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Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen

Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen

Titel: Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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mit dem Glas vor meiner Nase herum. Ich grinste, doch plötzlich funkelten ihre Augen voller Ernst.
    „Ich weiß, was ihr seid“, sagte sie. „Ich hab schon solche wie euch gesehen.“
    Ich schob mein Glas beiseite und stand auf. „Ich muss jetzt gehen.“
    „Nein.“ Eine mächtige Pranke schnellte hervor und packte mein Handgelenk. Sie hatte einen erstaunlich festen Griff. „Ich will euch nichts Böses.“
    „Ach wirklich?“ Ich schüttelte sie ab, setzte mich aber wieder und starrte sie an, während meine Hand demonstrativ auf meiner Whiskyflasche ruhte. „Dann verrat mir doch mal, wieso du überhaupt mit mir redest.“
    „Hab ich doch gesagt. Ich hab schon Leute von eurer Art gesehen. Ich weiß, dass andere euch nicht wirklich sehen können.“ Ein Hauch von Stolz schwang in ihrer Stimme mit. „Es heißt, ich hätte auch ein paar Tropfen eures Blutes in meinen Adern. Ich hab den Blick.“
    „Den Blick , soso.“ Aber ich konnte meine Augen nicht von ihr abwenden. Unter ihrer runzeligen Haut, unter den bläulichen Adern und den winzigen Härchen, die in ihrem Gesicht sprossen, ragten die Wangenknochen markant und wohlgeformt hervor wie eine liebliche Felslandschaft. „Schon möglich, aber mehr als ein paar Tropfen können es wirklich nicht sein. Und du solltest nicht alles glauben, was du so hörst. Der Blick! Prophezeiungen! Alles Pferdekacke, Lady, egal welches Blut durch deine Adern rinnt.“
    „Siehst du? Du hast mich Lady genannt.“ Als sie das Gesicht zu einem goldzahngebleckten Lächeln verzog, erblühten zwei Grübchen in ihren Wangen. „Das ist doch der Beweis.“
    Ich verdrehte entnervt die Augen. „Worauf willst du eigentlich hinaus? Wenn du nicht scharf auf meinen Körper bist, worauf dann?“
    „Ich wollte dir nur raten, vorsichtig zu sein.“ Ihre ständigen Unkenrufe machten mich langsam wahnsinnig.
    Ich zögerte. „Wir führen doch ein unauffälliges Leben.“
    „Ja, dein Bruder ist ganz schön schlau. Du eher weniger, aber du bist ja auch noch ein Junge.“ Ihr vergoldetes Lächeln nahm ihrer Bemerkung die Schärfe. „Und ich bin nicht die Einzige, die dich gut sehen kann.“
    Die Haut in meinem Nacken kribbelte leicht. „Ach ja?“
    „Ach ja. Und du weißt, wen ich meine.“
    Ja, das wusste ich. Es gab ansonsten nur einen einzigen Anderweltler, der uns nie übersah, der Conal immer mit einem ernsten Nicken begrüßte. Es war der Mann, der uns unseren jämmerlichen Streifen Land gegeben hatte und dazu das Recht, den Boden zu bewirtschaften. Unser Gutsherr, unser neuer Gebieter. Der MacLeod.
    Conal sagte immer, wir müssten ihm dafür dankbar sein, dass er uns einen Platz zum Leben und Arbeiten gegeben hatte. Aber ich war ihm nicht dankbar. Zum Glück sahen wir den Mann nur selten. Ab und zu ritt er mit seinen Männern durchs Dorf, trieb Pachtzinsen ein, richtete in Streitfällen oder sprach das Urteil über Diebe und Betrüger. Er war Graf und Anführer seines Clans, einer der alten Mormaers, die seit Jahrhunderten über diesen Landstrich herrschten und sich noch nie irgendwelchen Königen gebeugt hatten, die meinten, sich einmischen zu müssen. Das hatte ihm spielend Autorität verliehen, was ich ihm missgönnte. Am liebsten hätte ich ihm ins Gesicht geschlagen, damit er merkte, dass ich ihm zumindest ebenbürtig war, dass ich der Sohn eines angesehenen Mannes war, ein Spross vom mächtigen Stamm der Sithe. Aber wahrscheinlich hätte ihn das nicht sonderlich beeindruckt und am Ende wäre ich ausgepeitscht oder gebrandmarkt oder aus unserem jämmerlichen Haus vertrieben worden. Also behielt ich meine Verachtung für mich.
    Conal hingegen mochte den Mann. Conal mochte die meisten Menschen, ob sie ihn nun wahrnahmen oder nicht.
    Eigentlich wollte ich Ma Sinclair nicht dazu anstacheln, mir noch mehr Gerüchte aufzutischen, aber ich konnte meine Neugier einfach nicht im Zaum halten. „Der MacLeod.“ Ich räusperte mich grimmig. „Ach, der hat also auch das besondere Blut?“
    „Der? Nie im Leben!“, sprudelte es aus ihr heraus, doch dann senkte sie die Stimme zu einem verschwörerischen Murmeln. „Aber es heißt, er hätte einen Handel abgeschlossen. Mit euch. Mit dem Volk des Friedens, meine ich.“
    „Wenn du wirklich so viel über uns wüsstest“, sagte ich, „dann würdest du diesen Ausdruck nicht in den Mund nehmen.“
    „Wie auch immer.“ Jetzt wirkte sie zum ersten Mal beleidigt. „Jedenfalls hat er eine Geliebte aus eurem Volk gehabt. Das erklärt doch

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