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Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen

Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen

Titel: Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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Dorf. Eigentlich diente das Wirtshaus als Übernachtungsmöglichkeit für Viehhändler, die aus dem Norden kamen und weiter nach Süden wollten. Hier tranken sie und tauschten Neuigkeiten aus, hier konnten sie ihren Pferden und Rinder n – ob ehrlich erworben oder gestohle n – eine Pause gönnen, und von hier aus brachen sie am nächsten Tag zu jenen Märkten auf, die aussichtsreichere Geschäfte versprachen. Aber auch die Einheimischen kamen gern ins Wirtshaus, um Gerüchte zu verbreiten, öde Geigenmelodien zum Besten zu geben und ihrem elenden Leben für ein paar Stunden zu entfliehen. Eine Frau aus dem Tiefland hatte das Haus gepachtet. Keiner wusste, warum sie ausgerechnet bei den Wilden aus dem Hochland gelandet war. Jedenfalls machte sie ein ziemlich gutes Geschäft. Denn hier versammelten sich alle, um gutes Bier und schlechten Whisky zu kaufen oder zu handel n – und um zu vergessen. Der Raum stank nach Alkohol und verbrauchten Hoffnungen.
    „Hör zu, Murlainn.“ Conal stellte eine Flasche Whisky auf den wuchtigen Holztisch und stieß mir den Ellbogen in die Rippen. „Komm bloß nicht auf dumme Ideen. Glaub ja nicht, du könntest hier ungestraft einen Mord begehen oder so. Du bist unauffällig, aber nicht unsichtbar. Verstanden?“
    „Das hättest du mir auch etwas früher sagen können.“
    „Jetzt weißt du es.“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich hatte mir schon gedacht, dass es dir nicht gefallen würde.“
    „Ich werd’s überleben. Und, was soll ich jetzt tun? Mich auf den Rücken legen und an Sinead denken?“
    Conal lächelte. „Es gibt Schlimmeres. Und wir werden ja nicht ewig hier bleiben.“
    Sofort bereute ich meine Worte. Es kam mir vor, als hätte ich meinen Bruder damit enttäuscht und Sinead betrogen. „Könnten wir nicht einfac h …“, begann ich, um das Thema zu wechseln.
    „Was?“
    Ich sah in die Runde der Bauern, die im Grunde nichts anderes waren als Sklaven ihres Anführers. Manche hatten mehr, andere weniger Glück mit ihrem Gutsherrn. Abend für Abend hockten die Männer im dunklen Wirtshaus, saßen einfach nur da und starrten in ihre dreckigen Krüge, waren niedergeschlagen von der Arbeit, Arbeit und nochmals Arbeit, für die sie allein mit dem nackten Überleben belohnt wurden. Und ihre Frauen schufteten noch härter und hatten noch weniger Vergnügen.
    Ich verachtete und bemitleidete sie gleichermaßen. Wo war denn ihre leidenschaftliche Musik, wo waren ihre Tänze, ihre Freude daran, die Luft der Welt in ihre Lungen zu saugen?
    „Wir könnten ihnen das Leben erleichtern“, sagte ich. „Wir könnten sie besser machen. Ihre n … ihren Geist verändern.“
    Conal ließ sich Zeit, als er den Whisky in unsere schmutzigen Becher einschenkte. Schließlich trank er einen Schluck und gab mir einen sanften Klaps auf die Wange.
    „Das ist unter deiner Würde, Murlainn.“
    „Nichts ist unter meiner Würde“, sagte ich, bereute es aber sofort, kaum dass ich es ausgesprochen hatte. Conal hatte mir einen Dorn ins stolze Fleisch gebohrt, aber ich hatte mich provozieren lassen, und meine Worte troffen vor Selbstmitleid.
    „Sie haben einen freien Willen, genau wie wir. Wieso sollten wir ihnen den nehmen?“
    „Hat ihnen bisher ja auch viel gebracht“, schnaubte ich.
    „Was meinst du, wie stark dein Geist dafür sein müsste?“, fragte Conal. „Wenn du es geschickt anstellst, könntest du einen oder zwei von ihnen beeinflussen. Hier die Wahrnehmung ein bisschen verändern, da eine Erinnerung hinzufügen. Aber die Frage ist doch, ob man das darf oder nich t …“ Er zuckte die Achseln. „Ich finde nicht.“
    „Aber warum? Wo wir doch besser sind als die?“
    Ärger flammte in seinen Augen auf. „Manchmal könnte ich wirklich an dir verzweifeln. Du hältst dich also für etwas Besseres? Hör zu, Seth, du kannst jene mit dem Geist bekämpfen, die sich auf gleiche Weise dagegen wehren können. Wenn sie wissen, was du vorhast, warum nicht? Aber einen Vollsterblichen mit der Kraft deiner Gedanken zu manipulieren ist nichts anderes, als einen unbewaffneten Mann mit dem Schwert anzugreifen. Willst du werden wie Kate oder wie deine Mutter?“ Er deutete mit dem Kopf auf die mürrisch dreinblickenden Trinker. „Genau das ist doch Kates Plan: Sie will ihren Geist manipulieren. Sie will über diese Leute herrschen, die Anderwelt regieren.“
    „Warum tut sie es dann nicht?“, murmelte ich. „Die kriegt doch sonst auch immer ihren Willen.“
    „Sie kann es nicht.“

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