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Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Titel: Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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aber alle schienen sie mir dürftig und formelhaft. Wir standen da und sahen einander an, und mich überraschten die Empfindungen, die sich in seiner Miene spiegelten. Er wirkte durch und durch menschlich und von Leidenschaft bewegt. Ich konnte kaum glauben, wie groß seine Verzweiflung war.
    »Ich möchte sie eigentlich gar nicht sehen, David«, sagte er. »Das musst du mir glauben. Ich will ihren Geist nicht aufstören, und ehrlich gesagt, denke ich, wir können das auch gar nicht.«
    »Ich glaube dir, Louis«, sagte ich.
    »Aber wenn sie erscheint, und sie leidet Qualen …«
    »Dann wird Merrick wissen, wie man sie leiten kann«, sagte ich schnell, »aber ich auch. In der Talamasca weiß jedes Medium, wie man solche Geister leitet. Jedes Medium weiß, wie man sie anleitet, das himmlische Licht zu suchen.«
    Er nickte. »Darauf rechne ich auch«, sagte er. »Aber weißt du, ich glaube nicht, dass Claudia in die Irre ginge, sie würde höchstens hier im Diesseits verharren wollen. Und dann könnte nur eine sehr mächtige Hexe wie Merrick sie überzeugen, dass jenseits dieser irdischen Schranken alle Schmerzen enden.«
    »So ist es«, stimmte ich ihm zu.
    »Nun, ich habe dich genug belästigt für einen Abend«, sagte er. »Ich muss jetzt ausgehen. Ich weiß, dass Lestat draußen in dem alten Waisenhaus ist. Er lauscht dort seiner Musik. Ich möchte mich versichern, dass keine Eindringlinge da sind.« Ich wusste, das war ziemlich wirklichkeitsfremd. Lestat konnte sich allein gegen so ziemlich alles verteidigen, egal, wie sein Geisteszustand war, aber ich versuchte, die Worte so zu nehmen, wie es sich für einen höflichen Menschen gehört. »Ich habe Durst«, fügte Louis hinzu, während er mich mit dem Hauch eines Lächelns ansah. »Du hast Recht. Ich will eigentlich nicht nach Lestat sehen. Ich war schon im Konvent. Lestat ist dort, ganz seinem Wunsch gemäß allein mit seiner Musik. Ich habe großen Durst. Ich werde etwas zu mir nehmen. Und ich möchte dabei allein sein.«
    »Nein«, sagte ich sanft. »Lass mich mitgehen. Nach dem Erlebnis mit Merricks Hexenkünsten möchte ich nicht, dass du allein gehst.«
    Das war ganz bestimmt nicht die Methode, die Louis bevorzugte; er stimmte jedoch zu.

6
    Wir verließen gemeinsam das Haus und gingen recht schnell, bis wir die beleuchteten Häuserreihen der Rue Bourbon und der Rue Royale hinter uns gelassen hatten. Bald schon öffnete sich uns der Unterleib der Stadt, und wir drangen tief in ein heruntergekommenes Viertel vor, das sich kaum von dem unterschied, wo ich vor langer Zeit Merricks Große Nananne besucht hatte. Aber wenn es hier noch mächtige Hexen gab, dann spürte ich zumindest in dieser Nacht nichts von ihnen.
    Nun, vielleicht darf ich Ihnen einige Worte über New Orleans und seine Bedeutung für uns Vampire sagen. Zuerst und vor allem ist es nicht so monströs groß wie Los Angeles oder New York. Und wenn es auch eine nicht ganz unbeträchtliche Anzahl sozial unangepasster, gefährlicher Individuen beherbergt, so ist es doch eine recht kleine Stadt und dem Durst von gleich drei Vampiren nicht gewachsen. Und wenn sich viele Bluttrinker hergezogen fühlen, dann erzeugt der unkontrollierte Blutdurst unerwünschte Unruhe.
    So war es auch vor einiger Zeit, als im Zusammenhang mit Lestats veröffentlichter Geschichte von Memnoch, dem Teufel, viele der ganz alten Vampire nach New Orleans gekommen waren, außerdem aber auch verbrecherische Bluttrinker - Geschöpfe mit gewaltigem Appetit, aber wenig Rücksichtnahme auf unsere Spezies, die in der modernen Welt sehr verborgene Pfade einschlagen muss, um zu überleben.
    Während dieses Zusammentreffens hatte ich Armand dazu überreden können, mir seine Lebensgeschichte zu diktieren, und ich hatte die Tagebuchseiten, die Pandora mir einige Zeit zuvor gegeben hatte, mit ihrer Zustimmung verbreitet. Diese beiden Erzählungen zogen noch mehr blutdürstige Einzelgängern an solche Geschöpfe, die kein Oberhaupt akzeptieren und außerdem Lügen über ihre Entstehung verbreiten und häufig ihre sterbliche Beute quälen und sie derart drangsalieren, dass es nur zu Unannehmlichkeiten für uns alle führen kann. Die ungemütliche Zusammenkunft währte jedoch nicht lange. Aber obwohl Marius, der zwei Jahrtausende überlebt hat, und seine Gefährtin, die schöne Pandora, die jungen Bluttrinker mit Missbilligung betrachteten, hoben sie doch keine Hand gegen sie, um sie zu töten oder zu vertreiben. Es widerstrebte ihrem Wesen,

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