Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Choral des Todes

Titel: Choral des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
Vom Netzwerk:
bitte verständlich aus.«
    »Die Sprache des Betriebssystems. Für den Computer ist die menschliche Sprache nur eine Software unter anderen. Er tut so, als würde er Französisch verstehen – er ist darauf programmiert, diese Illusion zu vermitteln –, in Wirklichkeit aber versteht er nur Ziffern, genauer gesagt: Bits.«
    Vor Kasdans Augen flimmerten die Zeilen in Courier-Schrift. Selbst die Auflösung dieser Zeichen war feiner, fragiler als bei gewöhnlichen Schriftzeichen. Er dachte an den Film Matrix. Die Brüder Wachowski hatten es verstanden, die Ähnlichkeit zwischen der Sprache der Informatik und der asiatischen Kalligraphie kinematografisch nutzbar zu machen.
    »Wie weit bist du?«
    »Ich habe eine Konfigurationsdatei erstellt. Eine Art ›bevorzugter Anwender‹, der die gewöhnlichen Anwender umgehen wird, um auf das Verzeichnis der Dateien zuzugreifen.«
    Volo startete den Rechner neu. Das Summen begann aufs Neue, dann wurde man auf dem Bildschirm erneut zur Eingabe eines Passworts aufgefordert. Diesmal tippte der Russe einige Buchstaben ein. Auf der Benutzeroberfläche tauchten die Bildzeichen der Programme auf.
    »Ich gehe jetzt zurück ins Hauptverzeichnis. Die Rechner sind wie Stammbäume aufgebaut. Man muss der Kette der Unterverzeichnisse folgen, die ineinander eingebettet sind: System, Anwendungen, Dateien …«
    Jede Menge Zeilen mit Namen tauchten auf.
    »Die von Götz erstellten und gespeicherten Dokumente. Texte, Bilder, Musikdateien …«
    Über den Bildschirm liefen mit atemberaubender Geschwindigkeit Sigeln, Ziffern und Buchstaben. Die Zeilen krümmten und wanden sich wie windgepeitschte wilde Gräser.
    »Woher weißt du, was das bedeutet?«
    »Ich versuche nicht, das zu verstehen. Ich filtere. Ich lasse diese Liste durch ein Programm laufen, das ich aus dem Internet importiert habe. Eine Art Netz, das – auch kodierte – Schlüsselwörter aufspürt, die Pädophile benutzen.«
    Die Hieroglyphen rasten noch immer über den Bildschirm. Hin und wieder hielt Volokine die Liste an und öffnete ein Dokument. Dann setzte der Schwall von Zeichen mit noch größerer Kraft wieder ein.
    »Mist«, brummte er, »da ist nichts. Dieser Mac ist der Baukasten des tadellosen chilenischen Musikers. Selbst die Mails scheinen sauber zu sein. Der Mistkerl hat sich vorgesehen.«
    »Ich darf dich daran erinnern, dass Wilhelm Götz im Augenblick ein Opfer ist. Ein dreiundsechzigjähriger Mann, dem das Trommelfell durchbohrt wurde.«
    »Sie vergessen, dass er abgehört wurde. Sie selbst haben es mir gesagt.«
    »Wir wissen nicht genau von wem noch warum. Du allein hast ihn als Perversen abgestempelt.«
    Volokine ließ erneut die Tasten klimpern:
    »Ich werde mir jetzt die Internetverbindungen vorknöpfen. Normalerweise ist das eine Goldgrube.«
    »Falls Götz tatsächlich pädophile Websites besucht hat, wird er doch sämtliche Spuren davon gelöscht haben.«
    »Klar. Aber auf einem Computer lässt sich nichts löschen. Das ist unmöglich, verstehen Sie?«
    »Nein.«
    »Wenn man den Usern diese Option einräumen würde, würde man ihnen indirekt die grundlegende Funktionsweise des Systems enthüllen. Den Quellcode. Mit diesem Code kann man eine Festplatte herstellen. Daher ist dieser Code eines der bestgehüteten Geheimnisse auf der Welt. Ansonsten könnte sich jeder seine eigene Festplatte basteln, und der Computermarkt würde zusammenbrechen. In einem Computer geschieht alles an der Oberfläche. Man erweckt beim Anwender den Eindruck, er würde seine Daten löschen, aber das ist nur ein Zugeständnis an seine beschränkte menschliche Logik. In der Welt der Algorithmen, in den Tiefenschichten der binären Strukturen bleibt alles erhalten. Immer.«
    »Auch flüchtige Zugriffe auf Websites, die nur kurz angeklickt wurden?«
    Volokine lächelte und drehte den Bildschirm zu dem Armenier hin:
    »Alles. Bei jedem Zugriff erstellt der Computer eine sogenannte temporäre Datei. Er speichert die aufgesuchte Website und rekonstruiert sie auf dem Bildschirm. So hat man zwar den Eindruck, auf einen Server zuzugreifen, aber in Wirklichkeit hat die Maschine das Bild bereits gespeichert, und man greift auf dieses downgeloadete Bild zu.«
    Er tippte wieder auf der Tastatur herum.
    »Diese temporären Dateien werden in einer sogenannten Partition – einem abgetrennten Bereich – des Speichers archiviert, und man kann jederzeit auf sie zugreifen, sofern man die Zauberformeln kennt.«
    »Die Shell-Sprache?«
    »Nein. Hier muss

Weitere Kostenlose Bücher