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Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod

Titel: Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wlofgang Hohlbein
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Wie großzügig.«
    »So bin ich nun mal«, feixte Abu Dun. »Du kennst mich doch.«
    Und aus ebendiesem Grund erwiderte Andrej nichts darauf, sondern signalisierte Abu Dun nur mit einem knappen Nicken seine Zustimmung, woraufhin sich der Nubier umwandte und vorausging, um ihnen mit der puren Präsenz seiner breitschultrigen Gestalt einen Weg durch die dichte Menschenmenge zu bahnen.
    Der Weg – obwohl nur ein knappes Dutzend Schritte weit – geriet zu einem Spießrutenlauf. Niemand kam ihnen auch nur nahe. Männer und Frauen, die zufällig ihren Weg kreuzten, hatten es so eilig, ihnen auszuweichen, dass sie mit anderen zusammenstießen oder einen grotesken Stolperschritt machten, was Andrej belustigt hätte, wenn die Woge der Furcht und -ja, fast schon Hass, die ihnen entgegenschlug, nicht beinahe mit Händen zu greifen gewesen wäre. Hätte er es nicht besser gewusst, er hätte geschworen, dass viele dieser Menschen Abu Dun nicht zum ersten Mal sahen – und einen guten Grund hatten, ihn zu fürchten.
    Was für ein Unsinn!
    Das Gasthaus, das Corinna ihnen genannt hatte, wäre von außen nicht einmal als ein solches erkenntlich gewesen, hätte die Tür nicht offen gestanden, sodass Gelächter und die Stimmen ausgelassener Zecher auf die Straße hinausdrangen. Abu Dun und er steuerten einen freien Tisch im hinteren Teil des düsteren Raumes an, von dem aus sie den Eingang im Auge behalten konnten, ohne selbst sofort gesehen zu werden. Als sie sich setzten, standen zwei schon halb betrunkene Burschen am Nachbartisch auf und hockten sich demonstrativ ans andere Ende des Raumes. Andrej hielt ganz instinktiv den Atem an, doch zu seiner Erleichterung tat Abu Dun so, als wäre ihm gar nichts aufgefallen, und hob nur die Hand, um dem Wirt zuzuwinken. Der Mann bedachte sie zwar mit einem finsteren Blick, rührte sich aber nicht hinter seiner Theke hervor.
    »Ja, das sieht mir ganz nach einem Etablissement aus, in dem deine neue Freundin verkehren würde«, sagte Abu Dun.
    Andrej schwieg. Er hätte gerne widersprochen, aber ihm wollte einfach kein gutes Argument einfallen.
    »Und was tun wir jetzt hier?«, fuhr Abu Dun – auf Arabisch – fort. »Außer nichts zu trinken, meine ich?«
    »Hattest du mich nicht auf einen Krug Bier eingeladen?«, fragte Andrej.
    »Eben«, antwortete Abu Dun. »Ich zahle …«
    »Mit meinem Geld.«
    »… und du holst die Getränke.«
    Andrej stand wortlos auf und ging zur Theke. Der Wirt sah ihm mit steinernem Gesicht entgegen, doch sein flackernder Blick und die pochende Ader an seinem Hals verrieten ihn.
    »Was muss man tun, um hier zwei Krüge Bier zu bekommen?«, fragte Andrej.
    »Solche wie Ihr?« Der Mann schob kampflustig die Unterlippe vor. »Nichts.«
    »Wir bekommen es umsonst?«, fragte Andrej lächelnd.
    »Solche wie Ihr bekommen hier gar nichts.«
    »Solche wie wir«, wiederholte Andrej ruhig. Dann schwieg er. Wartete einfach ab und schwieg. Bis der Wirt schließlich wieder das Wort ergriff. »Was wollt Ihr hier? Wollt Ihr mir das Geschäft verderben?«
    »Eigentlich wollen wir hier nur etwas trinken«, antwortete Andrej freundlich. »Vor allem mein Freund da hinten ist sehr durstig. Ihr wisst, wen ich meine? Den großen finsteren Kerl, der so aussieht, als könnte er deine ganze Schankstube in Stücke schlagen, ohne auch nur aufzustehen.«
    Der Wirt starrte erst ihn an, dann Abu Dun, und schließlich rang er sich zu einem widerwilligen Nicken durch. »Zwei Krüge Bier«, sagte er. »Setzt Euch! Ich bringe sie.«
    Andrej ging zum Tisch zurück, wo Abu Dun ihn mit einem Blick begrüßte, von dem er nicht ganz sicher war, ob er spöttisch oder eher verächtlich war. »Was hast du ihm gesagt?«, fragte er.
    »Dass du durstig bist«, antwortete Andrej. »Und wirklich unleidlich wirst, wenn du nichts zu trinken bekommst.«
    Abu Dun verzog nur knapp die Lippen, eine Reaktion, die Andrej beunruhigte. Situationen wie diese hatten sie hundertmal erlebt – tausendmal, wenn er ehrlich war. Man reiste nicht mit einem Mann wie Abu Dun, erst recht nicht in Zeiten wie diesen, durch ganz Europa, ohne Anfeindungen gewohnt zu sein. Abu Dun gab sich Mühe, sich nichts anmerken zu lassen, und das sehr geschickt, doch Andrej kannte ihn einfach zu gut, um nicht hinter seine Stirn zu blicken. Der Nubier brodelte innerlich vor Zorn, und das war nun wirklich ungewöhnlich.
    Sie schwiegen sich an, bis der Wirt kam – nach erstaunlich kurzer Zeit – und zwei nur halb gefüllte Krüge (ohne Schaum) vor

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