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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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aufgetaucht, die forderte, dass ›Curwen‹ getötet und in Säure aufgelöst werden müsse. Der Zusammenhang war zu eindeutig, um gefälscht zu sein.
    Und außerdem: Plante Allen denn nicht auf Anraten der Kreatur namens Hutchinson den jungen Ward zu ermorden? Natürlich hatte der Brief, den sie gelesen hatten, den bärtigen Fremden nie erreicht, doch aus diesem Text wurde ersichtlich, dass Allen bereits Pläne für den jungen Mann gefasst hatte, sollte der sich als zu ›zimperlich‹ erweisen. Es stand außer Frage, dass Allen gefasst werden musste. Auch wenn die drastischste Mordanweisung nicht vollzogen werden würde, musste der Mann doch auf jeden Fall hinter Schloss und Riegel, damit er Charles Ward nichts antat.
    An diesem Nachmittag fuhren der Vater und der Arzt zwar wider besseres Wissen, doch in der Hoffnung, irgendeinen Funken an Information über die verschlungenen Mysterien von dem Einzigen zu erhalten, der in der Lage war, sie ihnen zu geben, hinaus in Richtung Bucht und besuchten den jungen Charles in der Klinik. Willett schilderte ihm mit schlichten und ernsten Worten alles, was er entdeckt hatte, und er bemerkte, wie blass der Jüngling wurde, als jede weitere Beschreibung die Wahrheit der Entdeckungen festigte. Der Arzt griff zu starken dramatischen Effekten und achtete darauf, ob Charles zusammenzuckte, als er die abgedeckten Schächte und die unbeschreiblichen Zwitterwesen darin erwähnte. Doch Ward zuckte kein bisschen.
    Willett hielt inne, und seine Stimme nahm einen empörten Klang an, als er berichtete, dass die Wesen kläglich verhungerten. Er stellte Charles mit dieser bestürzenden Unmenschlichkeit auf die Probe, und erschauderte, als er darauf nur sardonisch lachte. Charles, der inzwischen nicht mehr leugnete, dass die unterirdischen Gewölbe existierten, schien in dieser Sache einen makabren Scherz zu sehen. Er kicherte mit rauer Stimme über irgendetwas Amüsantes. Dann flüsterte er mit einem Tonfall, der aufgrund seiner gebrochenen Stimme besonders schrecklich wirkte: »Vermaledeit, sie essen doch, brauchen es aber gar nicht! Das ist das Sonderbare daran! Ein Monat, sagt Ihr, ohne Nahrung? Fürwahr, Herr, Ihr seid bescheiden! Wisst, dieser Witz geht auf Kosten des alten Whipple und seines tugendhaften Geredes! Alles vernichten wollte er? Nun, verdammt, er war halb taub ob des Lärmens von draußen, und so hörte er nichts aus den Brunnenschächten. Er vermochte sich nicht einmal, im Traume ihre Existenz auszumalen! Der Teufel hole ihn – diese verfluchten Wesen heulen dort unten schon, seit sie Curwen vor 157 Jahren erledigten! «
    Mehr allerdings bekam Willett nicht aus dem jungen Mann heraus. Er war entsetzt, aber auch beinahe gegen seinen Willen überzeugt, und er setzte seine Erzählung fort in der Hoffnung, irgendeine Einzelheit möge seinen Zuhörer aus seiner irren Gefasstheit reißen. Wenn der Arzt das Gesicht von Charles betrachtete, erfasste ihn ein unwillkürliches Grauen über die Veränderungen, die sich in den letzten Monaten darin vollzogen hatten. Ja, der Junge hatte wirklich unbeschreibliches Grauen vom Himmel herabgerufen.
    Als der Arzt den Raum mit den Formeln und dem grünlichen Staub erwähnte, zeigte Charles erstmals eine Regung. Ein skeptischer Ausdruck legte sich auf sein Gesicht, als er hörte, was Willett auf dem Schreibblock gelesen hatte. Er sagte mit milder Stimme, das seien alte Notizen, die niemand verstehe, der nicht zutiefst in der Geschichte der Magie bewandert sei. »Doch«, fügte er hinzu, »hättet Ihr die Worte gekannt, um das heraufzubeschwören, was ich in der Schale hatte, so wäret Ihr nun nicht hier, um mir davon zu künden. Es handelte sich um Nummer 118, und ich will meinen, Ihr wäret erschrecket, hättet Ihr diese Nummer auf der Liste in dem anderen Raume nachgesucht. Auch ich hab’ es nie beschworen, wollte das aber an jenem Tage tun, da Ihr mich an diesen Ort hier einludet.«
    Dann berichtete Willett von der Formel, die er ausgesprochen hatte, und von dem grünlich schwarzen Rauch, der daraufhin aufstieg – und jetzt sah der Arzt zum ersten Mal auf Charles Wards Gesicht echte Furcht. »Es kam , und Ihr seid hier und am Leben!« Als Ward diese Worte krächzte, schien seine Stimme beinahe ihre Fesseln zu sprengen und in abgrundtiefe Höhlen unheimlichen Widerhalls zu sinken.
    Willett kam blitzartig eine Eingebung und er glaubte zu verstehen. Er flocht in seine Antwort eine Ermahnung aus einem Brief ein, an die er sich erinnerte:

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