Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
dicht an die Schulter, ja, da! Lass uns sehen, ob er sich nicht von allein seinen richtigen Platz sucht.« Avicus gehorchte, aber ich war mit der Hand zur Stelle, um den Arm zu führen, damit er nicht zu dicht am Körper lag. Ich wartete ab, ob er sich nicht von allein bewegte.
    Plötzlich spürte ich, wie der Arm zuckte, ließ ihn los und sah, wie er sich an die Schulter fügte, wobei sich die flatternden Gefäße wie kleine Schlangen in den Körper bohrten, bis der Riss sich geschlossen hatte.
    Ich hatte also mit meiner Vermutung Recht gehabt! Der Körper gehorchte seinen eigenen übernatürlichen Regeln! Ohne zu zögern, schlitzte ich mir das Handgelenk auf und träufelte mein Blut auf die Wunde, die vor meinen Augen abheilte. Dieser einfache Trick schien Avicus zu verblüffen, obwohl er ihn hätte kennen müssen, denn diese, wenn auch nur begrenzte, Heilkraft unseres Blutes ist so gut wie unter allen unseresgleichen bekannt.
    Bald hatte ich genügend Blut gegeben, und die Wunde war fast nicht mehr zu sehen.
    Ich lehnte mich ein wenig zurück und sah, dass Mael seine Augen wie zuvor auf mich geheftet hielt. Sein im falschen Winkel angefügter Kopf bot einen traurig-grotesken Anblick, und seine Züge zeigten einen scheußlich leeren Ausdruck. Ich drückte sein Hand abermals, und er erwiderte den Druck.
    »Bist du bereit für die Aufgabe?«, fragte ich Avicus.
    »Halt ihn gut an den Schultern fest«, antwortete er. »Benutz um Himmels willen deine ganze Kraft.«
    Ich griff zu und fasste Mael, so fest ich konnte. Ich hätte sogar die Knie auf seine Brust gedrückt, wenn er für ein solches Gewicht nicht zu geschwächt gewesen wäre, aber so kniete ich seitwärts neben ihm.
    Endlich riss Avicus unter lautem Ächzen mit beiden Händen an Maels Kopf.
    Ein fürchterlicher Blutschwall schoss hervor, und ich hätte schwören können, dass ich das Reißen übernatürlichen Fleisches hörte. Avicus wurde zurückgeworfen und strauchelte seitwärts, während er den Kopf in Händen hielt.
    »Jetzt! Leg ihn ganz dicht an den Körper!«, rief ich. Ich hielt Maels Schultern immer noch, obwohl der Körper sich mit aller Kraft aufgebäumt hatte. Die Arme flogen sogar aufwärts, als ob sie nach dem Kopf suchten.
    Avicus legte den Kopf mitten in das strömende Blut und schob ihn immer näher an die klaffende Halswunde heran, bis er sich wie aus eigenem Antrieb zu bewegen schien, sich die Gefäße auch hier kleinen Schlangen gleich mit dem Rumpf zu vereinigen suchten. Dann machte der Körper abermals einen Satz, und der Kopf saß wieder fest auf dem Hals.
    Ich sah Maels Augenlider flattern, und sein Mund öffnete sich. Mit aller Kraft rief er: »Avicus!«
    Avicus beugte sich über ihn, riss sich, wie ich es zuvor gemacht hatte, mit den Zähnen das Handgelenk auf, ließ das Blut jedoch in Maels Mund fließen.
    Mael griff nach Avicus’ Arm, zog ihn zu sich heran und trank wild entschlossen, während sich sein Rücken aufbog und ein Zittern durch seine armselig dürren Beine lief, ehe sie sich streckten. Ich zog mich von dem Paar und aus dem Lichtkreis zurück. Eine ganze Weile saß ich ruhig im Dunkel, die Augen fest auf sie geheftet. Und dann, als ich sah, dass Avicus erschöpft war, dass sein Herz ermüdete, weil er so viel Blut gegeben hatte, schob ich mich zu den beiden hinüber und fragte, ob ich Mael auch von mir trinken lassen solle.
    Ach, wie sehr sich mein Innerstes gegen diese Geste auflehnte. Warum nur fühlte ich mich dazu gezwungen? Ich weiß keine Antwort darauf. Weder jetzt noch damals.
    Mael war endlich in der Lage, sich aufzusetzen. Sein Körper wirkte wieder kräftiger, aber sein Gesichtsausdruck war so fürchterlich, man konnte es kaum mit ansehen. Das Blut auf dem Fußboden war getrocknet und glitzerte, wie unser Blut es gewöhnlich tut. Es müsste wohl zusammengescharrt und verbrannt werden.
    Mael beugte sich vor, legte seine Arme in einer unangenehm intimen Geste um mich und küsste meinen Hals. Er wagte nicht, mir die Zähne ins Fleisch zu drücken.
    »Gut denn, tu’s«, sagte ich, wenn auch sehr zögerlich, und als er trank, ließ ich Bilder von Rom in meinem Geist abspulen, die herrlichen neuen Tempel, Konstantins Triumphbogen, die vielen wunderbaren Kirchen, die nun allenthalben erbaut wurden; ich dachte an die Christen und ihre magischen Zeremonien. Ich dachte an alles Mögliche, nur um all die Geheimnisse meines Lebens zu verbergen und zu überdecken, die er in meinem Geiste sehen könnte.
    Der elende

Weitere Kostenlose Bücher