Chroniken der Unterwelt Bd. 3 City of Glass
wieder ein Schattenjäger werden können, in Valentins Welt. In dieser Welt hier wäre mir das niemals mehr möglich gewesen.« Eine tiefe Sehnsucht schwang in seiner Stimme mit. »Und ich wusste, dass ich zu schwach sein würde, ihm zu widerstehen, falls er mir ein solches Angebot machen sollte.«
»Und jetzt sieh dir an, was für ein Leben du nun fuhrst«, fauchte Jace. »Gefangen und vergessen in einer Zelle der Garnison. War es das wert? War es das wert, uns zu betrügen?«
»Die Antwort darauf kennst du selbst.« Hodge klang erschöpft. »Valentin hat den Fluch von mir genommen. Er hatte es versprochen und hat sich daran gehalten. Ich dachte, er würde mich wieder im Kreis aufnehmen - oder zumindest in dem, was noch davon übrig war. Aber das hat er nicht getan. Nicht einmal er wollte mich. Und da wusste ich, dass in seiner neuen Welt kein Platz für mich war… und dass ich alles, was ich besessen hatte, für eine Lüge aufgegeben hatte.« Er schaute auf seine zusammengeballten, schmutzigen Hände. »Mir war nur noch eines geblieben - eine einzige Chance, aus meinem Leben etwas anderes zu machen als eine totale Zeitverschwendung. Als ich hörte, dass Valentin die Stillen Brüder getötet hatte … dass er das Schwert der Engel hatte, da wurde mir klar, dass er als Nächstes versuchen würde, den Engelsspiegel an sich zu bringen. Ich wusste, dass er alle drei Insignien der Engel benötigte. Und ich wusste auch, dass sich der Spiegel hier in Idris befindet.«
»Moment mal.« Alec hielt eine Hand hoch. »Der Spiegel der Engel? Du meinst, du weißt, wo er ist? Wer ihn in seinem Besitz hat?«
»Niemand hat ihn in seinem Besitz«, sagte Hodge. »Niemand könnte den Engelsspiegel in seinen Besitz bringen. Kein Nephilim und auch kein Schattenweltler.«
»Du bist da unten wirklich komplett verrückt geworden, stimmt’s?«, warf Jace ein und deutete mit dem Kinn auf die ausgebrannten Fenster des Verlieses.
»Jace.« Clary schaute besorgt zur Garnison hinauf, deren Dach mit einem Netz rotgoldener Flammen überzogen war. »Das Feuer breitet sich immer weiter aus. Wir sollten hier schleunigst verschwinden. Wir können doch auf dem Weg in die Stadt weiterreden…«
»Fünfzehnjahre war ich im Institut eingesperrt«, fuhr Hodge fort, als hätte Clary überhaupt nichts gesagt. »Nicht einmal einen Fuß konnte ich vor die Tür setzen. Ich habe den ganzen Tag in der Bibliothek verbracht, auf der Suche nach einer Möglichkeit, den Fluch aufzuheben, den der Rat mir auferlegt hatte. Dabei erfuhr ich, dass nur eine der Engelsinsignien den Fluch rückgängig machen konnte. Buch für Buch las ich … alles über die Geschichte und die Legenden, die sich um den Erzengel ranken: wie er aus dem See aufstieg, die Engelsinsignien in den Händen, und wie er sie Jonathan Shadowhunter, dem ersten Nephilim, überreichte und dass es drei Insignien waren: Kelch, Schwert und Spiegel…«
»Das wissen wir alles«, unterbrach Jace ihn verärgert. »Schließlich hast du uns das alles beigebracht.«
»Du glaubst, alles über diese Sagengeschichten zu wissen, aber da irrst du dich. Als ich die verschiedenen Varianten der Überlieferungen studierte, stieß ich immer wieder auf dieselbe Illustration, dieselbe Abbildung … wir kennen sie alle: der Erzengel Raziel, der mit dem Schwert in der einen Hand und dem Kelch in der anderen aus dem See aufsteigt. Und jedes Mal habe ich mich gefragt, warum der Spiegel nicht abgebildet war. Aber dann wurde es mir schlagartig bewusst: Der Spiegel ist der See. Der See ist der Spiegel. Sie sind ein und dasselbe.«
Langsam ließ Jace das Messer sinken. »Der Lyn-See?«, fragte er.
Sofort musste Clary an ihre Begegnung mit dem See denken - die Wasseroberfläche, die sich ihr wie ein Spiegel entgegengehoben hatte und bei ihrem Aufprall in Tausende Stücke zu zerbrechen schien. »Als ich hierhergekommen bin, bin ich in den See gefallen. An diesem See ist tatsächlich irgendetwas merkwürdig. Luke meinte, dass er seltsame Eigenschaften habe und dass die Feenwesen ihn den Spiegel der Träume nennen würden.«
»Stimmt genau«, bestätigte Hodge eifrig und fuhr dann fort: »Als Nächstes erkannte ich, dass der Rat sich dieser Tatsache nicht bewusst war, dass das Wissen um den See im Laufe der Jahrhunderte verschollen war. Nicht einmal Valentin wusste es …»
Im nächsten Moment wurde er von einem dröhnenden Krachen unterbrochen - der Turm am anderen Ende der Garnison stürzte mit einem ohrenbetäubenden
Weitere Kostenlose Bücher