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Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Titel: Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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niedergelegt, aber zuerst müsste ich Riccardo sehen. Ich müsste nachsehen, wo er und die älteren Jungen waren. Das war nicht zu umgehen.
    Ich trottete durch das Haus, bis ich sie fand, versammelt um den jungen Rechtsgelehrten, der nur ein oder zwei Mal im Monat herkam, um uns Stunden in Rechtswissenschaft zu erteilen. Riccardo sah mich in der Tür stehen und bedeutete mir, still zu sein. Der Lehrer hatte das Wort.
    Ich lehnte mich gegen die Tür und betrachtete meine Freunde. Ich liebte sie. Ja, wirklich. Ich würde für sie sterben! Das wusste ich, und, von einem Gefühl schrecklicher Erleichterung übermannt, begann ich zu weinen.
    Riccardo sah, dass ich mich abwandte, schlüpfte aus der Runde und kam zu mir.
    »Was ist los, Amadeo?«, fragte er.
    Ich hatte mich in einen qualvollen Wahn hineingesteigert. Ich sah die abgeschlachteten Gäste des Festmahls wieder vor mir. Ich wandte mich zu Riccardo um und schloss ihn fest in die Arme, um mich von seiner Wärme und menschlichen Weichheit trösten zu lassen, die so sehr im Gegensatz zu unserem Herrn stand. Dann beteuerte ich ihm, dass ich für ihn sterben würde, für jeden unserer Freunde, und auch für unseren Meister.
    »Aber warum? Was ist los, warum dieser Schwur?«, wollte er wissen. Ich konnte ihm nicht von jenem Morden erzählen. Ich konnte nicht von dieser Kälte in mir sprechen, mit der ich die Männer hatte sterben sehen.
    Ich ging fort, ins Schlafzimmer meines Herrn. Dort legte ich mich hin und versuchte zu schlafen.
    Am späten Nachmittag, als ich erwachte und feststellte, dass die Türen geschlossen worden waren, stieg ich aus dem Bett und ging zum Arbeitstisch meines Herrn. Zu meinem Erstaunen sah ich, dass das Buch dort lag, das Buch, das sonst immer weggeschlossen war, wenn er es nicht benutzte.
    Natürlich konnte ich unmöglich auch nur eine Seite umblättern, doch es lag aufgeschlagen da. Eine Seite war mit Schriftzügen bedeckt, in Latein, und obwohl es ein merkwürdiges Latein zu sein schien und schwierig für mich zu lesen, so konnte ich doch die letzten Worte nicht missverstehen:
    »Wie kann sich unter solch großer Schönheit ein zutiefst wundes und stahlhartes Herz verbergen, und warum muss ich ihn lieben, warum muss ich mich in meinem Lebensüberdruss auf seine unwiderstehliche und doch unbezwingbare Stärke stützen? Ist er nicht der welke Geist eines toten Mannes in den Kleidern eines Knaben?«
    Ein seltsames Prickeln lief mir über Kopfhaut und Arme. Das sollte ich sein? Ein wundes, stahlhartes Herz! Der welke Geist eines toten Mannes in Knabenkleidern? Ach, aber konnte ich es denn bestreiten? Konnte ich denn behaupten, dass es nicht stimmte? Und doch, wie schmerzlich, wie absolut grausam schien es mir. Nein, nicht grausam, nur gnadenlos und zutreffend, und mit welchem Recht konnte ich etwas anderes erwarten? Ich begann zu weinen. Ich legte mich wieder in unser Bett, wie es meine Gewohnheit war, und schüttelte die weichen Kissen auf, um mir ein Nestchen für Arm und Kopf zurecht zu machen. Vier Nächte! Wie sollte ich das ertragen? Was erwartete er von mir? Dass ich mich aufmachte und als der sterbliche Jüngling, der ich noch war, von all den Dingen, die ich kannte und liebte, meinen Abschied nahm? Das genau würde er mir empfehlen. Und das sollte ich wohl tun.
    Das Schicksal räumte mir jedoch nur noch einige Stunden ein. Riccardo weckte mich mit einer versiegelten Nachricht, die er mir vor die Nase hielt.
    »Wer hat das geschickt?«, fragte ich verschlafen, während ich mich aufsetzte und meinen Daumen unter das gefaltete Papier schob, um das Siegel zu brechen.
    »Lies es, damit ich es auch erfahre. Vier Männer haben es gebracht, eine ganze Gesellschaft. Es muss verdammt wichtig sein.«
    »Ja«, sagte ich, während ich es auseinander faltete, »wenn es dich derart besorgt dreinschauen lässt.«
    Er blieb mit verschränkten Armen stehen.
    Ich las:
     
Liebster Schatz,
    Geh nicht aus. Verlasse auf keinen Fall das Haus und sperre jeden aus, der es zu betreten sucht. Dein teuflischer englischer Lord, der Earl of Harlech, hat durch absolut gewissenloses Herumschnüffeln deine Identität herausgefunden, und in seinem Wahnsinn hat er geschworen, dich entweder mit sich nach England zu nehmen oder dich in kleine Stücke zerlegt auf der Schwelle deines Herrn zurückzulassen. Beichte alles deinem Herrn. Nur seine Kraft kann dich retten. Und schick mir ein paar Zeilen, sonst verliere ich auch noch den Verstand deinetwegen, nicht nur wegen der

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