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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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ein Maler?« Er nickte.
    »Sie waren meine Lehrmeister«, sagte er mit einer Geste zur Wand. »Dies ist unser gemeinsames Werk, unvollendet… Allein kann ich es nicht beenden.«
    »Aber ihr müsst«, sagte ich und griff in meinen Geldbeutel. Ich nahm einige Goldmünzen heraus und gab sie ihm.
    »Ihr denkt, dass wird eine Hilfe sein?«, fragte er mutlos.
    »Sonst habe ich nichts, was ich Euch geben könnte«, sagte ich, »vielleicht könnt Ihr Euch Abgeschiedenheit und Stille damit kaufen. Und Ihr könnt aufs Neue zu malen beginnen.« Ich wandte mich zum Gehen.
    »Geht nicht«, sagte er unvermittelt.
    Ich drehte mich um und sah ihn an. Er schaute mir direkt in die Augen, mit durchdringendem Blick.
    »Alles stirbt; Ihr und ich nicht«, sagte er. »Geht nicht. Kommt mit mir, trinkt ein Glas Wein mit mir. Bleibt bei mir.«
    »Ich kann nicht«, sagte ich. Ich zitterte. Ich war zu verzaubert von ihm, viel zu sehr. Ich war nahe daran, ihm den Todeskuss zu geben. »Wenn ich könnte, würde ich bleiben«, sagte ich. Mit diesen Worten verließ ich Florenz und kehrte zurück zur Gruft Jener, die bewahrt werden müssen.
    Abermals legte ich mich zu einem langen Schlaf nieder, fühlte mich als Feigling, weil ich nicht nach Rom gegangen war, und tiefe Dankbarkeit erfüllte mich, weil ich das Blut dieses außergewöhnlichen Mannes nicht getrunken hatte, der mich in der Kirche angesprochen hatte.
    Aber etwas in mir hatte sich für immer verändert. In jener Kirche in Florenz hatte ich eine neue Malerei gesehen. Ich hatte etwas gesehen, das mich mit Hoffnung erfüllte. Lass die Pest ihren Lauf nehmen, betete ich und schloss die Augen.
    Und die Pest erlosch schließlich.
    Alle Stimmen Europas stimmten einen Hochgesang an. Sie sangen von neuen Städten, von großen Siegen und schrecklichen Niederlagen. Alles in Europa veränderte sich. Wie in der Vergangenheit die Königshöfe, die Kathedralen und Klöster, so brachten nun Handel und Wohlstand Kunst und Kultur hervor.
    Die Stimmen sangen von einem Mann namens Gutenberg aus der Stadt Mainz, der eine Druckerpresse erfunden hatte, sodass man Bücher in großer Anzahl billig herstellen konnte. Ganz gewöhnliche Leute konnten nun die Heilige Schrift besitzen oder ein Stundenbuch, oder ein Buch mit heiteren Geschichten und hübschen Gedichten. In ganz Europa wurden nun Druckerpressen gebaut.
    Sie sangen von der tragischen Niederlage Konstantinopels gegen die unbesiegbare osmanische Armee. Aber die stolzen Städte Europas verließen sich nicht länger darauf, dass das ferne griechische Reich sie schützte. Die Klage um Konstantinopel verhallte unbeachtet.
    Der Ruhm von Venedig, Florenz und Rom ließ Italien, mein Italien, aufs Neue erstrahlen. Nun war es für mich an der Zeit, diese Gruft zu verlassen.
    Ich erwachte aus meinen erregten Träumen. Es war an der Zeit, einen Blick auf diese Welt zu werfen, die das Jahr 1482 nach Christi Geburt schrieb.
    Warum ich dieses Jahr wählte, weiß ich nicht genau, außer vielleicht, dass mich Venedig und Florenz mit besonders verlockender Stimme riefen, und ich hatte diese Städte ja vorher in ihrer Bedrängnis und Trauer gesehen. Nun wünschte ich mir verzweifelt, sie in ihrem vollen Glanz zu erleben.
    Aber zuerst musste ich heim, den ganzen langen Weg nach Süden, nach Rom.
    Und so zündete ich wieder einmal die Öllampen für meine geliebten Eltern an, entfernte den Staub von ihrem Schmuck und ihren dünnen Gewändern, betete zu ihnen, wie ich es stets getan, und verabschiedete mich, um in eines der aufregendsten Zeitalter einzutauchen, die die westliche Welt je gesehen hatte.

 
     
     
14
     
    I ch ging nach Rom. Etwas anderes kam für mich nicht in Frage. Was ich dort vorfand, war für mich wie ein Stich ins Herz, brachte mich jedoch auch zum Staunen. Ich fand eine riesige, geschäftige Stadt, entschlossen, sich aus den Trümmern zu erheben, eine Stadt, in der sich die Kaufleute drängten und Scharen von Handwerkern fleißig am Werk waren, grandiose Paläste für den Papst und seine Kardinäle und andere reiche Leute zu errichten. Das ehemalige Forum und das Kolosseum standen noch, eigentlich erkannte ich sehr viele Ruinen aus der Zeit des römischen Imperiums wieder – wie etwa den Konstantinbogen –, aber permanent wurden riesige Blöcke antiken Gesteins gestohlen und für neue Gebäude verwandt. Allenthalben untersuchten jedoch Gelehrte die Ruinenfelder, und viele traten dafür ein, sie in ihrem jetzigen Zustand zu erhalten.
    In der Tat

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