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Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Titel: Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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zulassen, ganz zu schweigen davon, dass eine so mächtige Seherin wie Merrick einen derart von Macht durchdrungenen Gegenstand besitzen sollte. Ich konnte nicht zulassen, dass die Talamasca derartiges Beweismaterial in die Hände bekam und Untersuchungen über das anstellte, was wir alle in dieser Nacht gesehen hatten. Aber ich sprach es nicht aus.
    Louis verharrte unverändert, elegant mit dem verblichenen Schwarz angetan, ein Mann, in Träumen gefangen. Die blutigen Tränen trockneten in seinen Augen und gaben ihm ein fürchterliches Aussehen. Er starrte wieder ins Nichts, wehrte mein tief empfundenes Mitleid ab und versagte sich jeden Trost, den ich ihm geben konnte. »Wir treffen uns morgen«, sagte ich.
    Er nickte. »Die Vögel sind fort«, flüsterte er. »Ich kann nicht einmal mehr im Geiste die Melodie summen.« Er schien unsäglich betrübt.
    »An dem Ort, den sie uns beschrieb, herrscht nur die Stille«, sagte ich ziemlich verzweifelt. »Denk darüber nach, Louis. Und komm morgen Abend.«
    »Ja, mein Freund, ich versprach es doch schon«, erwiderte er irgendwie betäubt. Er runzelte die Stirn, als wollte er sich an etwas Spezielles erinnern. »Ich muss Merrick noch danken, und natürlich dir, mein alter Freund, der alles tat, worum ich ihn gebeten hatte.«
    Zusammen verließen wir das Stadthaus. Louis begab sich an den Ruheplatz, an dem er am Tage ruhte, ich weiß nicht, wo. Anders als ihm blieb mir noch etwas Zeit. Wie Lestat, meinen mächtigen Erzeuger, scheuchte auch mich nicht gleich das erste Licht des Tages in mein Grab hinab. Damit ich in den lähmenden Vampirschlaf versank, musste erst die Sonne über dem Horizont aufsteigen. Also hatte ich noch ungefähr eine Stunde Zeit, obwohl die frühen Vögel schon in den spärlichen Bäumen unseres Viertels sangen. Und als ich die Außenbezirke erreichte, hatte sich der Himmel schon von dunklem Blau zu einem blassen Violett verfärbt. Ich verweilte ein wenig und erfreute mich daran, ehe ich in das staubige, alte Gemäuer eintrat und die Treppen erklomm. Nichts rührte sich in dem alten Konvent. Selbst die Ratten hatten sich davongemacht. Die dicken Ziegelmauern strömten trotz des Frühjahrs Kälte aus. Wie stets hallten meine Schritte von den Wänden wider. Ich wollte es so. Lestat sollte mich kommen hören, ehe ich seine weite, schlichte Unterkunft betrat, so viel Respekt ge bührte ihm.
    Der große Hof gähnte in vollkommener Leere. Die Vögel sangen lauthals in den prächtigen Bä umen der Napoleon Avenue. Ich blieb stehen, um aus einem der Fenster im oberen Stockwerk zu schauen. Ich wünschte, tagsüber in den höchsten Ästen der nahen Eichen schlafen zu können. Was für eine verrückte Idee, aber vielleicht gab es ja, fern von all dem Schmerz, den wir hier erlebt hatten, einen tiefen, unberührten Wald, wo ich mir einen dichten, dunklen Kokon spinnen und mich zwischen den Zweigen verbergen konnte, wie ein bösartiges Insekt, das sich anschließend aus seinem Schlaf erhebt und seiner Beute den Tod bringt. Ich dachte an Merrick. Ich hatte keine Vorstellung, wie der kommende Tag für sie sein würde. Ich hatte Angst um sie. Ich verachtete mich. Und ich hatte schreckliches Verlangen nach Merrick. Ich sehnte mich nach Louis. Ich wollte sie beide als Gefährten. Das war unglaublich egoistisch, und dennoch schien es mir, als könne kein Geschöpf ohne diese schlichte Kameradschaft leben, die mir vorschwebte.
    Schließlich betrat ich die große, weiß getünchte Kapelle. Die Buntglasfenster waren noch mit dem schwarzen Sergestoff verhängt. Das war notwendig, da man Lestat nur noch schwer dazu bewegen konnte, sich bei Sonnenaufgang in einen schützenden Raum zu begeben.
    Vor den vereinzelten, stattlichen Heiligenstahlen brannten keine Kerzen.
    Lestat fand ich in demselben Zustand wie immer, mit weit geöffneten violetten Augen lag er auf der linken Seite. Ein ruhender Mann. Die wundervollen Klänge eines Klaviers strömten aus dem schwarzen Apparat, der die kleine CD endlos immer und immer wieder abspielte. Wie stets hatte sich Staub auf Lestats Haaren und Schultern angesammelt. Dieser Anblick entsetzte mich, denn selbst sein Gesicht war damit bedeckt. Aber würde ich ihn stören, wenn ich ihn zu säubern versuchte? Ich wusste es nicht, und der Kummer darüber lag schrecklich und schwer wie Blei auf mir. Ich setzte mich neben ihm nieder, dort, wo er mich würde sehen können. Dann fasste ich Mut und stellte die Musik ab. Und in hastigen Sätzen, mit

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