Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
Bräuche wieder einzuführen, was jedoch gänzlich fehlschlug. Welche Illusionen er auch in religiöser Hinsicht hegte, zumindest bewährte er sich als fähiger Feldherr und starb fern seiner Heimat während eines Feldzugs gegen die unüberwindbaren Perser.
    Unaufhörlich drangen von allen Seiten Goten, Westgoten, Germanen und Perser gegen das Reich vor. Seine reichen, schönen Städte mit ihren Arenen, Theatern, Säulengängen und Tempeln wurden von Stämmen überrannt, die sich nicht um Philosophie oder Kultur, um Dichtung oder die guten alten Werte der Aristokratie scherten.
    Selbst Antiochia, meine und Pandoras einstige Heimat, war von Barbaren geplündert worden – etwas, das ich mir nicht vorstellen mochte und das ich nicht einfach übersehen konnte. Nur die Stadt Rom selbst schien von solchen Schrecken ungerührt, und tatsächlich dachten die alteingesessenen Familien, dass der Ewigen Stadt dieses Schicksal nie zuteil werden könne, selbst noch, während rings um sie die Häuser in Schutt und Asche sanken.
    Was mich anging, ich hielt weiterhin meine Bankette für die Übelbeleumdeten und Missachteten ab, führte regelmäßig Tagebuch und beschäftigte mich mit meinen Malereien. Es schmerzte mich, dass meine Gäste unausweichlich irgendwann starben, und so trug ich Sorge, dass die Gesellschaft stets sehr zahlreich war.
    Ich konzentrierte mich auf meine Farbtöpfe, gleichgültig, wer sich in meinem Garten betrank oder übergab, und so schien mein Heim ein Tollhaus mit seinen unzähligen Lampen und einem Hausherrn, der die Wände mit seinen Traumbildern bedeckte, während seine Gäste ihn amüsiert betrachteten, ihm mit ihren Bechern zuprosteten und die Musikanten bis zum Morgengrauen in die Saiten schlugen.
    Anfangs dachte ich, es würde mich ablenken, wenn Avicus mich heimlich beobachtete, aber ich gewöhnte mich schließlich daran, ihn über die Mauer in den Garten schlüpfen zu hören. Ich gewöhnte mich daran, dass jemand nahe war und diese Stunden mit mir auf seine besondere Art teilte.
    Ich malte weiterhin meine Göttinnen – Venus, Ariadne, Hera – und fand mich nach und nach damit ab, dass das Phantasiebild von Pandora all diese Bildnisse beherrschte, aber ich malte auch Götterbilder. Besonders Apoll faszinierte mich. Aber schließlich hatte ich Zeit genug, auch andere Mythengestalten zu malen, wie Theseus, Äneas und Herkules, und manchmal nahm ich mir als Inspiration Ovid und Homer und Lucretius vor. Dann wieder dachte ich mir einfach selbst Themen aus.
    Aber Trost schöpfte ich stets aus meinen gemalten Gärten; denn ich hatte das Gefühl, dass ich tief im Herzen darin lebte. Immer wieder aufs Neue schmückte ich die Zimmer meines Hauses mit Fresken aus, und da es nicht um ein Atrium herumgebaut war, sondern wie ein Landhaus mitten in einem Garten lag, konnte Avicus in den Anlagen umherwandern und mich von überall her bei meiner Tätigkeit beobachten, und unvermeidlich fragte ich mich, ob ich anders arbeitete, weil er zusah. Was mich vielleicht mehr als alles sonst berührte, war, dass er so getreulich verweilte. Und dass er so respektvoll schwieg. Selten verging eine Woche, ohne dass er kam und dann fast die ganze Nacht blieb. Oft erschienen vier oder fünf Nächte hintereinander. Und manchmal sogar noch häufiger.
    Naturgemäß sprachen wir niemals miteinander. Unser Schweigen hatte gewissermaßen etwas Edles. Zwar bemerkten meine Sklaven ihn einmal und alarmierten mich unangenehmerweise, aber dem bot ich schnell Einhalt.
    Wenn ich zu Jenen, die bewahrt werden müssen ging, folgte Avicus mir nicht. Und ich muss gestehen, dass ich mich einerseits frei fühlte, wenn ich unbeobachtet in dem Schrein malte. Aber auch Melancholie drückte mich nieder, heftiger noch als in der Vergangenheit.
    Dann suchte ich mir einen Platz hinter dem Podest mit dem hehren Paar und hockte niedergeschlagen in einer Ecke, schlief dort den Tag hindurch und oft auch noch die nächste Nacht, ohne hinauszugehen. Mein Geist war leer, Tröstung war mir unvorstellbar, die Gedanken an das Imperium und was damit geschehen könnte, mochte ich nicht aussprechen. Und dann erinnerte ich mich gewöhnlich an Avicus und erhob mich, schüttelte die bedrückende Schwermut ab und begab mich zurück in die Stadt, wo ich wieder einmal die Fresken an den Wänden erneuerte. Wie viele Jahre so vergingen, kann ich kaum ermessen. Viel wichtiger ist es, anzumerken, dass sich abermals eine Schar satansgläubiger Bluttrinker in der Stadt

Weitere Kostenlose Bücher