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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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bin jetzt viel zu allein. Ich möchte mit denen zusammen sein, die ich liebe, aber ich bringe es nicht über mich.« Er schaute wieder nachdenklich ins Feuer. »Für kurze Zeit bin ich mit ihnen zusammen, dann gehe ich wieder fort… Daniel habe ich mitgenommen, weil er mich brauchte. Weil ich es nicht ertragen kann, völlig allein zu sein. Und ich wählte die Länder des Nordens, weil ich der Schönheiten des Südens, ja, selbst Italiens, wo ich geboren wurde, überdrüssig bin. Ich dachte immer, kein Sterblicher und kein Bluttrinker könnte dessen je überdrüssig werden, und doch geht es mir nun so. Meine Augen wollen auf dem reinen Weiß des Schnees ausruhen.«
    »Ich verstehe«, sagte Thorne. Das Schweigen lud ihn zum Weitersprechen ein. »Nachdem ich zum Bluttrinker wurde«, fügte er hinzu, »brachte man mich in den Süden, wo es mir wie in Walhalla vorkam. Ich lebte in Rom, in einem Palast, von dem aus ich nachts die sieben Hügel überblicken konnte. Sanfte Brisen und fruchtbeladene Bäume – es war wie ein Traum. Ich saß an einem Fenster hoch über dem Meer und schaute zu, wie die Wellen gegen die Felsen brandeten. Ich ging hinunter zum Meer, und das Meer war warm.«
    Marius lächelte, ein sehr gütiges, vertrauensvolles Lächeln. Er nickte und sagte leise: »Italien, mein Italien.« Auf seinem Gesicht lag ein wundersamer Ausdruck, fand Thorne und wünschte, Marius hielte dieses Lächeln fest, doch es erlosch schnell. Marius schien ernüchtert, wie in Melancholie verloren blickte er in die Flammen. Sein Haar wirkte im Schein des Feuers beinahe weiß.
    »Erzähl mir, Marius«, bat Thorne, »meine Fragen können warten. Ich möchte deine Stimme hören, möchte Worte von dir hören.« Er zögerte. »Ich weiß, dass du viel zu erzählen hast.« Marius sah ihn an, als hätte er sich erschreckt, und schien aus seiner Starre aufzutauen. Dann sagte er: »Ich bin alt, mein Freund. Ich bin ein echtes Kind der Jahrtausende. Kaiser Augustus regierte gerade, als ich ein Bluttrinker wurde. Ein Druidenpriester war schuld an diesem absonderlichen Tod, ein gewisser Mael, selbst noch ein Sterblicher, als er mir dieses Unrecht antat, aber nicht lange darauf wurde auch er ein Bluttrinker. Und er lebt sogar jetzt noch, wenn er auch vor kurzem versuchte, sein Leben in einem Anfall von religiösem Wahn zu opfern. So ein Dummkopf! Mehr als einmal machte uns die Zeit zu Gefährten. Das ist schon komisch. Dass ich ihm sehr zugetan bin, ist eine Täuschung. In meinem Leben gibt es jede Menge solcher Täuschungen. Ich weiß nicht, ob ich ihm je vergeben werde, was er mir antat – dass er mich gefangen nahm, dass er mich meinem sterblichen Leben entriss und mich in einen Hain im fernen Gallien verschleppte. Ein uralter Bluttrinker dort, der grauenvoll verbrannt war und sich doch immer noch für einen Gott des Heiligen Hains hielt, er gab mir das Dunkle Blut.« Marius unterbrach sich. »Weißt du, wovon ich spreche?«
    »Ja«, sagte Thorne, »ich erinnere mich an diese Haine, an unsere geflüsterten Gerüchte darüber, dass Götter darin gelebt hatten. Du sagst also, dass ein Bluttrinker in der Heiligen Eiche lebte.« Marius nickte und fuhr fort: »Dieser grausam verbrannte, dieser verwundete Gott forderte mich auf: ›Geh nach Ägypten und finde Die Mutter. Finde den Grund für dieses schreckliche Feuer, das von ihr ausging und uns alle, nah und fern, verbrannte.‹«
    »Und diese Mutter«, sagte Thorne, »sie war die Böse Königin, die den Heiligen Urkern in sich trug.«
    »Ja«, bestätigte Marius, während seine blauen Augen mit sanftem Blick über Thorne hinwegglitten. »Sie war die Böse Königin, mein Freund, ohne Zweifel… Aber damals, vor zweitausend Jahren, war sie still und stumm und schien nur ein unglückliches Opfer. Viertausend Jahre alt waren die zwei, sie und ihr Gemahl Enkil. Und in ihr war wirklich der Heilige Urkern, daran bestand kein Zweifel, denn das Schreckensfeuer war an jenem Morgen über alle anderen Bluttrinker gekommen, als ein ausgelaugter alter Bluttrinker den König und die Königin in die glühende Wüstensonne hinausgestoßen hatte. Bluttrinker in aller Welt – Götter, Geschöpfe der Nacht, Lamiae, wie immer sie sich auch nannten – hatten Todesqualen gelitten; die einen wurden von den grausigen Flammen ausgelöscht, andere litten weniger, nur ihre Haut wurde dunkler. Die sehr Alten verbrannten kaum, die Jüngsten wurden zu Asche.
    Die Heiligen Eltern nun – so sollte man sie gütigerweise

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