Christmasland (German Edition)
Wagen vibrierte vom Tuckern des Motors, und Abgaswolken breiteten sich in der Garage aus.
Demeter beugte sich vor, um den Motor abzuschalten, und da erlebte er seine zweite Überraschung: Der Zündschlüssel ließ sich nicht drehen. Nathan wackelte ihn hin und her und drückte schließlich mit aller Kraft dagegen. Aber der Schlüssel rührte sich nicht und ließ sich auch nicht herausziehen.
Das Radio ging an, und der Song »Jingle Bell Rock« dröhnte aus den Lautsprechern – so laut, dass es Nathan in den Ohren wehtat. Es war Frühling und das Lied daher völlig unpassend. Nathan bekam am ganzen Körper eine Gänsehaut. Er drehte am Ausschaltknopf, und es verwunderte ihn nicht weiter, dass sich das Radio nicht abschalten ließ. Zu diesem Zeitpunkt hätte er sich über gar nichts mehr gewundert. Er drückte ein paar Knöpfe, um den Sender zu wechseln, aber überall war dasselbe Lied zu hören.
Inzwischen konnte er die übelkeiterregenden Abgase in der Luft förmlich sehen – und schmecken. Sie machten ihn benommen. Derweil versicherte ihm Bobby Helms, dass es sich zur Weihnachtszeit ganz herrlich mit dem Schlitten fahren ließ. Nathan musste die Scheißmusik leiser machen, um sich konzentrieren zu können. Aber als er am Lautstärkeregler drehte, passierte nichts.
Abgase wirbelten im Scheinwerferlicht. Als Nathan das nächste Mal Luft holte, atmete er eine Ladung Gift ein. Er bekam einen Hustenanfall, der so schmerzhaft war, als würde das Innere seines Halses aufreißen. Gedanken rasten durch seinen Kopf – Pferde auf einem Karussell, das immer schneller wurde. Michelle würde erst in anderthalb Stunden nach Hause kommen, und die nächsten Nachbarn wohnten knapp einen Kilometer entfernt. Niemand würde ihn schreien hören. Der Wagen ließ sich nicht ausschalten, und die V erriegelung löste sich nicht. Er hatte das Gefühl, sich in einem verfluchten Agentenfilm zu befinden – wo ein Auftragsmörder namens Blow Job den Rolls-Royce per Fernbedienung steuerte –, aber das war völlig verrückt. Nathan hatte den Wraith eigenhändig auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt. Er wusste, dass es da keine Apparaturen gab, mit deren Hilfe jemand von außen den Motor, die V erriegelung oder das Radio hätte bedienen können.
Während ihm diese Gedanken durch den Kopf gingen, tastete er auf dem Armaturenbrett nach dem Garagentoröffner. Er musste unbedingt frische Luft in die Garage lassen, sonst würde er bald das Bewusstsein verlieren. Einen Moment lang stieg Panik in ihm auf, weil er ihn nicht finden konnte. Er ist nicht da, er ist nicht da. Aber dann entdeckten seine tastenden Finger das Gerät hinter der Lenkradverkleidung. Seine Hand schloss sich darum, er richtete es auf das Garagentor und drückte auf den Knopf.
Die Tür fuhr rasselnd zur Decke hoch. Abrupt schaltete der Wagen in den Rückwärtsgang, und der Wraith fuhr mit quietschenden Reifen auf die Tür zu.
Nathan schrie auf und packte das Lenkrad – weniger um damit den Wagen zu steuern, als vielmehr um sich irgendwo festzuhalten. Die schmalen Weißwandreifen rollten über die Kieseinfahrt und schleuderten kleine Steinchen gegen das Fahrgestell. Der Wraith raste rückwärts wie ein Wagen auf einer verrückten Achterbahn und rollte neunzig Meter die steile Einfahrt hinunter bis zur Straße. Nathan hatte das Gefühl, die ganze Zeit über geschrien zu haben. In Wahrheit verstummte er jedoch, als der Wagen die Hälfte des Abhangs hinuntergefahren war. Der Schrei, den er hörte, existierte nur in seinem Kopf.
Der Wraith wurde nicht langsamer, als er sich der Straße näherte, sondern beschleunigte noch. Wenn aus irgendeiner Richtung ein anderes Fahrzeug käme, würde er mit über sechzig Sachen in dieses hineinrauschen. Und wenn sie kein Auto träfen, dann die Bäume auf der anderen Straßenseite. Und beim Zurückprallen würde Nathan vermutlich durch die Windschutzscheibe fliegen. Wie alle Autos seiner Zeit besaß der Wraith keine Sicherheitsgurte, noch nicht einmal für die Hüfte.
Die Straße war leer, und als die Hinterräder mit dem Asphalt in Berührung kamen, drehte sich das Lenkrad in Nathans Händen so schnell, dass es ihm die Handflächen aufrieb, und er musste es loslassen. Der Wraith beschrieb eine Neunzig-Grad-Wende nach rechts, wobei Nathan Demeter über den Beifahrersitz gegen die linke Tür geschleudert wurde und mit dem Kopf gegen den Metallrahmen stieß.
Einen Moment lang war ihm nicht klar, wie schwer er verletzt war. Er lag
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