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Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Titel: Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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als die Türken die Kirche stürmten, verließen einige Priester den Al tar der Hagia Sophia. Sie nahmen den Messkelch und die geweihten Hostien - Fleisch und Blut unseres HERRN - mit sich. Bis heute sind sie in den geheimen Gewölben der Hagia Sophia versteckt, und in dem Moment, in dem wir die Stadt zurückgewinnen, in genau dem Moment, in dem wir die ehrwürdige Hagia Sophia zurückgewinnen, dann, wenn wir die Türken aus unserer Hauptstadt vertreiben, werden diese Priester zurückkehren. Sie werden ihr Versteck verlassen und die Altarstufen erneut erklimmen, und sie werden die Messe genau da fortsetzen, wo sie sie gezwungenermaßen abbrechen mussten.«
    »Ach«, seufzte ich verwundert. »Herr«, sagte ich dann leise. »Das ist doch ein Geheimnis, wert einem Mann das Leben zu retten, nicht wahr?«
    »Nein«, antwortete Marius. »Ich kannte die Geschichte schon; und er hat unsere Bianca zur Hure gemacht.«
    Der Rotschopf hatte Mühe, unseren Worten zu folgen, den tieferen Sinn unsreres Wortwechsels zu ergründen.
    »Eine Hure? Bianca? Eine Mörderin, zehnfach und mehr, mein Herr, aber keine Hure. So simpel wie eine Hure ist sie nicht.« Er betrachtete Marius intensiv, als hielte er diesen erhitzten, leidenschaftlich glühenden Mann wirklich für wunderschön. Und natürlich war er das auch.
    »Ah, ja, aber Ihr habt sie die Kunst des Mordens gelehrt«, sagte Marius beinahe zärtlich, während er mit den Fingern der Rechten die Schulter des Mannes knetete und seinen linken Arm um dessen Rücken schlang, so dass sich seine Hände trafen. Er drückte seine Stirn gegen Martinos Schläfe.
    »Mmh,« Martino schüttelte sich kräftig. »Ich habe zu viel getrunken. Nie habe ich sie dergleichen Dinge gelehrt.«
    »Oh, doch, das habt Ihr, Ihr wart ihr Lehrmeister. Und dann wegen solch ärmlicher Beträge zu töten!«
    »Herr, was bedeutet es denn uns?«
    »Mein Sohn hat sich nicht in der Gewalt«, sagte Marius, während er den Blick nicht von Martinus nahm. »Er vergisst, dass ich gezwungen bin. Euch zu töten, im Namen unserer entzückenden Dame, die Ihr in Eure ekligen, finsteren Machenscharten verstrickt habt.«
    »Sie hat mir einen Dienst geleistet«, sagte Martino. »Überlasst mir den Knaben!«
    »Wie bitte?«
    »Ihr habt vor, mich töten, dann tut es. Aber überlasst mir den Knaben. Einen Kuss nur, mein Herr, mehr verlange ich nicht. Ein Kuss, das bedeutet mir alles. Für alles andere bin ich zu betrunken.«
    »Bitte, Herr, ich kann das nicht ertragen«, flehte ich.
    »Wie willst du dann die Ewigkeit ertragen, mein Kind? Denn die will ich dir schenken, weißt du das nicht? Welche Macht unter Gottes Himmel kann mich beugen?« Er warf mir einen wilden, zornigen Blick zu, doch das Gefühl schien eher vorgetäuscht als echt zu sein. »Ich habe meine Lektion gelernt«, sagte ich. »Nur mag ich ihn nicht sterben sehen.«
    »Ah, ja, dann hast du wirklich gelernt. Martino, küsse meinen Jungen, wenn er es erlaubt, und gib Acht: Gehe sanft mit ihm um.« Ich war jedoch derjenige, der sich über die Tafel beugte und dem Mann einen KUSS auf die Wange drückte.
    Er wand sich zur Seite und fing meine Lippen mit seinem gierigen Mund, der sauer vom Wein, doch verlockend heiß war. Tränen schossen mir in die Augen. Ich schloss sie fest und öffnete den Mund, ließ es zu, dass er seine Zunge hineinschob. Doch dann lief eine Beben durch seine Zunge, seine Lippen versteiften sich, wie eiserne Klammern, die an mir hafteten und sich nicht schließen konnten. Mein Herr hatte Martino in seinen Fängen, hatte ihn an der Kehle, der Kuss war zu Eis erstarrt, und ich, unter Tränen, streckte die Hand aus und tastete blind nach der Stelle an seinem Hals, wo die bösartigen Zähne eingedrungen waren. Ich fühlte die seidigen Lippen meines Herrn, die harten Zähne dahinter und fand die zarte Haut der Kehle. Ich schlug die Augen auf und löste mich von meinem todgeweihten Martino. Er seufzte auf und gab ein leises Stöhnen von sich. Er schloss den Mund und lehnte mit schlaffen Lidern an meinem Herrn, der ihn fest in seinem Griff hielt. Und indem er ihm langsam den Kopf zuwandte, sagte er mit trunkener, rauer Stimme:
    »Für Bianca…«
    »Für Bianca«, wiederholte ich und versuchte, mein Schluchzen mit der Hand zu dämpfen.
    Mein Herr richtete sich auf. Mit der linken Hand strich er Martinos feuchtes, wirres Haar zurück. »Für Bianca«, flüsterte er ihm ins Ohr. »Nie … nie hätte ich sie am Leben lassen dürren«, waren Martinos letzte

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