Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir
den wollüstigsten Mädchen, die man in Venedig haben konnte. Ich schlief bis weit in den Morgen hinein, verglich olivfarbene mit heller Haut und nahm in aller Ruhe und hingebungsvoll das Schamhaar all der Schönheiten dort in Augenschein, um die Unterschiede zwischen dem eher seidigen und dem drahtigen, stärker gekrausten herauszufinden. Ich lernte nette kleine Raffinessen, so etwa, wie reizvoll es war, wenn die Brustwarzen mit den Zähnen bearbeitet wurden (nur ganz zart, denn von Vampiren war hier keine Rede) oder wenn jemand im richtigen Augenblick liebevoll an den Achselhaaren, von denen ich noch nicht allzu viele besaß, zupfte. Kichernde, engelsgleiche Geschöpfe strichen mir goldenen Honig auf meine intimsten Körperteile, nur, um ihn gleich darauf wieder abzuschlecken. Natürlich zeigten sie mir noch andere, delikatere Kunstgriffe, einschließlich mancher tierischer Akte, die genau genommen schon Vergehen waren, in diesem Haus jedoch nur eine Art Dreingabe zu den ansonsten normalen und verlockenden Genüssen. Doch alles wurde bereitwillig gemacht, in großen Holzzubern wurden regelmäßig dampfend heiße, parfümierte Bäder gerichtet, auf deren rosig gefärbtem Wasser Blütenblätter schwammen. Dann wieder sank ich nieder, ganz der Gnade einer Schar gurrender Frauenzimmer ausgeliefert, die um mich herumflatterten und mich leckten und putzten wie kleine Kätzchen und mir die Haare lockten, indem sie ganze Strähnen um ihre Finger wickelten.
Mal war ich des Zeus’ niedlicher Ganymed, oder ein Engelchen, aus einem der gewagteren Botticelli-Gemälde gepurzelt (davon gab es übrigens in diesem Freudenhaus viele, gerettet vor den Feuern der Bilderstürmer, die der unerbittliche Reformer Savonarola in Florenz errichtet hatte, ehe er den berühmten Botticelli drängte, doch einfach … seine wunderschönen Arbeiten zu verbrennen!), dann war ich ein kleiner Cherub, von der Decke der Kathedrale gefallen, oder ein venezianischer Prinz (den es genau genommen in der Republik Venedig gar nicht gab), den seine Feinde diesen Mädchen ausgeliefert hatten, damit das Verlangen ihn wehrlos mache.
Meine Gelüste wurden immer hitziger. Wenn man schon für den Rest seines Lebens sterblich sein musste, so blieb einem wenigstens das Vergnügen, dass man zwischen türkischen Kissen mit nymphengleichen Wesen herumtollte, wie sie ein Mann sonst nur zu Gesicht bekam, wenn sie in seinen Träumen durch magische Wälder huschten. Jede weiche, flaumüberzogene Spalte war eine neue exotische Hülle für meinen ausgelassenen Entdeckergeist. Der Wein dort war köstlich und die Speisen einfach wunderbar, auch die gesüßten, scharf gewürzten Gerichte arabischer Herkunft. Überhaupt war das Essen viel ausgefallener und exotischer, als das, was daheim bei meinem Herrn aufgetischt wurde. (Als ich ihm das später sagte, stellte er vier neue Küchenmeister ein.)
Offensichtlich schlief ich, als mein Herr mich abzuholen kam, und auf seine gewohnt mysteriöse Art brachte er mich wie durch Zauber in unser Heim, wo ich mich in meinem Bett wiederfand. Ich öffnete die Augen und wusste, ich wollte nur ihn. Und es schien, als ob die fleischlichen Genüsse der letzten Tage mich nur noch hungriger gemacht hätten, noch stärker entflammt und noch begieriger, herauszufinden, ob sein zauberischer weißer Körper auf die delikateren Kunstgriffe, die ich gelernt hatte, reagieren würde. Als er endlich hinter die Bettvorhänge schlüpfte, warf ich mich auf ihn, öffnete sein Hemd und saugte an seinen Brustwarzen, die, wie ich nun feststellte, trotz ihrer irritierend hellen Farbe ganz weich waren und offensichtlich, wie es nur natürlich ist, innig mit der Quelle verknüpft, der sein Begehren entsprang.
Anmutig und still lag er da, während ich meine erotischen Spielchen mit ihm trieb, so wie meine Lehrmeisterinnen es mit mir gemacht hatten. Als er mir endlich mit seinen Küssen das Blut gab, war jede Erinnerung an sterbliche Berührungen ausgelöscht, und ich lag in ohnmächtiger Lust, wie stets zuvor, in seinen Armen. Mir schien, dass unser gemeinsames Reich nicht nur aus dem Fleischlichen bestand, sondern einem wechselseitigen Zauber gehorchte, dem alle Naturgesetze weichen mussten.
In der folgenden Nacht, als es schon gegen Morgen ging, suchte ich meinen Gebieter in der Malerwerkstart auf, wo er allein arbeitete, da die Lehrlinge schon ringsum in Schlaf gesunken waren wie die ungetreuen Jünger im Garten Gethsemane.
Er unterbrach seine Arbeit nicht,
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