Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen
Verhältnis zwischen Sinead und mir war merklich abgekühlt. Nach ihrer Rückkehr von der Patrouille hatte sie herausgefunden, dass ich mit der Vollsterblichen schlief, und wir taten beide so, als wäre es das Normalste der Welt. Ich trank ein bisschen zu viel und wurde schweigsam, nachdem ich zuvor ein wenig zu laut herumgepöbelt hatte. Nun saß ich auf einer Bank, Catriona in meinem Arm, und lauschte der Musik. Der Rhythmus der Trommeln war laut und wild, die Dudelsäcke und die Flöten ungezügelt, und Ryans wunderschöne Stimme übertönte die Lästermäuler um mich herum.
Ich hatte sie alle so satt. Ich wollte Catriona nur noch vor ihnen beschützen und Conal hatte ohnehin noch ein Hühnchen mit mir zu rupfen. Ich war fast erleichtert, als ich seinen emotionslosen Ruf in meinem Kopf hörte. Ich schaute quer durch die Halle zu ihm.
Eine zarte Hand legte sich auf meine Schulter. „Dein Bruder verlangt nach dir, nicht wahr?“, flüsterte Sinead mir ins Ohr.
Ich sah nicht auf und ließ meinen Blick auf Catriona ruhen, die wie hypnotisiert der Musik lauschte. Ja.
Geh nur. Ich bleibe bei ihr. Keine Sorge.
Ich sah zu ihr auf und legte meine Hand an ihre Wange. Danke.
Als ich mich erhob, sprang Catriona sogleich panisch auf, aber Sinead nahm auf der Stelle meinen Platz ein und sagte ihr etwas, was sie zum Lächeln brachte. Ich konnte beruhigt gehen.
Als ich mich ihm bis auf ein paar Schritt genähert hatte, unterbrach Conal Geanais in ihrer nicht enden wollenden Litanei über die Unzulänglichkeiten der Stallburschen. Conal erhob sich, ohne mich anzusehen, und ging durch den Vorraum auf den Hof hinaus. Es war schon spät, aber noch nicht ganz dunkel. Die Luft war erfrischend kühl. Hinter mir verschwammen die Musik und der Tumult in der großen Halle zu diffusen Hintergrundgeräuschen. Conals Stiefel klackerten laut über die grauen Pflastersteine, bis er schließlich vor der Rüstkammer stehen blieb und sich zu mir herumdrehte.
„Du bist wieder ganz der Alte“, sagte ich und achtete darauf, nicht in die Reichweite seiner Faust zu gelangen.
„Lass die Finger von dem Mädchen.“
„Nur nicht so schüchtern, Cù Chaorach. Sag, was du zu sagen hast, ohne Umschweife.“
„Ich meine es ernst.“
Ich auch, dachte ich. Dieses Mal war meine Wut ausnahmsweise größer als die seine. „Und wieso bitte? Weil ich nicht gut genug für sie bin? Denkst du etwa, dass ich das arme, kleine Ding benutze und es dann in den Dreck werfe? Dass ich sie so behandele, wie ihre eigenen Artgenossen sie behandelt haben?“
„Es reicht!“
„Noch lange nicht! Was glaubst du eigentlich, wer ich bin? Ein kleines bisschen weniger als ein Mensch oder ein ganzes Stück weniger als ein Sithe? Findest du nicht, dass das Mädchen genug gelitten hat? Ich hab’s dir schon mal gesagt: Ich bin besser als jeder Vollsterbliche und im Gegensatz zu denen werde ich sie gut behandeln.“
„Hör auf, Murlainn. Mach dich nicht zu etwas, was du nicht bist.“
„Was soll denn das heißen?“
Er schwieg ein paar Sekunden. „Das weißt du ganz genau.“
„Ihr Liebhaber?“
„Nein, ein Menschenhasser.“
Ich spürte, wie sich meine Nackenhaare aufstellten. Ich hatte endgültig genug. „Ich werde ihr nicht wehtun! Ich bezweifle sogar, dass ich ihr noch mehr Leid zufügen könnte, als sie ohnehin schon erfahren hat. Und jetzt hau ab, Cù Chaorach. Du bist mein Anführer, aber nicht mein Priester.“
Er hob die Hände, als würde er zum Schlag ausholen, aber dann verschränkte er sie lediglich im Nacken. Mir war bewusst, dass ich ihn gereizt hatte, aber ich war in Kampfeslaune, und es war mir egal, ob ich verlieren würde oder nicht.
„Ich mache mir keine Sorgen um sie, ich mache mir Sorgen um dich!“, blaffte er mich an.
Das ließ mich verstummen.
„Du bist ein Sithe, Murlainn.“
„So wahr mir die Götter helfen.“
„So wahr uns die Götter helfen! Denk doch mal darüber nach! Du bist, was du bist, und sie? Sie hat, was weiß ich, vielleicht noch dreißig Jahre zu leben. Wenn sie Glück hat. Wenn du Glück hast! Einmal geblinzelt und schon ist sie fort.“
„Aha, darum geht’s dir also.“ Ich verschränkte die Arme vor der Brust. „Um die Vermählung. Du möchtest nicht, dass wir uns fest binden.“
„Hör doch, sie verstehen uns nicht, sie können uns gar nicht verstehen. Sie können uns niemals wirklich erkennen .“
„Vollsterbliche?“
„Ja.“
„Und ich dachte immer, du wärest ein eifriger Verfechter der
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