Chroniken der Unterwelt Bd. 4 City of fallen Angels
oder was das auch immer sein mag, das sich einen Weg in meine Träume frisst, sich eines Tages auch auf meinen Wachzustand überträgt und ich dann …« Er verstummte, da seine Kehle plötzlich wie zugeschnürt war.
»Du würdest mich niemals verletzen.«
»Ich hatte das Messer schon in der Hand, Clary.« Er warf ihr einen kurzen Blick zu und schaute dann wieder weg. »Wenn ich dich verletzen würde …« Seine Stimme brach einen Moment. »Schattenjäger sterben jung, in sehr vielen Fällen sterben wir jung«, fuhr er schließlich fort. »Wir alle wissen das. Und du wolltest eine Schattenjägerin sein. Und ich würde dich niemals daran hindern, denn es ist nicht meine Aufgabe, dir vorzuschreiben, was du mit deinem Leben anfangen sollst. Zumal ich dieselben Risiken eingehe. Was für eine Person würde das aus mir machen, wenn ich dir sagen würde, für mich wäre es okay, mein Leben aufs Spiel zu setzen, aber für dich nicht? Also habe ich darüber nachgedacht, wie es wäre, wenn du sterben würdest. lch wette, du hast den gleichen Gedanken auch schon durchgespielt.«
»Ich weiß, wie es ist«, erwiderte Clary und erinnerte sich an den See, das Schwert und Jace’ Blut, das im Sand versickerte. Damals war er tot gewesen und der Erzengel hatte ihn von den Toten wiedererweckt, aber die Minuten dazwischen waren die schlimmsten ihres Lebens gewesen. »In jenem Moment wollte ich nichts anderes, als auch zu sterben. Aber ich wusste, wie enttäuscht du von mir gewesen wärst, wenn ich einfach so aufgegeben hätte.«
Jace lächelte — ein Anflug eines Lächelns. »Ich habe genau dasselbe gedacht. Wenn du sterben würdest, würde ich nicht länger leben wollen. Aber ich würde mir nicht selbst das Leben nehmen, denn was auch immer nach unserem Tod geschieht, ich möchte dann dort bei dir sein. Und wenn ich mich umbringen würde, würdest du nie wieder auch nur ein Wort mit mir wechseln, das weiß ich genau. Also würde ich weiterleben und versuchen, etwas aus meinem Leben zu machen, bis ich wieder mit dir vereint wäre. Doch wenn ich dich verletzen würde … wenn ich die Ursache für deinen Tod wäre … dann könnte mich nichts mehr davon abhalten, mich selbst auch zu zerstören.«
»Sag doch so was nicht.« Clary spürte, wie ihr eiskalt ums Herz wurde. »Jace, du hättest mir davon erzählen sollen.«
»Ich konnte nicht.« Seine Stimme klang tonlos, endgültig.
»Warum nicht?«
»Ich dachte, ich sei Jace Lightwood. Ich dachte, es bestünde zumindest die Chance, dass meine frühere Erziehung mich nicht negativ geprägt hätte. Aber inzwischen frage ich mich, ob sich die Menschen vielleicht doch nicht ändern können. Vielleicht werde ich ja immer Jace Morgenstern sein, Valentins Sohn. Er hat mich zehn Jahre lang erzogen und vielleicht ist das ja ein Makel, der niemals verblassen wird.«
»Du glaubst, dies alles hier würde nur wegen deines Vaters passieren«, warf Clary ein, da ihr eine Begebenheit aus Jace’ Kindheit durch den Kopf schoss, die er ihr einst erzählt hatte: Lieben heißt zerstören. Und dann musste sie daran denken, wie seltsam es war, dass sie Valentin als Jace’ Vater bezeichnete, obwohl sein Blut doch durch ihre Adern floss und nicht durch die von Jace. Aber sie hatte für Valentin auch nie das empfunden, was man für einen Vater empfindet — ganz im Gegensatz zu Jace. »Und du wolltest nicht, dass ich davon erfahre?«, fragte sie.
»Du bist alles, was ich mir nur wünschen kann«, erwiderte Jace. »Und vielleicht verdient ja Jace Lightwood, dass er bekommt, was er sich wünscht. Aber Jace Morgenstern ganz bestimmt nicht. Irgendwo tief in meinem Inneren muss ich das schon immer gewusst haben. Denn sonst würde ich wohl nicht versuchen, das zu zerstören, was wir beide haben.«
Clary holte tief Luft und ließ sie dann langsam wieder entweichen. »Ich glaube gar nicht mal, dass du das tust.«
Jace hob den Kopf und blinzelte verwirrt. »Wie meinst du das?«
»Du denkst, dass das Ganze eine psychische Sache ist«, erklärte Clary. »Dass irgendetwas mit dir nicht stimmt. Aber ich bin anderer Ansicht. Ich glaube, jemand anderes tut dir das an.«
»Nein, ich …«
»Ithuriel hat mir einst Träume geschickt«, unterbrach Clary ihn. »Und vielleicht schickt dir ja auch jemand Träume.«
»lthuriel hat dir Träume geschickt, um dir zu helfen. Um dich zur Wahrheit zu führen. Wozu sollen meine Träume gut sein? Sie sind krank, bedeutungslos, sadistisch …«
»Vermutlich haben sie dennoch eine
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