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Christiane F. – Mein zweites Leben (German Edition)

Christiane F. – Mein zweites Leben (German Edition)

Titel: Christiane F. – Mein zweites Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane V. Felscherinow , Sonja Vukovic
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noch selbst die Predigt gehalten. Das war Blixa Bargeld, Sänger der Band Einstürzende Neubauten.
    Die Jungs waren damals noch ganz unbekannt. Nach einer Show von Campino und ZK, bei der so ziemlich alles durch die Gegend geflogen war, was sich irgendwie bewegen ließ, trauten sie sich erst gar nicht auf die Bühne. Dieser Auftritt in Hamburg sollte ihr erster außerhalb Berlins werden, er war also eine große Chance, die sie schließlich auch nutzten. Es war unglaublich, als sie dann spielten. Ich war hin und weg und bedrängte Klaus sofort, die Jungs unter Vertrag zu nehmen. Tatsächlich ist aus dieser musikalischen Begegnung dann eine lange Freund- und Partnerschaft entstanden. Klaus wurde für lange Zeit Berater und Musikvideoproduzent der Neubauten und gründete ein paar Jahre später zusammen mit dem Bassist der Band, Mark Chung, den Musikverlag Freibank.
    Der Gitarrist der Einstürzenden Neubauten hieß bekanntlich Alexander Hacke. Als wir uns kennenlernten, war er noch Teenager und lebte noch bei seiner Mutter in Berlin-Buckow, also Neukölln. Ich fand ihn einfach niedlich. Wir schrieben uns zunächst nur Briefe, manchmal waren auch nur Fotos in den Umschlägen oder kleine künstlerische Souvenirs. Als Alex mit der Schule fertig war, zog er zu uns nach Hamburg in die WG. Dort wurden wir ein Paar.
    Direkt anschließend flog ich in die USA. Bernd Eichinger hatte mein Buch verfilmt, der Film war in Europa ein großer Erfolg und sollte nun auch in Amerika in die Kinos. Natja Brunkhorst, die mich gespielt hatte, war erst knapp vierzehn Jahre und konnte daher nicht über sich selbst entscheiden. Ihr Vater wollte unbedingt mit in die USA auf Pressereise und machte Ärger, sodass Eichinger und der Regisseur Uli Edel dann lieber mich fragten.
    Edel, der Drehbuchautor Hermann Weigel und ich, wir flogen First Class nach Los Angeles! Bernd lebte ja in Hollywood, den trafen wir später. Und es ging direkt richtig ab. Als wir gelandet waren, stand eine riesige Limousine für uns bereit. „Wir fahren nicht gleich zum Hotel“, sagte Uli, als wir einstiegen. „Wohin denn?“, fragte ich. Als ich erfuhr, dass wir zu Rodney Bingenheimer zum Rockradiosender KROQ fahren würden, bin ich total ausgeflippt. „Echt? Voll geil. Ich kenne seine Tapes, jeder kennt seine Tapes, totaler Hammer!“ Bingenheimer hat die amerikanische Rock-, Punk- und New-Wave-Zeit maßgeblich gestaltet. Als einer der Ersten hatte er Bands wie Blondie, The Sex Pistols und The Ramones aufgelegt und ihnen dadurch ermöglicht, Musikgeschichte zu schreiben.
    Das KROQ-Studio war unerwartet winzig. Alles stand voll mit Schallplatten und war mit diesen Eierschalentapeten aus Schaumstoff tapeziert. Hinter einer Glasscheibe saß der Tontechniker, sonst war da niemand, nur wir. Und die Leute riefen an, Amerikaner, die unseren Film gesehen hatten. Aber verflucht noch mal: „My English, oh my god! I am sorry.“ Manchmal wusste ich einfach nicht, wie ich reagieren sollte. Zum Glück war Uli Edel dabei, der einen Teil der Fragen einfach übernahm. Oder er übersetzte für mich.
    Rodney und ich verstanden uns von Anfang an ganz hervorragend. Als er anbot, mir die Stadt zu zeigen, war ich natürlich sofort einverstanden. Also holte er mich abends ganz artig im Chateau Marmont ab, und dann ging es in die besten Bars und Restaurants. Aber um 22   Uhr musste ich wieder zurück sein, klar, ich war ja erst 19.
    Das war schon seltsam, da hatte ich in Deutschland seit Jahren gefeiert, und in den USA kam ich nirgendwo rein. Einlass ab 21, Freunde, das ist Amerika! Einmal waren wir in einer Disko, in der kein Alkohol ausgeschenkt wurde; es war bis dahin außerhalb meiner Vorstellungskraft, dass es so etwas überhaupt gab. Bingenheimer selbst hat nicht getrunken, nicht geraucht, keine Drogen genommen, nix. Ich war in besten Händen, das wussten auch Uli und Bernd.
    In dieser Disko haben wir tatsächlich Billy Idol getroffen und zusammen Saft getrunken. „Das glaubt mir keine Sau“, dachte ich in dem Moment.
    Am ersten Morgen hatten wir um halb neun den ersten Termin. Die Leute vom TV-Sender hatten eine passende Location für das Interview gefunden, einen schwarz gekachelten Hotelpool. Ich hatte damals schwarz gefärbte Haare und fand, das Kamerabild sah aus wie gemalt. Wir saßen also da draußen, unter freiem Himmel in dem Hotelinnenhof, als plötzlich eine Tür aufgeht, ein kleines Baby mit Strampler rausgedackelt kommt und schnurstracks auf den Pool zusteuert. Doch dem

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