Christmasland (German Edition)
ersehen am Ohr getroffen.«
» V ic. Ich möchte, dass wir das mal zusammen durchgehen. Dieser Mann, Charlie Manx, war bei seiner letzten medizinischen Untersuchung etwa fünfundachtzig. Er hat zehn Jahre im Koma gelegen. Die meisten Komapatienten brauchen monatelange Reha, bevor sie wieder laufen können. Und Sie erzählen mir, Sie hätten ihn mit diesem … Dings angegriffen?«
»Hakenschlüssel.«
»Und dann wurde er angeschossen, aber er hatte trotzdem noch die Kraft, in den Wagen zu steigen und wegzufahren?«
V ic konnte ihr nicht sagen, dass Manx kein gewöhnlicher Mensch war. Das hatte sie gespürt, als er mit dem Hammer auf sie eingedroschen hatte. Die Kraft seiner Schläge hatte in krassem Widerspruch zu seinem hohen Alter und seiner hageren Gestalt gestanden. Hutter hatte gesagt, dass Manx während der Autopsie das Herz entfernt worden war. Was für V ic eindeutig ins Bild passte. Für jemand, dem das Herz aus dem Körper genommen worden war, war eine Schusswunde am Ohr wahrscheinlich keine große Sache.
Stattdessen sagte sie: » V ielleicht hat ja der zweite Mann den Wagen gefahren. Sie wollen eine Erklärung von mir? Die kann ich Ihnen nicht bieten. Ich kann Ihnen nur sagen, was passiert ist. Worauf wollen Sie hinaus? Manx hat meinen zwölfjährigen Sohn bei sich im Auto, und er wird ihn umbringen, um sich an mir zu rächen. Aber aus irgendeinem Grund reden wir hier nur über Ihre beschränkte V orstellungsgabe. Wie kommt das?« Sie sah in Hutters Gesicht, in ihre ausdruckslosen, ruhigen Augen, und begriff. » V erdammt. Sie glauben mir kein einziges Wort, oder?«
Hutter überlegte einen Moment, und als sie weitersprach, hatte V ic das Gefühl, dass sie ihre Worte mit Bedacht wählte. »Ich glaube, dass Ihr Sohn verschwunden ist und dass Sie verletzt wurden. Ich glaube, dass Sie gerade Furchtbares durchmachen. Darüber hinaus bin ich für alles offen. Ich hoffe, Sie wissen das zu schätzen und werden mit mir zusammenarbeiten. Wir verfolgen beide dasselbe Ziel. Wir wollen Ihren Sohn finden. Wenn es etwas nützen würde, würde ich dort draußen herumfahren und nach ihm suchen. Aber das hat keinen Zweck. Ich finde V erbrecher, indem ich Informationen sammle und das Nützliche vom Unnützen trenne. Wie Search Engine in Ihren Geschichten.«
»Sie kennen sie? Wie jung sind Sie denn?«
Hutter schmunzelte. »So jung nun auch wieder nicht. Es steht in Ihrer Akte. Außerdem hatten wir in Quantico einen Ausbilder, der in seinen Unterrichtsstunden Search-Engine -Bilder verwendet hat, um uns zu zeigen, wie schwierig es ist, in einem Durcheinander von visuellen Informationen relevante Details zu finden.«
»Und was steht noch in meiner Akte?«
Hutters Lächeln verschwand. Sie sah V ic direkt an. »Dass Sie 2009 in Colorado als Brandstifterin verurteilt wurden. Dass Sie einen Monat in einer Nervenklinik verbracht haben, wo eine schwere posttraumatische Belastungsstörung und Schizophrenie diagnostiziert wurden. Sie nehmen Psychopharmaka und sind trockene Alkoholikerin …«
» V erdammt noch mal. Sie denken, ich habe mir das alles nur eingebildet? Dass ich zusammengeschlagen wurde? Dass auf mich geschossen wurde?«, fragte V ic, und ihr Magen zog sich zusammen.
»Wir suchen noch nach Beweisen dafür, dass tatsächlich eine Schießerei stattgefunden hat.«
V ic schob ihren Stuhl zurück. »Er hat sechs Kugeln auf mich abgefeuert. Sein ganzes Magazin geleert.« Sie dachte nach. Sie hatte mit dem Rücken zum See gestanden. Es war möglich, dass sämtliche Kugeln, selbst die, die Manx’ Ohr getroffen hatte, im Wasser gelandet waren.
»Wir suchen nach den Kugeln.«
»Meine Blutergüsse«, sagte V ic.
»Ich bezweifle nicht, dass Sie tatsächlich angegriffen wurden«, sagte die FBI -Agentin. »Ich glaube nicht, dass irgendjemand daran zweifelt.«
Der Satz hatte irgendeine gefährliche Nebenbedeutung, die sich V ic nicht ganz erschloss. Wer hätte sie sonst angreifen sollen, wenn nicht Manx? Aber V ic war zu erschöpft und emotional zu ausgelaugt, um weiter darüber nachzudenken. Sie begriff einfach nicht, worauf Hutter hinauswollte.
V ic warf erneut einen Blick auf Hutters laminiertes Namensschild. Psych Eval. »Moment mal! V erflucht … Sie sind gar keine Ermittlerin. Sie sind Ärztin!«
»Lassen Sie uns ein paar Bilder anschauen«, sagte Hutter.
»Nein«, erwiderte V ic. »Das ist komplette Zeitverschwendung. Ich muss mir keine Polizeifotos ansehen. Ich habe es Ihnen doch schon gesagt. Einer der
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