Chicagoland Vampires: Ein Biss zu viel (German Edition)
sondern eine ausdruckslose Miene zu bewahren. Es fiel mir allerdings leichter als gedacht, weil ich genau wie sie keine Ahnung hatte.
»Ich hatte gehofft, Sie könnten es mir sagen!«, antwortete ich daher und schenkte ihnen ein kurzes Lächeln. »Wir versuchen gerade selbst Antworten auf diese Fragen zu erhalten.«
»Das haben also nicht die Vampire zu verantworten? Es handelt sich nicht um einen Zauberspruch?«
»Vampire wirken keine Zaubersprüche.« Ich warf einen kurzen Blick auf den Presseausweis des Mannes, der direkt vor mir stand. »Vielleicht war es ja Matthew hier, der das Wasser schwarz gemacht hat.«
Die Menge lachte laut auf, aber das setzte den Fragen kein Ende. »Bitte glauben Sie mir«, sagte ich und hob die Hände, »wir wollen genau wie Sie, dass der See möglichst schnell wieder in seinen früheren Zustand versetzt wird, und wir versuchen wie alle anderen Bewohner Chicagos herauszufinden, was hier geschehen ist. Das Problem ist bloß, dass wir nicht dafür verantwortlich sind, und daher wissen wir ehrlich gesagt nicht, wo wir ansetzen sollen.«
Aus dem Hintergrund meldete sich ein anderer Journalist zu Wort. »Merit, hat heute die Apokalypse begonnen?«
»Ich hoffe, dass das nicht der Fall ist. Aber wenn wir schon untergehen, dann sollten wir es in Chicago tun, mit Red Hots in der Hand, meinen Sie nicht auch?«
Natürlich schmiss ich mich ihnen damit an den Hals (im übertragenen Sinne), und einige der Kerle begriffen das durchaus. Aber was sollte ich sonst tun? Wenn ich sie nicht von den Vampiren ablenken konnte, dann würde sich unsere Lage rapide verschlechtern. Ich winkte ihnen zum Abschied und ließ sie einfach stehen. Während sie mir weiterhin lauthals Fragen zubrüllten, betrat ich das Haus und verdrehte mitfühlend die Augen, als ich an den Feen vor unserem Tor vorbeikam.
Es versetzte mir einen Stich, als ich mich fragte, was Ethan, ein begnadeter Meister der Öffentlichkeitsarbeit, zu ihnen gesagt hätte. Ich war nicht er, aber ich hoffte, genug getan zu haben, damit es auch weiterhin ruhig blieb.
Ich ging sofort in die Operationszentrale hinunter; nur Kelley und Juliet waren dort. Beide sahen auf, als ich den Raum betrat, aber meine ausdruckslose Miene ließ sie beide ein missmutiges Gesicht machen.
»Kein Glück gehabt?«, fragte Kelley.
»Nicht gerade viel«, sagte ich und setzte mich am Konferenztisch neben sie. »Die Flussnymphen trauern und haben allem Anschein nach nichts mit der Veränderung des Wassers zu tun. Sie haben mit ihren kleinen, frisch manikürten Fingern anklagend auf Loreley gezeigt, die Sirene des Sees. Sie lebt auf einer Insel mitten im See. Das Büro des Ombudsmanns kümmert sich um eine Transportmöglichkeit, aber das wird erst morgen was. Ich hoffe, dass wir damit eine heiße Spur haben.«
Kelley runzelte die Stirn und nickte. Wie alle typischen Abteilungsleiter wollte sie, dass die anstehende Krise überwunden wurde, damit sie sich der nächsten Aufgabe zuwenden konnte – ob es sich nun um die fehlenden Wachen oder den Zwangsverwalter in ihrem Haus handelte.
»Wenn das im Augenblick das Einzige ist, was wir zu bieten haben, dann ist es eben so«, sagte Kelley. »Das entlastet das Haus zwar nicht wirklich, aber ich würde es sowieso nicht dulden, dass man dich wenige Stunden vor Sonnenaufgang in die Mitte des Sees schickt.«
Ich berichtete Kelley von den Plänen meines Großvaters und meinem Gespräch mit den Paparazzi vor unserer Haustür.
Kelley wirkte plötzlich sehr müde, und ich fragte mich, ob das nervenzehrende Chaos bei ihr Spuren hinterließ oder die Blutrationierung ihren Tribut forderte.
Das thailändische Essen hatte zwar den einen Appetit gestillt, aber ich spürte bereits, wie sich das Verlangen nach Blut wie ein wildes Tier durch meine Gedanken schlich, bereit, jederzeit zuzuschlagen.
Ich nahm mir vor, mich später in der Küche im ersten Stock auf die Suche nach einem Beutel Lebenssaft zu machen.
»Wir tun, was wir können«, sagte Kelley. »Mehr können wir nicht tun. Wir stellen uns der Herausforderung und hoffen, das Problem zu lösen, bevor die nächste Katastrophe über uns hereinbricht.«
»Das unterschreibe ich jederzeit«, sagte Juliet, die vor ihrem Computer saß.
Kelley seufzte. »Und da wir schon von unangenehmen Dingen sprechen, muss ich dich davon in Kenntnis setzen, dass du wohl die Nächste auf Franks Terminliste bist.«
»Wuhu«, sagte ich leidenschaftslos. »Darauf habe ich mich schon die ganze Zeit
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