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Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Titel: Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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wieder her.«
    Ich trat an das Bett und nahm sie in die Arme. Ich küsste sie auf beide Wangen. Und dann, sündhaft und dickköpfig, küsste ich ihre weichen Brüste, küsste beide Brustwarzen, und von ihrem Duft umfangen und wütend auf mich selbst, zog ich mich zurück. »Genug für heute, Liebling«, sagte ich. Und ich ging hinaus und heim in die Rue Royale.

21
    Louis war zu Hause, als ich ankam. Ich konnte seine Gegenwart schon auf der Treppe spüren. Nur wenige Nachtstunden blieben uns beiden noch, doch ich war so froh, ihn zu sehen, dass ich direkt in den vorderen Salon ging, wo er am Fenster stand und auf die Rue Royale hinausblickte.
    Alle Lampen brannten im Zimmer, und die Bilder an den Wänden, die Gemälde von Matisse und Monet, schienen zu singen. Louis hatte seine blutgetränkten Kleider ausgezogen und trug nun einen schlichten schwarzen Rollkragenpulli aus Baumwolle und eine schwarze Hose. Seine Schuhe waren alt und abgetreten, wenn auch von bester Qualität. Als ich hereinkam, wandte er sich um, und ich nahm ihn in die Arme. Ihm konnte ich meine Gefühle zeigen, die ich bei Merrick so sorgfältig unter Kontrolle halten musste. Ich drückte ihn an mich und küsste ihn, wie sich wohl auch sterbliche Männer küssen, wenn sie allein sind. Ich küsste sein dunkles Haar und seine Augen, und dann küsste ich ihn auf den Mund. Zum ersten Mal, seit wir zusammen waren, fühlte ich die große Zuneigung, die er mir entgegenbrachte, eine tiefe geistige Verwandtschaft, doch plötzlich merkte ich, wie er sich gegen seinen Willen versteifte. Die Wunde in seiner Brust schmerzte. »Ich hätte dich begleiten sollen«, gestand ich. »Ich hätte dich nicht weggehen lassen dürfen. Aber ich spürte, dass sie mich brauchte. Deshalb blieb ich bei ihr. Ich konnte nicht anders handeln.«
    »Natürlich«, stimmte er zu, »und ich hätte dir auch nicht erlaubt, sie allein zu lassen. Sie brauchte dich mehr als ich. Mach dir keine Sorgen wegen der Verletzung, sie heilt schon. Ich habe genug Jahrzehnte auf der Straße des Teufels hinter mir, dass sie in ein paar Nächten ganz verheilt sein wird.«
    »Das stimmt nicht, und du weißt es«, sagte ich. »Trink von meinem Blut, mein Blut ist um so vieles stärker. Wende dich nicht ab, Mann, hör mir zu. Wenn du schon nicht von mir trinken willst, lass mich wenigstens mein Blut auf die Wunde träufeln.« Er war zutiefst unglücklich. Er ließ sich in einen Sessel sinken und stützte die Ellbogen auf die Knie. Ich konnte sein Gesicht nicht sehen. Ich setzte mich in den Sessel neben ihm und wartete. »Es wird heilen, ich sag’s dir doch«, sagte er leise. Ich beließ es dabei. Was blieb mir anderes übrig? Doch ich konnte sehen, dass die Verletzung außerordentlich schmerzhaft sein musste. Bei den kleinsten Bewegungen verriet er sich - sie begannen ganz geschmeidig und brachen unvermittelt ab. »Und der Geist - was denkst du persönlich darüber?«, fragte ich. »Ich will es von deinen Lippen hören, ehe ich dir sage, was Merrick spürte und was ich sah.«
    »Ich weiß, was ihr beide denkt«, antwortete Louis. Er hob endlich den Kopf und setzte sich vorsichtig in dem Sessel zurecht. Jetzt sah ich auch den dunklen Blutfleck auf seinem Pulli. Es war eine scheußliche Wunde. Sie gefiel mir nicht. So wenig mir das Blut auf Merricks Kleidern gefallen hatte, so wenig mochte ich es bei ihm. Tief betroffen wurde mir bewusst, wie sehr ich sie beide liebte. »Ihr glaubt, dass der Geist sich meiner Ängste bemächtigte«, begann Louis ruhig. »Dass ihr das sagen würdet, wusste ich schon, ehe wir überhaupt angefangen hatten. Aber weißt du, meine Erinnerung an sie ist einfach zu lebhaft. Ich kenne die Art, wie sie Französisch spricht, ich kenne ihren Tonfall, ich kenne ihren Satzbau. Und es war Claudia, und sie kam aus der Finsternis, wie sie es behauptete, sie war einem fürchterlichen Reich entstiegen, in dem sie keinen Frieden hat.«
    »Du kennst meine Argumente«, widersprach ich kopfschüttelnd. »Was willst du nun tun? Was du auch vorhast, du kannst dich nicht daran begeben, ohne es mir zu sagen.«
    »Ich weiß, mon ami, ich bin mir dessen bewusst«, erwiderte er, »und du sollst jetzt wissen, dass ich nicht mehr lange bei dir sein werde.«
     
    »Louis, ich bitte dich.«
     
    »David, ich bin müde«, sagte er, »und ich würde nur einen
    Schmerz gegen einen anderen eintauschen. Weißt du, sie sagte da etwas, das ich nicht vergessen kann. Sie fragte, ob ich für sie meine Reichtümer

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