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Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr

Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr

Titel: Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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indem wir ein paar medizinische Mitarbeiter behexen. Du stößt ihn aus dem Körper, fährst selbst hinein, und ich gebe dir das Blut. Ich hole dich zu mir. Es gibt keine vorstellbare Verletzung, die eine volle Infusion mit dem Blut der Finsternis nicht heilt.«
    »Nein, mein Freund. Du solltest inzwischen wissen, daß du mir diesen Vorschlag nicht zu machen brauchst. Ich kann es nicht tun.«
    »Ich wußte, daß du das sagen würdest. Aber dann geh nicht in die Nähe des Krankenhauses. Tu nichts, was ihn aus seiner Ohnmacht wecken könnte.«
    Wir schwiegen beide und schauten einander an. Mein Schrecken verflog zusehends. Ich zitterte nicht mehr. Und plötzlich wurde mir klar, daß er überhaupt nicht erschrocken gewesen war.
    Auch jetzt nicht. Er sah nicht einmal traurig aus. Er schaute mich an, als bäte er mich stumm um Verständnis. Vielleicht dachte er auch gar nicht an mich.
    Vierundsiebzig Jahre war er alt. Und er hatte einen Körper mit all seinen vorhersehbaren Schmerzen und Beschwerden und mit trüb werdenden Augen verlassen und war in diese kräftige, jugendliche Gestalt gefahren.
    Ich konnte ja überhaupt nicht wissen, was er wirklich empfand! Ich hatte für diese Gestalt den Körper eines Gottes eingetauscht! Er hatte den Körper eines alten Mannes gegeben, dem der Tod dauernd über die Schulter schaute, eines Mannes, für den die Jugend eine Sammlung von schmerzhaften, qualvollen Erinnerungen war, eines Mannes, den diese Erinnerungen so erschütterten, daß sein Seelenfrieden zusehends zerbröckelte und ihn in den wenigen Jahren, die ihm noch blieben, verbittert und entmutigt sein zu lassen drohte.
    Und jetzt hatte er seine Jugend zurückbekommen! Er könnte womöglich noch einmal ein ganzes Leben leben! Und es war ein Körper, den er selbst verlockend gefunden hatte, schön, ja prächtig - ein Körper, den er fleischlich begehrt hatte.
    Und da hatte ich bange Tränen um diesen alten, zerschmetterten Körper vergossen, aus dem das Leben dort im Krankenhausbett Tropfen um Tropfen verrann.
    »Ja«, sagte er. »Ich würde sagen, genau das ist die Situation. Und trotzdem weiß ich, daß ich in diesen Körper zurückkehren sollte. Ich weiß, er ist das Heim, das dieser Seele zusteht. Ich weiß, daß ich mit jedem Augenblick, den ich noch zögere, das Unvorstellbare riskiere: daß er verstirbt und daß ich in diesem Körper bleiben muß. Aber ich habe dich hierhergebracht. Und genau hier gedenke ich zu bleiben.«
    Mich schauderte am ganzen Leib. Ich starrte ihn an und blinzelte, als versuchte ich aus einem Traum zu erwachen, und dann schauderte mich wieder. Schließlich lachte ich, ein verrücktes, ironisches Lachen.
    »Setz dich. Schenk dir deinen verfluchten, elendigen Scotch ein und erzähl mir, wie es eigentlich dazu gekommen ist.«
    Er war noch nicht bereit zu lachen. Er wirkte ratlos - vielleicht auch nur wie in einem Zustand machtvoller Passivität. Und er betrachtete mich und das Problem und die ganze Welt mit den Augen dieser wundervollen Gestalt.
    Er blieb noch einen Moment am Fenster stehen, und sein Blick wanderte über die fernen Hochhäuser, die so weiß und sauber aussahen mit ihren Hunderten von kleinen Baikonen, und dann über das Wasser, das sich bis zum strahlenden Himmel erstreckte.
    Dann ging er ohne eine Spur von Unbeholfenheit zu der kleinen Bar in der Ecke; er griff nach der Scotch-Flasche, nahm sich ein Glas und trug beides zum Tisch. Er schenkte sich einen guten Schluck von dem stinkenden Stoff ein, trank ihn halb und machte dann die entzückende kleine Grimasse mit seiner straffen neuen Gesichtshaut, genauso, wie er es auch mit dem älteren, weicheren Gesicht getan hatte. Der Blick seiner unwiderstehlich blitzenden Augen richtete sich auf mich.
    »Nun, er hat sich eine Zuflucht gesucht«, sagte er. »Genau das hast du vorausgesagt. Ich hätte wissen sollen, daß er es tun würde!
    Aber, verdammt, ich bin nicht auf den Gedanken gekommen! Wir hatten ja mit dem Tausch sozusagen alle Hände voll zu tun. Und weiß Gott, ich wäre nie auf die Idee gekommen, daß er versuchen würde, dir das Blut der Finsternis abzuschwatzen. Was brachte ihn nur auf den Gedanken, er könnte dich täuschen, wenn das Blut erst zu fließen begonnen hätte?«
    Ich machte eine knappe, verzweifelte Geste.
    »Erzähl mir, was passiert ist«, sagte ich dann. »Er hat dich aus deinem Körper gestoßen!«
    »Vollständig. Und für einen Moment begriff ich gar nicht, was passiert war. Du kannst dir nicht vorstellen,

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