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Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Titel: Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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stieß ein scharfes Keuchen aus. Sofort holte ich zu ihr auf. Der Tunnel öffnete sich zu einer großen, runden Kammer, die bis in die niedrige Wölbung hinein mit Mosaikbildern bedeckt war. Viele Teile waren abge bröckelt, ob im Laufe der Zeit oder durch die ständige Feuchtigkeit, konnte ich nicht sagen. Dennoch war es ein ganz herrlicher Raum. Die Gestalten zogen sich rings um die Höhlenwände bis zu einem einzeln stehenden Wesen, dessen Gesichtszüge schon lange abgebröckelt waren. Auf dem Boden der Kammer, genau in der Mitte und umgeben von einem Ring aus irdenen Opfergaben und zierlichen Jadefigürchen, lag in eine dicke Staubschicht eingebettet diverser Zierrat, hübsch angeordnet. »Schau nur, die Maske! Die Maske, mit der man ihn begraben hat«, sagte Merrick, als der Lichtstrahl auf das Abbild eines wunderschönen, glänzenden Antlitzes aus grüner Jade fiel. Es lag dort seit vielleicht Tausenden von Jahren, auch wenn der Körper dessen, der es getragen hatte, schon längst vergangen war. Beide wagten wir keinen Schritt zu machen. Die kostbaren Gegenstände, die den Begräbnisplatz umgaben, waren sehr schön arrangiert. Wir konnten nun das Funkeln des Ohrschmucks erkennen, obwohl das mürbe, bröckelnde Erdreich ihn fast verdeckte, und quer über der einstigen Brust des Wesens entdeckten wir ein langes, reich mit Gravierungen versehenes Zepter , das es wohl in der Hand gehalten hatte.
    »Sieh nur, die ganzen Überreste«, sagte Merrick. »Zweifellos war er in ein mit kostbaren Amuletten und Opfergaben bedecktes Tuch gehüllt. Der Stoff ist zerfallen, und nur die steinernen Objekte sind übrig geblieben.«
    Hinter uns ertönte plötzlich ein lautes Geräusch. Ich hörte, wie Tongefäße zersprangen. Merrick stieß einen kurzen Schrei aus, als wäre etwas gegen sie geprallt.
    Plötzlich stürzte sie sich, fast schon wie angetrieben, mit voller Absicht vorwärts, ließ sich auf die Knie fallen und hob die glänzende grüne Totenmaske auf. Dann machte sie mit ihrer Beute einen Satz rückwärts.
    Ein Steingeschoss traf mich an der Stirn. Etwas stieß mir in den Rücken.
    »Komm, das andere überlassen wir den Archäologen«, sagte Merrick. »Ich habe gefunden, weswegen ich gekommen war. Das hier sollte ich nehmen, hat Onkel Vervain gesagt.«
    »Die Maske? Willst du sagen, dass du die ganze Zeit schon wusstest, dass es in der Höhle solch eine Maske gibt? Und dass dies alles war, was du wollest?«
    Doch Merrick war schon auf dem Rückweg zum Höhlenausgang. Kaum hatte ich sie eingeholt, wurde sie abermals zurückgestoßen.
    »Ich nehme sie mit, ich muss sie haben!«, erklärte sie. Als wir weitergehen wollten, versperrte etwas Unsichtbares uns den Weg. Ich tastete danach. Ich konnte es berühren. Es war wie eine weiche Wand aus Energie.
    Merrick drückte mir plötzlich ihre Lampe in die Hand und umfing die Maske fest mit beiden Händen. Zu einem günstigeren Zeitpunkt hätte ich dieses Kunstwerk bewundert, denn es war unglaublich ausdrucksvoll und mit Liebe zum Detail gearbeitet. Es gab zwar Löcher für die Augen und einen Schlitz für den Mund, aber ansonsten waren die Konturen des Gesichts scharf ausgearbeitet, und sein Glanz allein war schon schön. In dieser Lage allerdings stemmte ich mich lediglich mit aller Kraft gegen dieses Heer der Geister, die mich aufhalten wollten. Dabei hielt ich die beiden Lampen wie zwei Knüppel hoch erhoben in den Händen. Erschreckt zuckte ich zusammen, weil Merrick abermals aufkeuchte. Sie hielt sich die Maske vors Gesicht, und als sie sich zu mir umwandte, schien sie zu strahlen und wirkte im Lichtschein ein wenig gespenstisch. Merrick schien in der Dunkelheit zu schweben, denn ich konnte ihre Hände oder gar ihren Körper kaum ausmachen.
    Dann wandte sie sich von mir ab, immer noch mit der Maske vor dem Gesicht. Und noch einmal hörte ich ihr scharfes Keuchen. Die Luft in der Höhle war plötzlich reglos und still. Ich hörte nichts als Merricks und mein eigenes Atmen. Dann schien es, als flüstere sie etwas in einer fremden Sprache, doch welche es war, erkannte ich nicht.
    »Merrick?«, fragte ich leise. In der angenehmen Stille empfand ich die feuchte Luft der Höhle als erfrischend kühl. »Merrick«, wiederholte ich, aber ich konnte nicht zu ihr durchdringen. Mit der Maske vor dem Gesicht stand sie da und schaute geradeaus. Dann riss sie sie mit einer unerwarteten Geste herunter und reichte sie mir.
    »Nimm sie, schau hindurch«, flüsterte sie dabei. Ich schob die

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