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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Erst als uns wieder die hell erleuchteten Wände meines Arbeitszimmers umfingen, schleuderte ich Mael meine Wut entgegen.
    »Zweimal habe ich jetzt dein jämmerliches Leben gerettet«, zischte ich, »und es wird mir nur Leid bringen, dessen bin ich mir sicher. Denn, alles was recht ist, ich hätte dich sterben lassen sollen in jener Nacht, als Avicus mich um Hilfe für dich bat. Ich hätte dich heute Nacht von dem König zerquetschen lassen sollen! Ich verachte dich, verstehst du! Das wird sich in alle Ewigkeit nicht ändern! Du bist voreilig, halsstarrig und verrückt von deinen Gelüsten.«
    Avicus saß mit hängendem Kopf da und nickte wie zustimmend. Mael stand nun in einer Ecke, die Hand am Dolch, und musterte mich in grollendem Schweigen.
    »Verlass mein Haus«, sagte ich schließlich. »Und wenn du dein Leben unbedingt beenden willst, dann geh und störe den Frieden Der Eltern. Denn so ungeheuer alt sie auch sind, so stumm sie auch sind, sie werden dich zermalmen, du hast es selbst gesehen. Du weißt jetzt, wo der Schrein ist.«
    »Du begehst ein ungeheures Verbrechen und weißt es nicht einmal!«, antwortete Mael. »Ein solches Geheimnis verborgen zu halten! Wie kannst du es wagen!«
    »Schweig bitte«, sagte Avicus.
    »Nein, ich werde nicht schweigen«, sagte Mael. »Du, Marius, du stiehlst die Himmelskönigin, und du verwahrst sie, als gehöre sie dir? Du schließt sie ein in eine bemalte Kapelle, als wäre sie eine römische Göttin, aus Holz geschnitzt? Wie kannst du so etwas wagen!«
    »Dummkopf«, sagte ich verächtlich. »Was soll ich denn deiner Meinung nach mit ihr tun? Du geiferst mir Lügen entgegen! Du wolltest nur, was sie alle wollen! Du wolltest ihr Blut. Und was gedenkst du nun zu tun, da du weißt, wo sie zu finden ist? Hast du vor, sie zu befreien? Und für wen und wie und wann?«
    »Still, bitte«, mischte sich Avicus abermals ein. »Mael, ich bitte dich, lass uns gehen.«
    »Und die Anbeter der Schlange, die von mir und meinem Geheimnis flüstern hörten, was würden sie wohl tun?«, wollte ich von ihm wissen, jetzt ganz meiner Wut hingegeben. »Was, wenn sie sie in die Finger bekämen und ihr Blut tränken, sodass sie zu einem Heer heranwüchsen, das viel stärker wäre als wir? Was glaubst du, wie sich die Menschen mit Gesetzen gegen uns erheben und uns jagen würden, um uns auszurotten? Ach, du kannst dir die Übel nicht einmal vorstellen, die über diese Welt hereinbrächen, wenn die Existenz der Königin allen unseresgleichen bekannt würde, du dummer, verrückter, aufgeblasener Träumer!« Avicus stellte sich mit beschwörend erhobenen Händen vor mich hin. Seine Miene war todtraurig.
    Ich ließ mich nicht aufhalten. Ich machte einen Schritt zur Seite, um weiterhin den wutentbrannten Mael anschauen zu können.
    »Male dir nur aus, dass abermals jemand käme und sie der Sonne aussetzte«, erklärte ich, »sodass das Feuer uns verzehrte, wie es Avicus geschah! Würdest du dein Leben unter solcher Todespein, von der Hand eines anderen, enden lassen wollen?«
    »Bitte, Marius«, sagte Avicus. »Lass mich ihn hier wegbringen. Wir werden jetzt gehen. Ich verspreche dir, wir machen keinen Ärger mehr.«
    Ich kehrte ihnen den Rücken zu. Ich hörte, dass Mael ging, aber Avicus zögerte noch. Und plötzlich spürte ich, wie seine Arme mich umfingen und seine Lippen sich auf meine Wange legten.
    »Geh«, sagte ich leise, »ehe dein angriffslustiger Freund mich aus niederer Eifersucht zu erdolchen versucht.«
    »Was du uns enthüllt hast, war ein Wunder sondergleichen«, flüsterte er. »Er soll erst einmal gründlich darüber nachdenken, bis er diese Größe für seinen kleinen Geist zurechtgestutzt hat.« Ich lächelte.
    »Was mich betrifft – ich möchte es nie wieder sehen. Es ist zu traurig.«
    Ich nickte.
    »Aber erlaube mir, dass ich des Abends still und leise herkomme«, flüsterte er. »Erlaube mir, dir draußen vor den Fenstern zum Garten still beim Malen zuzusehen.«

 
     
     
8
     
    Z u schnell gingen die Jahre dahin. Die große Stadt Konstantinopel im Osten des Reiches zog immer mehr achtbare Patrizier an. Währenddessen nahmen nach dem Tod des großen Konstantin die Kämpfe zwischen den Kaisern kein Ende. Und der Druck auf die Grenzen des Reiches war weiterhin unerträglich und forderte jedem, der durch den Purpur erhöht wurde, seine ganze Aufmerksamkeit ab. Julian, später »der Apostat« genannt, erwies sich als interessante Persönlichkeit; er versuchte, die heidnischen

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