Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr

Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr

Titel: Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
mich irgendwie möge hören können, ganz gleich, wie weit er schon weg wäre.
    »Louis, hilf mir. Ich will nicht lebendig sein. Ich will nicht sterblich sein! Louis, laß mich nicht hier! Ich ertrage es nicht, ich will es nicht, ich will meine Seele nicht retten!«
    Wie lange ich mein Flehen wiederholte, weiß ich nicht. Schließlich war ich so erschöpft, daß ich nicht mehr konnte; der Klang meiner sterblichen Stimme in all ihrer Verzweiflung tat mir in den Ohren weh.
    Ich saß auf dem Boden, ein Bein untergeschlagen; mein Ellbogen ruhte auf dem Knie, und meine Finger hatten sich in mein Haar gewühlt. Mojo war scheu herangekommen und lag jetzt neben mir; ich beugte mich hinunter und drückte die Stirn in sein Fell.
    Das kleine Feuer war fast erloschen. Der Regen rauschte, seufzte und verdoppelte seine Kraft, aber er fiel ohne einen Hauch des verhaßten Windes senkrecht vom Himmel.
    Endlich hob ich den Kopf und betrachtete das dunkle, trostlose Zimmer, das Gewirr von Büchern und alten Statuen, den Staub und Schmutz, der auf allem lag, die glühende Asche in dem kleinen Kamin. Wie müde ich war, wie ausgebrannt von meinem eigenen Zorn, wie nah daran zu verzweifeln.
    War ich in all meinem Elend jemals so ganz ohne Hoffnung gewesen?
    Mein Blick bewegte sich schwerfällig zur Tür; ich sah den gleichmäßigen Regen und die bedrohliche Dunkelheit dahinter. Ja, geh nur dort hinaus, geh mit Mojo, dem das natürlich gefallen wird, wie ihm auch der Schnee gefallen hat. Du mußt hinaus. Du mußt dieses abgründige kleine Haus verlassen und dir einen behaglichen Unterschlupf suchen, wo du dich ausruhen kannst.
    Meine Wohnung unter dem Dach - sicher gab es doch eine Möglichkeit, dort einzudringen. Sicher… irgendwie würde es gehen. Und in ein paar Stunden würde die Sonne aufgehen, nicht wahr? Ah, meine schöne Stadt im wannen Schein der Sonne.
    Um Gottes willen, jetzt fang nicht wieder an zu weinen. Du mußt dich ausruhen und nachdenken.
    Aber bevor du gehst, kannst du erst noch dieses Haus niederbrennen! Die große viktorianische Villa kannst du stehenlassen. Die liebt er nicht. Aber zünde diesen kleinen Schuppen an!
    Ich merkte, wie ein unwiderstehliches, bösartiges Lächeln auf meinem Gesicht erschien, während die Tränen mir noch in den Augen standen.
    Ja, das kleine Haus niederbrennen! Das hat er verdient. Seine Schriften hat er natürlich mitgenommen, ja, das schon, aber alle seine Bücher werden in Flammen aufgehen! Und das hat er verdient.
    Sofort machte ich mich daran, die Gemälde einzusammeln - einen prachtvollen Monet, zwei kleine Picassos und ein rubinrotes Eierlasurbildchen aus dem Mittelalter, natürlich alles in einem sehr heruntergekommenen Zustand -, und dann lief ich damit hinaus in die leere alte viktorianische Villa und stapelte sie in einer dunklen Ecke, wo sie vermutlich trocken und geschützt standen.
    Dann kehrte ich zurück in sein kleines Haus, griff nach seiner Kerze und hielt sie in die Überreste des Feuers. Sofort explodierte die weiche Asche in winzigen gelben Funken, und die Funken setzten den Docht in Brand.
    »Oh, das hast du verdient, du verräterischer, undankbarer Bastard!« Ich kochte vor Wut, während ich die Flamme an die Bücher hielt, die an der Wand gestapelt waren; sorgfältig blätterte ich die Seiten auf, damit sie besser brannten. Dann kam ein alter Mantel an die Reihe, der auf einem hölzernen Stuhl lag und wie Stroh in helle Flammen aufging. Dann die roten Samtpolster des Sessels, der mir gehört hatte. Ah ja, alles soll brennen, alles.
    Ich stieß einen Stapel verschimmelter Zeitschriften unter seinem Schreibtisch mit einem Fußtritt um und zündete sie an. Ich hielt die Kerzenflamme an die Bücher und schleuderte sie eins nach dem ändern wie lodernde Kohlen in alle Ecken des kleinen Hauses.
    Mojo wich vor diesem kleinen Feuerchen zurück und verschwand schließlich nach draußen in den Regen, wo er in einiger Entfernung stehenblieb und durch die offene Tür zu mir hereinspähte.
    Ah, aber das ging alles zu langsam. Louis hatte doch eine ganze Schublade voller Kerzen; wie hatte ich das vergessen können? Zum Teufel mit diesem sterblichen Gehirn! Ich holte sie hervor - es waren an die zwanzig Stück - und setzte, ohne mich lange mit der Dochtspitze abzugeben, das ganze Wachs in Brand, und dann warf ich sie in den roten Samtsessel, um die Hitze zu vergrößern. Ich schleuderte sie in die verbliebenen Müllhaufen, warf brennende Bücher gegen die nassen Fensterläden

Weitere Kostenlose Bücher