Chocolat
aus.«
Luc schüttelte den Kopf.
»Zu gefährlich«, sagte er knapp. »Ich will sch-schließlich überleben.«
Armande lachte.
»Also dann, bis nächste Woche?« Diesmal drückte er ihr einen Kuß auf die Wange. »Um dieselbe Zeit?«
»Ich glaube, das werde ich einrichten können«, sagte sie lächelnd. »Morgen gebe ich eine Einweihungsparty«, sagte sie unvermittelt. »Um mich bei allen zu bedanken, die meinDach repariert haben. Du bist auch herzlich eingeladen, wenn du Lust hast.«
Luc wirkte unentschlossen.
»Aber wenn Caro was dagegen hat«, meinte sie ironisch und schaute ihn herausfordernd an.
»M-mir fällt bestimmt eine Ausrede ein«, sagte Luc, von ihrem amüsierten Blick aufgemuntert. »Das k-könnte lustig werden.«
»Darauf kannst du dich verlassen«, sagte Armande energisch. »Es werden alle dasein. Außer natürlich Reynaud und seine Bibel-Groupies.« Sie lächelte ihn verschmitzt an. »Was ich allerdings sehr begrüße.«
Ein verlegenes Grinsen huscht über sein Gesicht.
»B-Bibel-Groupies«, wiederholt er. »Das ist echt c-cool, Mémée .«
»Ich bin immer cool«, erwidert Armande würdevoll.
»M-Mal sehen, was sich machen läßt.«
Armande hatte ihre Tasse ausgetrunken, und ich wollte gerade den Laden schließen, als Guillaume eintrat. Ich hatte ihn in dieser Woche kaum gesehen, und er wirkte irgendwie zerknautscht, sein Gesicht traurig und farblos unter der schmalen Hutkrempe. Förmlich wie immer, grüßte er uns mit ausgesuchter Höflichkeit, doch ich sah, daß er bedrückt war. Seine Kleider hingen an seinen schmalen Schultern, als würde kein Körper darunter stecken. Seine Augen waren rot gerändert, seine Wangen eingefallen. Charly war nicht dabei, doch ich bemerkte, daß er die Leine wieder um das Handgelenk gewickelt hatte. Anouk lugte neugierig aus der Küche.
»Ich weiß, Sie machen Feierabend.« Er sprach beherrscht und akzentuiert, wie die tapferen Soldatenbräute in den britischen Kriegsfilmen, die er so liebte. »Ich werde Sie nicht lange aufhalten.«
Ich schenkte ihm eine halbe Tasse meines besten chocolat espresso ein und legte ein paar seiner geliebten Florentinerauf die Untertasse. Anouk kletterte auf einen Hocker und beäugte sie neidisch.
»Ich habe keine Eile«, sagte ich.
»Ich auch nicht«, erklärte Armande in ihrer direkten Art. »Aber ich kann auch gehen, wenn Ihnen das lieber ist.«
Guillaume schüttelte den Kopf.
»Nein, natürlich nicht.« Er schenkte ihr ein wenig überzeugendes Lächeln. »Es ist nichts Weltbewegendes.«
Obwohl ich ahnte, was geschehen war, wartete ich, bis er soweit war, uns von seinem Kummer zu erzählen. Guillaume nahm einen Florentiner und biß lustlos hinein, während er eine Hand darunterhielt, um die Krümel aufzufangen.
»Ich habe gerade Charly begraben«, sagte er mit brüchiger Stimme. »Unter dem Rosenstrauch in meinem Garten. Das hätte ihm gefallen.«
Ich nickte.
»Ganz bestimmt.«
Ich konnte seine Trauer riechen, einen scharfen, sauren Geruch wie nach Erde und Mehltau. Er hatte schwarze Erde unter den Fingernägeln der Hand, mit der er den Florentiner hielt. Anouk schaute ihn mit ernster Miene an.
»Armer Charly«, sagte sie. Guillaume schien sie kaum zu hören.
»Es mußte schließlich sein«, fuhr er fort. »Er konnte nicht mehr laufen, und er winselte jedesmal, wenn ich ihn hochnahm. Gestern abend hörte er überhaupt nicht mehr auf zu winseln. Ich habe die ganze Nacht bei ihm gesessen, aber ich wußte Bescheid.« Guillaume wirkte beinahe schuldbewußt, von einer Trauer überwältigt, für die er keine Worte fand. »Ich weiß, es ist albern«, sagte er. »Er war nur ein Hund, wie Monsieur le curé sagt. Albern, so ein Theater zu machen.«
»Unsinn«, mischte Armande sich ein. »Ein Freund ist ein Freund. Und Charly war ein guter Freund. Von diesen Dingen versteht Reynaud eben nichts.«
Guillaume schaute sie dankbar an.
»Nett, daß Sie das sagen.« Er wandte sich an mich. »Und Ihnen danke ich auch, Madame Rocher. Sie haben letzte Woche versucht, mich zu warnen, aber ich wollte nicht auf Sie hören. Wahrscheinlich hab ich mir eingebildet, Charly würde ewig leben, wenn ich die Wahrheit einfach ignorierte.«
Armande beobachtete ihn mit einem seltsamen Ausdruck in den schwarzen Augen.
»Manchmal ist Weiterleben die schlechtere Alternative«, sagte sie sanft.
Guillaume nickte.
»Ich hätte ihn früher gehen lassen sollen«, sagte er. »Ihm ein bißchen Würde lassen sollen.« Sein Gesicht verzog sich zu
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