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Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Titel: Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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zurückgegeben worden war?
    Ach, ein köstlicher und überwältigender Gedanke, daß die Erste Brut sich zusammenscheren würde, daß die Erste Brut endlich den Sieg davontragen würde.
    Aber mit einem bitteren Lächeln mußte er an den Vampir Lestat denken, an seinen menschlichen Drang nach Heldentum. Ja, mein Bruder, vergib mir meine Verachtung. Auch ich will Güte und die himmlische  Herrlichkeit. Aber wahrscheinlich gibt es weder ein Schicksal weh die Erlösung. Nur das, was ich vor mir sehe, während ich über dieser verschmutzten und uralten Landschaft stehe - nur Geburt und Tod und Schrecken erwarten uns alle.
    Er warf einen letzten Blick auf die schlafende Stadt, diese häßliche und moderne Siedlung, wo er so zufrieden über unzählige Gräber geschritten war.
    Und dann schnellte er empor, erhob sich in Sekundenschnelle über die Wolken. Jetzt würde seine großartige Gabe der größten Prüfung unterzogen werden, und ganz begeistert war er, einem Ziel dienen zu können, so illusorisch dieses auch sein mochte. Er strebte nach Westen, dem Vampir Lestat entgegen und den Stimmen, die um eine Deutung des Traums von den Zwillingen flehten. Er strebte gen Westen, wie die Gebieterin schon vor ihm.
    Sein Umhang flatterte auf wie geschmeidige Flügel, und die kalte Luft schlug auf ihn ein, und plötzlich mußte er auflachen, als sei er einen Augenblick wieder jener glückliche Dummkopf von vordem.

6
Die Geschichte von Jesse, der Großen Familie und den Talamasca
    I.
    Die  Toten teilen nichts mit einem.
    Obwohl sie uns die Hände reichen
    Vom Grab aus
    [ich schwör  Sie tun s]  reichen sie
    Nicht ihre Herzen Dir.
    Sie reichen ihre Köpfe, den Teil, der dich anstarrt.
     
    Stan Rice
    Ihr Anteil
     
     
    II.
    Bedecke ihr Antlitz,
    mein Blick ist verwirrt,
    sie starb jung.
     
     
    John Webster
     
     
    III.
     
    DIE TALAMASCA

    Detektive des Übersinnlichen
    Wir wachen
    Und wir sind immer da.
     
    London Amsterdam Rom
     
    Jesse stöhnte im Schlaf. Sie war eine zarte Frau von fünfunddreißig Jahren mit langem rotem Lockenhaar. Sie schlief in einem durchgelegenen Bett, das an vier rostigen Ketten von der Decke hing.
    Irgendwo in dem großen, verschachtelten Haus ertönte eine Uhr. Zeit zum Aufstehen. Noch zwei Stunden bis zu dem Konzert des Vampirs Lestat. Aber sie konnte die Zwillinge jetzt nicht verlassen.
    Etwas ganz Neues hatte sich da entfaltet, und der Traum war zum Verrücktwerden verschwommen und undeutlich wie alle Träume über die Zwillinge. Sie wußte, daß sich die Zwillinge wieder in dem Königreich der Wüste befanden. Der Pöbel, der die Zwillinge umdrängte, sah gefährlich aus. Und die Zwillinge, wie andersartig, wie blaß sahen sie doch aus. Vielleicht bildete sie sich diesen phosphoreszierenden Glanz nur ein, aber sie schienen in dem Halbdunkel zu glühen, und ihre Bewegungen waren schleppend, fast als wären sie im Rhythmus eines Tanzes gefangen. Als sie sich umarmten, wurden sie mit Fackeln bewerten; aber sieh, irgend etwas stimmte nicht, stimmte ganz und gar nicht. Eine der beiden war jetzt erblindet.
    Ihre Augenlider waren fest verschlossen, das weiche Fleisch war verschrumpelt und eingesunken. Ja, sie hatten ihr die Augen ausgerissen. Und die andere, warum stieß sie so schreckliche Laute aus? »Sei ruhig, hör auf zu kämpfen«, sagte die Blinde in einer alten Sprache, die man in Träumen immer versteht. Und dem anderen Zwilling entwand sich ein gurgelnder Klagelaut. Sie konnte nicht sprechen. Sie hatten ihr die Zunge herausgeschnitten!
    Ich möchte nichts mehr sehen, ich möchte aufwachen. Aber die Soldaten bahnten sich ihren Weg durch die Menge, etwas Schreckliches würde gleich geschehen, und die Zwillinge waren plötzlich ganz ruhig. Die Soldaten packten sie und zerrten sie auseinander.
    Trennt sie nicht! Seht ihr nicht, was ihr ihnen damit antut? Werft die Fackeln weg. Zündet sie nicht an! Verbrennt nicht ihr rotes Haar.
    Der blinde Zwilling reckte die Arme der Schwester entgegen, schrie ihren Namen hervor: »Mekare!« Und Mekare, die Stumme, die nicht antworten konnte, brüllte wie ein verwundetes Tier.
    Die Menge teilte sich, gab den Weg zwei riesigen Steinsärgen frei, die auf großen, schweren Bahren herbeigetragen wurden. Grob gearbeitet, diese Sarkophage, doch die Deckel ließen die Formen menschlicher Gesichter und Gliedmaßen ahnen. Was hatten die Zwillinge getan, daß man sie in diese Särge legen wollte? Die Bahren wurden niedergesetzt, die Zwillinge zu den Särgen

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