Chicagoland Vampires: Ein Biss zu viel (German Edition)
engen Radius, dass ich fast herunterfiel. Ich hatte meine Lektion gelernt und klammerte mich ebenso verzweifelt an der Stange fest.
»Solange wir nicht wissen, was oder wer er ist«, rief mein Großvater über den summenden Spielzeugautomotor und den knirschenden Kies hinweg, »gehen wir keine Risiken ein.«
Ich betrachtete unsere Umgebung, die aus Müll, Trümmern, Bergen herabgebröckelter Ziegelsteine und Metallgerippen zu bestehen schien, die früher vielleicht zur Ausstattung der Fabrik gehört hatten. »Ihr habt keinen abgelegeneren Ort als den hier finden können?«
»Wir sind in der drittgrößten Stadt des Landes«, sagte Catcher. »Wir haben genommen, was wir kriegen konnten.«
»Und das wäre?«
»Ein Grundstück, das die Stadt übernommen hat, als die früheren Besitzer es aufgegeben haben. Es war vorher eine Keramikfabrik«, sagte mein Großvater. »Sie haben hier draußen Ziegelsteine und Kacheln entworfen und gebrannt.«
»Was eine Reihe massiver, feuersicherer und gut isolierter Gebäude bedeutet«, lautete meine Einschätzung.
»So ist es«, sagte mein Großvater.
Wir fuhren über das Gelände (mit etwa der doppelten der empfohlenen Maximalgeschwindigkeit) und schlängelten uns an den Bauten vorbei, bis wir recht abrupt und holperig vor einem Gebäude anhielten, dessen zahlreiche gelbe Tore mit ziemlich großen schwarzen Zahlen nummeriert waren.
»Das hier waren die mit Holz befeuerten Brennöfen«, erklärte mein Großvater, als wir dem Golfplatzfahrzeug entstiegen.
»Interessant«, sagte ich, aber insgeheim dachte ich »gruselig«.
Ich folgte ihnen schweigend einem schmalen Pfad entlang, der neben dem Brennofengebäude verlief, bis sie vor einem kleinen, aber hübschen Ziegelsteingebäude stehen blieben, das allein in der Mitte des Kreises stand, den die anderen Bauten bildeten.
Dieser kleine Bau war nicht größer als zwölf Meter im Quadrat. An jeder der Türen und an jeder Ecke standen Feen Wache und ließen keinen Zweifel daran aufkommen, was die Funktion dieses Gebäudes war.
In Erwartung dessen, was in den nächsten Minuten geschehen würde, wurde mir flau im Magen. Ich sah meinen Großvater an. »Er ist da drin?«
»Das ist er. Das hier war das Zentralbüro der Keramikfabrik. Es ist in zwei Räume aufgeteilt. Er hat seinen eigenen Raum.«
Catchers Handy piepste. Er nahm es aus der Tasche, betrachtete das Display und lächelte.
»Kein gutes Timing für schlüpfrige SMS , oder?«
Er verdrehte die Augen und zeigte mir das Display seines Handys. Darauf war ein von Ziegelsteinwänden eingefasster Raum zu sehen, der bis auf eine Pritsche auf dem Fußboden und ein kleines Waschbecken an einer Seite leer war.
»Tates Zelle«, erklärte er. »Da er im Moment nicht dort ist, habe ich sie durchsuchen lassen.«
»Geschickt«, sagte mein Großvater.
»Das wäre es auf jeden Fall gewesen, wenn sich etwas darin befunden hätte«, sagte Catcher und steckte das Handy zurück in seine Tasche. »Der Raum ist leer. Er hat vielleicht keine Klinge, aber das heißt nicht, dass er über keine Kräfte verfügt. Du solltest uns deine Waffen geben. Wir wollen ja nicht, dass sie in die falschen Hände geraten«, erklärte er. »Und wenn du Hilfe brauchst – wir sind direkt vor der Tür.«
Ich zögerte, zog dann aber mein Hosenbein hoch und holte den Dolch aus meinem Stiefel hervor. Der Gedanke, ein übernatürliches Katz-und-Maus-Spiel mit Tate zu spielen, ohne eine Waffe bei mir zu haben, gefiel mir zwar nicht, aber ich konnte Catchers Standpunkt verstehen. Wenn Tate mich überwältigte und meinen Dolch an sich nahm, wäre er eine wesentlich größere Bedrohung für mich, die Feen und alle anderen, an denen er vorbeikommen konnte.
Catcher nahm den Dolch mit einem Nicken entgegen. Sein Blick huschte über die Gravur auf dem Griff.
»Kommst du da drin zurecht, meine Kleine? Bist du dir sicher, dass dies notwendig ist?«, fragte mein Großvater. Er klang besorgt, aber er schien sich nicht um mich, sondern um Tate Sorgen zu machen. Immerhin war aufgrund von Tates Machenschaften Ethan nicht mehr unter uns.
Ich nahm mir einen Moment Zeit, um über diese Frage nachzudenken, und wenn ich ganz ehrlich zu mir war, wusste ich nicht, ob ich zurechtkommen würde. Ich wusste, dass ich mit ihm reden musste. Ich wusste auch, dass er gefährlich war. Er hatte nicht nur überzeugend die Rolle eines Politikers gespielt, dem nur das Wohl Chicagos am Herzen lag, sondern war zugleich auch ein Drogenbaron und
Weitere Kostenlose Bücher