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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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haben, der die Messe zelebrierte. Dann sperrte ich wieder alles in das Tabernakel. Ich schloß es sorgfältig ab, so daß niemand das begangene Sakrileg bemerken würde.
    Anschließend spazierte ich das eine Seitenschiff entlang und ging durch das andere zurück, wobei die unheimlichen Gemälde und Statuen meine Aufmerksamkeit fesselten. Mir fiel auf, daß ich den Arbeitsprozeß der Maler und Bildhauer sah, nicht nur das Ergebnis ihrer Bemühungen. Selbst kleine Fehler in der Perspektive entgingen mir nicht.
    Dann kniete ich nieder, um die Zeichnungen im Marmor zu betrachten, bis ich merkte, daß ich flach dalag und mit aufgerissenen Augen den Boden unter meiner Nase anstarrte.
    Offenbar geriet hier alles außer Kontrolle. Ich stand auf; ich fröstelte ein wenig.
    Die Kerzen kamen mir wie lebendig vor, und ich hatte es allmählich satt. Höchste Zeit, hier abzuhauen und ins Dorf zu gehen.
    Zwei Stunden habe ich mich im Dorf aufgehalten, und die meiste Zeit hat mich niemand gesehen oder gehört.
    Ohne die geringste Mühe konnte ich über Gartenmauern hechten, vom Erdboden aus auf niedrige Dächer und vom zweiten Stock auf die Straße hinabspringen. Ich konnte Häuserfronten emporklettern, wobei ich meine Fingernägel und Zehen in den Mörtel zwischen den Steinen grub.
    Ich spähte in Fenster. Ich sah Ehepaare in ihren zerknitterten Betten schlafen, Babys in ihren Wiegen dösen, alte Frauen bei schwachem Licht nähen.
    Und die Wohnungen sahen aus wie Puppenstuben. Richtige Spielzeugsammlungen mit ihren niedlichen Holzstühlen und polierten Kamineinfassungen, ihren ausgebesserten Vorhängen und gescheuerten Fußböden.
    Ich betrachtete das alles, als hätte ich nie am Leben teilgenommen, und noch die schlichtesten Details versetzten mich in Entzücken. Eine gestärkte, weiße Schürze an einem Haken, alte Stiefel bei der Feuerstelle, ein Krug neben einem Bett.
    Und die Menschen … ach, die Menschen waren einfach wunderbar. Natürlich erschnupperte ich ihren Geruch, aber ich war satt, und so machte er mir nichts aus. Ich war ganz vernarrt in ihre rosa Haut und zarten Glieder, überhaupt in ihre Lebensweise - als hätte ich nie zu ihnen gehört. Mir fiel auf, daß sie an jeder Hand fünf Finger hatten. Sie gähnten, sprachen, bewegten sich im Schlaf. Ich war hingerissen.
    Und selbst die dicksten Mauern konnten nicht verhindern, daß ich mithörte, wenn sie sich unterhielten.
    Am schönsten aber war, daß ich die Gedanken dieser Menschen hörte, genau wie bei dem fürchterlichen Diener, den ich getötet hatte. Unglücklichsein, Elend, Erwartungen. Strömungen in der Luft, einige schwach, andere erschreckend stark, wieder andere kaum mehr als ein Glimmen, das vergangen war, ehe ich seine Quelle ausgemacht hatte. Andererseits konnte ich, genaugenommen, nicht Gedanken lesen. Ganz alltägliche Gedanken blieben mir verborgen, und wenn ich meinen eigenen Überlegungen nachhing, fanden selbst die leidenschaftlichsten Wallungen keinen Eingang in mein Inneres. Kurz gesagt, nur intensive Gefühle drangen zu mir durch, und auch das nur dann, wenn ich es wollte. Und bei einigen Gemütern vermochte ich nichts zu empfangen, selbst wenn sie vor Wut kochten.
    Diese Entdeckungen überwältigten mich ebensosehr wie die schlichte Schönheit, die sich mir überall darbot, der Glanz im Gewöhnlichen. Aber ich wußte nur allzu gut, daß dahinter ein Abgrund lauerte, in den ich ebenso plötzlich wie hilflos stürzen konnte. Schließlich gehörte ich nicht zu diesen warmblütigen, pulsierenden Wunderwesen aus Verstrickungen und Unschuld. Sie waren meine Opfer.
    Zeit, das Dorf zu verlassen. Ich hatte hier genug erfahren. Aber ehe ich mich auf den Heimweg machte, ließ ich mich noch auf ein letztes gewagtes Abenteuer ein. Ich konnte nicht anders, ich mußte es einfach tun.
    Ich schlug den Kragen meines Mantels hoch, ging in die Wirtschaft, setzte mich in eine Ecke und bestellte ein Glas Wein. Alle sahen mich verstohlen an, aber nicht, weil sie ein übernatürliches Wesen in ihrer Mitte wußten. Sie warfen nur flüchtige Blicke auf diesen opulent gekleideten Gentilhomme. Und während der zwanzig Minuten, die ich blieb, hat niemand etwas gemerkt, nicht einmal der Mann, der mich bediente. Natürlich habe ich den Wein kaum angerührt. Nach einem winzigen Schluck wußte ich, daß mein Körper derlei nicht vertrug. Aber wichtig war, ich konnte Sterbliche zum Narren halten! Ich konnte mich unter ihnen bewegen!
    Ich war bester Laune, als ich die

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