhin handelte es sich um den lebenden Beweis für Ethans vierhundertjährige Existenz. Wenn al das Zeug keinen Hinweis auf das Rätsel gab, das sich Ethan Sullivan nannte, dann wusste ich nicht, was es sonst noch geben sollte.
Die Hände hinter dem Rücken verschränkt, ging ich zur Wand gegenüber dem Fabergé-Ei, wo ein kunstvoll genähtes heraldisches Wappen auf einen Kirschholzrahmen gezogen war. Das Wappen bestand aus einer Eiche mit roten Eicheln, und ich hatte es schon einmal gesehen.
»Das ist dasselbe Wappen, das sich auch auf dem Schild im Sparringsraum befindet?«
Er sah auf, nickte und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf seinen Handheld. »Es ist mein Familienwappen. Aus Schweden.«
»Wie lautete dein Name?«, fragte ich. Morgan hatte mir mal erklärt, dass die Vampire etwa alle sechzig Jahre die Identität wechselten, um nicht das Misstrauen der Menschen zu erregen, wenn sie im Gegensatz zu ihren Freunden und Familien nicht alterten. »Ethan Sullivan« war sein derzeitiger Name, aber ich nahm an, dass er nicht mit diesem Namen geboren wurde – nicht in Schweden vor vierhundert Jahren.
»Der Name meiner Familie lautete Andresen«, sagte er und tippte auf die Tastatur ein. »Ich wurde als Jakob Andresen geboren.«
»Geschwister?«
Er lächelte wehmütig. »Drei Schwestern – Elisa, Annika und Berit –, obwohl ich nicht oft bei ihnen war. Ich war in der Armee – ein einfacher Soldat, bevor unser Leutnant mir einen Auftrag erteilte. Als ich mit Informationen über die Stellungen der feindlichen Armee zurückkehrte, beförderte er mich.«
Ethan hatte offensichtlich seine Nachrichten abgearbeitet, denn er legte den Handheld wieder auf den Schreibtisch, steckte die Hände in die Taschen und sah zu mir herüber. »Ich war Hauptmann der Artillerie, als meine Zeit gekommen war.«
Ethan war normalerweise nicht so redselig, wenn es um seine Vergangenheit ging. Daher verschränkte ich die Arme und schenkte ihm meine ganze Aufmerksamkeit. »Als du getötet wurdest?«
»Als ich verwandelt wurde«, korrigierte er mich. Er deutete auf einen Punkt am Übergang zwischen Schulter und Hals. »Ein Pfeil in der Abenddämmerung. Als es Nacht wurde, kamen die Vampire heraus, um dem Schlachtfeld alles Blut zu entnehmen, einschließlich meinem. Auf einem Schlachtfeld war das recht einfach, und sie waren auch nicht gerade wählerisch. Damals waren die Vampire noch anders, sie waren Tieren ähnlicher als Menschen. Sie waren nicht mehr als umherziehende Banden von Aasfressern, die das Blut zu sich nahmen, das sie finden konnten. Bei dieser Bande, der ersten Bande, gab es einen Anführer. Balthasar. Er hatte die Lager beobachtet, kannte meinen Rang und entschied, dass ich genug über den Krieg und über Strategien wusste, um eine Bereicherung für sie zu sein.«
In gewisser Hinsicht war die Verwandlung bei uns beiden ähnlich verlaufen.
Ethan war mitten in einem Krieg verwandelt worden, in dem er ein Opfer gewesen war. Die Wandlung war ohne seine Zustimmung eingeleitet worden, wenn sie auch Leben statt eines sicheren Todes bedeutete. Er war in eine Gruppe von Vampiren hineingeboren worden, um als Krieger zu dienen und seine strategischen Kenntnisse einzusetzen. Ich wurde während Celinas Versuch, die Macht an sich zu reißen, getötet, war Opfer eines vorgetäuschten Angriffs. Ethan verwandelte mich, um mein Leben zu retten, ohne meine Zustimmung. Ich wurde ins Haus Cadogan aufgenommen, um eine Kriegerin zu sein, eine Soldatin, die ihr Haus beschützt.
Als der genetische Wandel von Mensch zu Vampir begann, hatte er mich betäubt. Er sagte, er habe mich nicht den Schmerz der
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