Chicagoland Vampires 03 - Mitternachtsbisse
einen Notfall, der das begründen würde –, dann haben wir ihnen den Beweis dafür geliefert. Lass uns das Ganze angehen, als ob es nur Probleme gäbe, mit denen wir fertigwerden. Sollte es dann aus dem Ruder laufen, dann unterliegt es deiner Zuständigkeit, und du kannst zuschlagen.«
Er überlegte einige Sekunden. »Wir stehen vorläufig nur auf Abruf bereit. Viel Glück.« Ich hoffte, dass uns unser Glück nicht im Stich ließ.
KAPITEL FÜNFZEHN
Meine Stimme kriegt sie nicht
Als die Sonne wieder unterging, blieb ich noch fünfzehn Minuten im Bett liegen.
Ist euch schon mal aufgefallen, dass sich euer Bett in das platonische Ideal eines Betts verwandelt, wenn ihr aufstehen sollt, egal wie unbehaglich ihr euch gefühlt habt, als ihr schlafen gegangen seid – weil das Zimmer zu warm oder zu kalt war, die Kissen nicht in Ordnung waren, die Matratze uneben war, die Laken kratzig waren? Jetzt ist es angenehm kühl im Zimmer, das Bett ist weich, und euer Kissen könnte dem Herrn persönlich als Kopfauflage dienen. Die Verwandlung passiert natürlich zwangsläufig, wenn man aufwachen und aufstehen muss, obwohl nichts besser wäre, als sich unter einem Berg kühler Baumwolle zu verstecken – und vor allem dann, wenn man sich alternativ seiner kürzlich beendeten Affäre und deren Ex stellen muss.
Aber selbst Hüterinnen müssen sich wie Erwachsene benehmen, also setzte ich mich auf und warf die Decken beiseite.
Seit meinem letzten Lauftraining war schon über eine Woche vergangen. Da ich noch einige Stunden bis zu unserem Treffen vor der Versammlung hatte, zog ich einen Sport-BH, ein Tank-Top und Lauf-Shorts an, damit ich meine fünf Kilometer durch Hyde Park joggen konnte. Das Training mit Ethan oder den Wachen war natürlich anstrengend, aber nicht die Sorte, die die Muskeln und den Geist lockert. Es ging einfach nichts über einen Trab auf dem Bürgersteig, den Rhythmus der eigenen Atemzüge und eine ordentliche Portion Schweiß.
Doch zuerst brauchte mein Motor Nahrung. Ich war noch nicht bereit, mich den anderen Vampiren im Haus zu stellen oder gar ein Aufeinandertreffen mit Sheridan-Sullivan zu riskieren. Also entschloss ich mich, jedem nur erdenklichen Theater aus dem Weg zu gehen, das mich unten erwarten könnte, und mir mein Frühstück im ersten Stock zusammenzuklauben. Ich ging den Flur entlang und durch eine Schwingtür in die kleine, rechteckig geschnittene Küche. Ahornholzschränke mit Granitplatten standen zu beiden Seiten. Ein Kühlschrank und andere Gerätschaften waren in die Küchenschränke eingebaut, und auf den Arbeitsplatten standen Körbe mit Servietten, Zubehör und kleine Küchengeräte. An dem Kühlschrank klebten Magnete und Bestelzettel chinesischer, griechischer und italienischer Lieferdienste in Hyde Park. Das war der Vorteil, wenn man in der Nähe der Universität wohnte – die Studenten sorgten dafür, dass diese Lieferdienste rund um die Uhr geöffnet hatten, und wir waren dankbare Nutzer.
Ich ging zum Kühlschrank und öffnete ihn. Der Inhalt unterschied sich nicht von dem, was man in einem Bürogebäude vorfinden würde – eine Menge übrig gebliebenes Essen der Lieferdienste, Joghurtpackungen und halb gegessene Desserts, die mit Initialen markiert waren. Es waren die Überbleibsel vampirischer Mahlzeiten und Rendezvous, die man beschriftet hatte, um sie vor fremden Fangzähnen zu schützen.
Aber es gab auch eine Menge vom Haus zur Verfügung gestellter Leckereien, einschließlich unzähliger Blutbeutel mit Ausguss und kleinerer Trinkkartons. Ich brauchte einen Augenblick, um meinen Durst einzuschätzen, und entschloss mich dann dazu, meine Vorräte aufzufüllen. Ich nahm zwei Trinkkartons, schüttelte sie und stach den dazugehörigen Strohhalm hinein, nahm einen Schluck… und verzog das Gesicht. Ethan zu beißen war wie der Genuss eines auserlesenen Weins gewesen – kräftig, vielschichtig, berauschend. Aus einer Plastikbox zu trinken schmeckte so, wie es die Verpackung erahnen ließ – nach Plastik, steril, fade. Es schmeckte wie abgestorben, als ob das Blut jede Energie verloren hätte, die man gewann, wenn man direkt von der Quelle trank.
Aber da mir diese besondere Quelle nicht mehr zur Verfügung stand, schluckte ich es herunter und wiederholte den Vorgang mit dem zweiten Trinkkarton.
Es war nicht der richtige Zeitpunkt, um persönlichen Vorlieben den Vorrang vor biologischen Bedürfnissen einzuräumen, vor allem nicht, wenn ich mir die körperlichen und
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