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Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Titel: Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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niemand ahnen. Nicht mal Alex war darauf gefasst, dass die Biester so dicht neben der Böschung einen Elch gerissen hatten.« Sie kraulte Billy das Fell. »Euch ist doch nichts passiert? Nein, Alex geht es gut. Ein bisschen Kopfweh, weiter nichts. Ein Mann wie er ist hart im Nehmen. Morgen früh ist er wieder auf dem Damm.«
    Smoky hatte den größten Hunger und konnte es gar nicht abwarten, bis sie ihm den Trog gefüllt hatte. Ohne dass die anderen Huskys es mitbekamen, gab sie ihm etwas mehr in seinen Trog. »Du bist ein Vielfraß, Smoky, weißt du das? Du hättest bei den Wölfen bleiben sollen, die langen auch so zu!«
    Smoky ließ sich nicht stören, verlangte nicht mal seine Streicheleinheiten und bedankte sich auch nicht für die Extra-Portion. Sein Blick war nur auf sein Fressen gerichtet, und nicht mal ein Wolf hätte ihn dabei stören können.
    Nachdem die Hunde versorgt waren, leerte sie den Vorratsbeutel des Schlittens und kehrte ins Haus zurück. Alex hatte es gerade noch geschafft, sich auszuziehen, und lag in seiner langen Unterwäsche auf dem Bett. Sie deckte ihn lächelnd zu und ging auch zu Bett. Sie schlief so fest und tief, dass sie nicht einmal das Heulkonzert der Huskys, das weit nach Mitternacht einsetzte und minutenlang durch das Tal hallte, aus dem Schlaf holte. Sie träumte von Bones, wie er sie erschöpft auf einer Lichtung fand, sie auf seinen Rücken lud und plötzlich Flügel bekam, sich wie ein Drache in die Lüfte erhob und über die weißen Berge segelte, nur begleitet vom eisigen Wind, der aus dem hohen Norden kam und in allen Farben schillernde Schneeflocken mitbrachte.
    Als sie aufwachte, glitzerten die Eiszapfen vor dem Fenster im ersten Licht der Sonne, und die Hunde verlangten bereits heulend nach ihrem Frühstück. Sie stand auf und wusch sich, zog die Männerkleidung vom vergangenen Tag an und erschien gerade rechtzeitig im Wohnraum, um mitzubekommen, wie Alex mühsam versuchte, sich aus dem Bett zu quälen. Erschöpft sank er zurück.
    »Nichts da!«, wies ihn Clarissa in gespielter Strenge zurecht. »Heute bleibst du im Bett, sonst machst du alles nur noch schlimmer. Oder willst du vor mir in die Knie gehen? Einen Tag im Bett wirst du ja wohl aushalten.«
    Er stöhnte leise. »Jetzt weiß ich, warum ich nie geheiratet habe.«
    »Weil du viel zu anstrengend für eine Frau bist, und dir jede schon nach kurzer Zeit davongelaufen wäre!« Sie wusste selbst nicht, woher sie den Mut nahm, ihn auf aufzuziehen. »Okay, du kochst guten Kaffee, und mit Hunden wie Billy oder Smoky punktest du bei Frauen immer, aber den meisten wäre das Leben hier draußen zu mühsam. Die Frauen, die ich kenne, wären schreiend davongerannt, wenn sie das erlebt hätten, was wir gestern durchgemacht haben.« Sie lachte. »Die Verlobte von Frank Whittler wäre beim Anblick der fressenden Wölfe wahrscheinlich in Ohnmacht gefallen.«
    »Du nicht.« Er hatte seinen Kopf wieder auf das Kissen gebettet und hatte Mühe, sie anzublicken. »Du bist eine bemerkenswerte Frau, weißt du das?«
    »Klar weiß ich das.« Sie überspielte ihre Verlegenheit, indem sie zum Herd ging und frisches Wasser aus dem Eimer in einen Topf füllte. »Leider kann die bemerkenswerte Frau keinen Kaffee kochen, deswegen bekommst du auch Fleischbrühe zum Frühstück. Die ist sowieso im Moment besser für dich.« Sie griff nach ihrer Winterjacke, schlüpfte hinein und zog sich die Mütze auf. »Aber zuerst muss ich mich um die Hunde kümmern.« Sie nahm den Eimer mit dem Futter, das die Huskys vor allem morgens bekamen, einen wässrigen Eintopf, der sie mit genug Feuchtigkeit für den Tag versorgte, und verließ das Haus.
    Ihre Verlegenheit war größer, als sie geglaubt hatte, und sie war froh, die Tür hinter sich schließen zu können. Vor dem Haus blieb sie einen Augenblick stehen und atmete die frische Luft ein. Auch an diesem Morgen schien die Sonne über dem Tal, und nichts wies darauf hin, dass es dort am vergangenen Nachmittag einen blutigen Überfall gegeben hatte. Auch in diesem paradiesischen Tal hatte sich die Gewalt einen Platz erobert, waren Menschen und Tiere auf den Tod anderer angewiesen, um überleben zu können. So wie sie und ihr Vater einen Teil des Lebens im Meer zerstört hatten. In der Kirche hatte man sie gelehrt, dass die Menschen selbst für dieses Wechselspiel verantwortlich waren, weil sie im Paradies gesündigt hatten, aber sie war der festen Überzeugung, dass Gott die Menschen und Tiere so geschaffen

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