Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Choral des Todes

Titel: Choral des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
Vom Netzwerk:
Auswahlkriterien bestimmt. Eine Rasse, die bald neue Eigenschaften besitzen wird. Wenn Sie uns nicht alle vernichten, werden Sie diese Vorherrschaft nicht verhindern können.«
    Stühlerücken: Jackson stand auf.
    »Schluss für heute.«
    »Darf ich eine Kopie der Aufzeichnung haben?«
    »Warum?«
    »Um die Musik der Stimmen zu hören. Das, was wir heute gesagt haben … zwischen den Zeilen.«
    »Ich verstehe nicht, was Sie meinen.«
    »Klar doch. Darum werden Sie unnütz bleiben, während ich in die Geschichte eingehen werde.«
    »Man wird Sie wieder in Ihre Zelle bringen.«
    Neue, eindeutige Geräusche.
    Jackson klopfte an die Tür des Verhörraums, um eine Wache herbeizurufen.
    Auf das Kratzen der alten Aufzeichnung folgte die makellose Stille des modernen Digitalgeräts. Kasdan drückte auf EJECT und nahm die CD heraus.
    »Hartmann wurde nicht mehr behelligt«, erklärte er. »Es ließ sich nicht nachweisen, dass er an den Morden beteiligt war, und sein Geisteszustand bewahrte ihn vor einer Strafverfolgung. Einige Wochen später war er wieder in Freiheit. Er hat seine Sekte gegründet und ist über zehn Jahre in Berlin geblieben. Infolge einiger Strafanzeigen gegen seine Gruppe sah er sich dann gezwungen, aus Deutschland zu fliehen. Er ist nach Chile gegangen und hat die Kolonie Asunción gegründet. Was danach folgte, zumindest das, was wir wissen, habe ich dir soeben erzählt.«
    Volokine stand auf und räkelte sich:
    »Ich verstehe nicht, warum wir uns diesen alten Kram anhören. Es war ein Albtraum, und der ist nun vorbei.«
    »Und das sagst gerade du? Dieser Albtraum, wie du ihn nennst, ist neu aufgelebt. Dieser Albtraum geht wieder um.«

KAPITEL 48
    Kasdan war auf dem Weg zur Eingangstür, als ihm Volokine zurief:
    »Warten Sie.«
    »Wieso?«
    »Ich habe noch etwas zu erledigen.«
    Ohne ein weiteres Wort ging der Russe nach links ins Wohnzimmer und schaltete den Rechner ein. Er trug noch immer seine Chirurgenhandschuhe. Kasdan fragte:
    »Was machst du da?«
    »Ich schreibe eine Mail.«
    »An wen?«
    »Persönlich.«
    »Haben wir nichts Besseres zu tun?«
    »Dauert nur ein paar Sekunden.«
    Kasdan näherte sich. Volokine wiederholte:
    »Es ist persönlich.«
    »An wen schreibst du um diese Uhrzeit an Heiligabend?«
    »An meine Verlobte.«
    Volokine kannte bereits die Wirkung dieser Worte, aber das Schweigen Kasdans war besonders komisch. Man hätte meinen können, ihm hätte jemand mit dem Hammer auf den Kopf geschlagen.
    Nach einigen Sekunden fand der Armenier die Sprache wieder:
    »Du hast eine Verlobte?«
    »Sagen wir: eine Art Verlobte.«
    »Wo ist sie?«
    »Im Gefängnis.«
    »Eine Dealerin?«
    »Nein, ich habe sie im Knast kennengelernt, das ist alles.«
    »Was hast du in einem Frauengefängnis verloren?«
    »Kann ich jetzt vielleicht meine Mail zu Ende schreiben?«
    Kasdan setzte sich in einen Sessel. Das Zimmer war in Dunkelheit getaucht. Der Russe beendete seine paar Zeilen. Er würde keine Antwort erhalten. Er hatte noch nie eine Antwort erhalten. Noch eine E-Mail ins Nirwana …
    Er klickte auf das Feld ABSENDEN und schloss die Mailbox.
    In einem hinteren Winkel des Wohnzimmers wartete der Armenier geduldig. Volokine würde nicht um eine Erklärung herumkommen, und die Vorstellung, dem Hünen seine Geschichte – sein Geheimnis – anzuvertrauen, missfiel ihm nicht.
    »Im Jahr 2004«, hob er an, »haben mich die Typen vom Drogendezernat aufs Korn genommen. Ich tauchte mehrmals auf ihren Überwachungsbändern auf, aber nicht auf der richtigen Seite, verstehen Sie?«
    »Hast du dir Dope beschafft?«
    Volokine lächelte, ohne darauf einzugehen.
    »Sie haben sich an Greschi, meinen Vorgesetzten, gewandt, und ihm mitgeteilt, dass sie die Abteilung ›Interne Ermittlungen‹ einschalten würden. Greschi hat sie beruhigt und mich eine Weile aus dem Verkehr gezogen. Er hat mich in so ein dusseliges Programm eingeschrieben. Es ging darum, Strafgefangenen Thai-Boxen beizubringen.«
    »Hast du im Knast Kurse in Thai-Boxen gegeben?«
    »Ja, einen Einführungskurs. Einen praktischen Lehrgang mit philosophischen Erläuterungen. Die spirituelle Botschaft der asiatischen Kampfsportarten und so was. Die Knastis hatten damit natürlich nichts am Hut. Das Einzige, was sie daran interessierte, war, dass sie mit Hilfe dieser Techniken noch stärker und gefährlicher werden konnten.«
    »Was hat das mit deiner Braut zu tun?«
    »Komischerweise standen auf der Knast-Liste auch Frauengefängnisse. Im Oktober bin ich

Weitere Kostenlose Bücher