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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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beide der Kluft zwischen Glauben und Verzweiflung.«
    Und Nicki ist in diese Kluft gefallen und untergegangen, dachte ich.
    »Darum stellst du andere Fragen«, sagte er, »als diejenigen, die unter dem christlichen Gott in die Unsterblichkeit geboren wurden.«
    Ich dachte an mein Gespräch mit Gabrielle in Kairo - mein letztes Gespräch. Ich hatte ihr selbst gesagt, daß dies meine Stärke sei.
    »Genau«, sagte er. »Das also haben wir gemeinsam. Wir sind aufgewachsen, ohne viel von anderen zu erwarten. Und die Last des Gewissens war Privatsache, wenn vielleicht auch eine schreckliche.«
    »Aber du bist doch unter dem christlichen Gott - in den ersten Tagen des christlichen Gottes - in die Unsterblichkeit geboren worden?«
    »Nein«, sagte er leicht angewidert. »Wir haben dem christlichen Gott nie gedient.«
    »Aber die Kräfte des Guten und des Bösen, die hinter Christus und Satan stehen?«
    »Noch einmal, das hat kaum, wenn überhaupt etwas mit uns zu tun.«
    »Aber der Gedanke des Bösen muß doch irgendwie…«
    »Nein. Wir sind älter als das, Lestat. Es stimmt zwar, daß die Männer, die mich erschaffen haben, Gottesdiener waren. Und sie glaubten an Sachen, an die ich nicht glaubte. Aber ihr Glaube ging auf eine Zeit lange vor den Tempeln des römischen Imperiums zurück, als man noch massenweise Blut im Namen Gottes vergießen konnte. Und das Böse waren die große Dürre und die Heuschreckenplage und die mageren Jahre. Und ich bin von diesen Männern im Namen des Guten zu dem gemacht worden, was ich bin.«
    Das war alles äußerst faszinierend. Die alten Mythen tauchten wieder in mir auf, in einem Chor schwindelerregender Poesie. Osiris war für die Ägypter ein guter Gott, ein Getreidegott. Was hat das mit uns zu tun ?
    Meine Gedanken wirbelten mir durch den Kopf. Ich erinnerte mich der Nacht, da ich meines Vaters Haus in der Auvergne verlassen hatte, als die Dorfbewohner um das Feuer tanzten und ihre Bittlieder für eine gute Ernte anstimmten. Heiden, hatte meine Mutter gesagt. Heiden, hatte der verärgerte Geistliche erklärt, den sie vor langer Zeit fortgejagt hatten.
    Und mehr denn je schien mir das alles die Geschichte des Wilden Gartens zu sein, die Geschichte von Tänzern im Wilden Garten, in dem kein Gesetz galt außer dem Gesetz des Gartens, das das Gesetz der Ästhetik war. Daß das Getreide gedeihen soll, daß der Weizen erst grün und dann gelb werden, daß die Sonne scheinen soll.
    »Ja, der Wilde Garten«, sagte Marius mit leuchtenden Augen. »Und ich mußte die zivilisierten Städte des Imperiums verlassen, um ihn zu finden. Ich mußte in die tiefen Wälder der nördlichen Provinzen gehen, wo der Garten noch am üppigsten gedieh, nach Südgallien nämlich, wo du geboren wurdest. Ich mußte in die Hände der Barbaren fallen, die uns beiden unsere Gestalt verliehen haben, unsere blauen Augen, unser blondes Haar. Ich verdanke das dem Blut meiner Mutter, die von diesen Leuten abstammte, Tochter eines keltischen Häuptlings, der mit einer römischen Patrizierin verheiratet war. Und du verdankst es dem Blut deiner Väter aus jenen Tagen. Und durch einen seltsamen Zufall wurden wir aus dem gleichen Grund für die Unsterblichkeit auserwählt - du von Magnus und ich von meinen Häschern -, da wir die Edelsten unseres Geblüts waren.«
    »Ooooh, du mußt mir mehr erzählen! Du mußt mir alles erklären!« sagte ich.
    »Ich erkläre bereits alles«, sagte er. »Aber ich glaube, es ist jetzt an der Zeit, daß du etwas siehst, das von größter Wichtigkeit ist.«
    Er wartete einen Moment, um die Worte ihre Wirkung tun zu lassen. Dann erhob er sich langsam nach Menschenart, wobei er sich leicht auf die Armlehnen stützte. Er blickte auf mich hinunter und wartete ab.
    »JENE, DIE BEWAHRT WERDEN MÜSSEN?« fragte ich. Meine Stimme zitterte. Und ich gewahrte wieder jenen Schalk in seinem Gesicht, oder besser, einen Hauch von Belustigung, was in etwa dasselbe war.
    »Hab keine Angst«, sagte er nüchtern und versuchte, sich seine Belustigung nicht anmerken zu lassen. »Das paßt nicht zu dir.« Ich brannte darauf, sie zu sehen, zu erfahren, wer sie waren, und doch rührte ich mich nicht von der Stelle.
    »Ist es… ist es ein schrecklicher Anblick?« fragte ich.
    Er lächelte nachsichtig und legte seine Hand auf meine Schulter. »Würde es dich abhalten, wenn ich ja sagte?«
    »Nein«, sagte ich. Aber ich hatte Angst.
    »Es ist nur schrecklich im Lauf der Zeit«, sagte er. »Am Anfang ist es schön.«
    Er

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