Chroniken der Unterwelt Bd. 4 City of fallen Angels
hatte. Und er wollte mich nicht in Maias Nähe lassen, weil ich es dadurch nur noch schlimmer machen würde, wie er sagte. Aber er versprach, dass die Wolfsgarde auf sie aufpassen würde. Und er erklärte mir, da ich bereits einen Menschen gebissen hatte, was strengstens untersagt war, könnte ich einer Bestrafung nur dadurch entgehen, dass ich mich der Garde anschloss und lernte, mich selbst zu beherrschen.
Anfangs wollte ich nicht. Ich stand kurz davor, auf seine Worte zu pfeifen und jede Strafe auf mich zu nehmen, die man mir auferlegen würde — so sehr hasste ich mich damals. Aber als er erklärte, dass ich dann in der Lage wäre, anderen zu helfen, die in der gleichen Situation waren wie ich, und vielleicht sogar verhindern konnte, dass sich die Tragödie wiederholte, war das für mich wie ein Licht in der Dunkelheit, weit weg in der Zukunft, aber immerhin. Ich sah darin die vage Chance, meine eigenen Taten wiedergutzumachen.«
»Okay«, sagte Simon gedehnt. »Aber ist das nicht ein merkwürdiger Zufall, dass man dich ausgerechnet mir zugeteilt hat? Einem Jungen, der sich mit demselben Mädchen trifft, das du einst gebissen und in einen Werwolf verwandelt hast?«
»Das ist kein Zufall«, erläuterte Jordan. »Deine Akte war nur eine von einem ganzen Bündel von Fällen, die man mir anbot. Ich habe dich ausgewählt, gerade weil Maia in den Unterlagen erwähnt wurde. Eine Werwölfin und ein Vampir — das ist schon eine ziemlich große Sache. Als ich ihren Namen las, wurde mir zum ersten Mal klar, dass sie sich verwandelt hatte, nachdem ich … nach dem, was ich getan habe.«
»Soll das heißen, du hast vorher nicht ein einziges Mal nachgesehen, ob sie eine Werwölfin geworden war oder nicht? Das erscheint mir irgendwie …«
»Ich hab’s versucht«, unterbrach Jordan ihn. »Die Praetor Lupus sahen das zwar nicht gern, aber ich hab alles in meiner Macht Stehende getan, um herauszufinden, was mit ihr passiert war. Ich wusste, dass sie von zu Hause weggelaufen war, aber da sie auch vorher schon ein ziemlich mieses Leben gehabt hatte, sagte das nicht allzu viel aus. Und es ist ja nicht so, als gäbe es eine Art Einwohnermeldeamt für Werwölfe, wo ich nur nachzuschauen brauchte. lch hab einfach gehofft, dass sie sich nicht verwandelt hat.«
»Das bedeutet also, du hast meinen Fall wegen Maia übernommen?«
Jordan wurde rot. »Ich dachte, wenn ich dich kennenlerne, könnte ich vielleicht herausfinden, was mit ihr passiert ist. Ob es ihr gut geht.«
»Deshalb hast du mich angemacht, als ich mich neben Maia auch noch mit anderen verabredet habe«, sagte Simon nachdenklich. »Du wolltest sie beschützen.«
Jordan warf ihm über den Rand des Kaffeebechers einen langen Blick zu. »Ja und das war vermutlich blöd von mir.«
»Und du bist auch derjenige, der den Zettel mit dem Auftritt der Band unter ihrer Tür durchgeschoben hat. Hab ich recht?« Simon schüttelte den Kopf. »Gehört das Einmischen in mein Privatleben vielleicht auch zu deinen Aufgaben oder war das eher deine persönliche Note?«
»Ich hab sie echt mies behandelt«, erwiderte Jordan. »Und ich wollte nicht, dass ihr das mit einem anderen wieder passiert.«
»Und dabei ist dir nicht eingefallen, dass sie dich beim Auftritt sehen und auf dich losgehen könnte? Wenn sie nicht zu spät gewesen wäre, hätte sie dir vielleicht sogar noch auf der Bühne den Kopf abgerissen. Das wäre mal eine aufregende Zugabe für unser Publikum geworden!«
»Nein, damit hab ich nicht gerechnet«, räumte Jordan ein. »Es war mir überhaupt nicht klar, wie sehr sie mich hasst. Ich meine, ich hasse den Typen, der mich verwandelt hat, doch auch nicht — irgendwie kann ich sogar verstehen, dass er sich in dem Moment nicht im Griff hatte.«
»Ja«, sagte Simon, »aber du hast den Kerl auch nicht geliebt. Du hattest keine Beziehung mit ihm. Maia hat dich geliebt. Sie glaubt, du hast sie gebissen und dann abserviert und nie wieder einen Gedanken an sie verschwendet. Sie hasst dich genauso sehr, wie sie dich einst geliebt hat.«
Bevor Jordan etwas darauf erwidern konnte, ertönte die Türschelle — nicht die Gegensprechanlage unten an der Haustür, sondern die Klingel an der Wohnungstür, die nur direkt im Gang vor der Wohnung betätigt werden konnte. Erstaunt sahen Simon und Jordan sich an.
»Erwartest du jemanden?«, fragte Simon.
Jordan schüttelte den Kopf und stellte den Kaffeebecher ab. Gemeinsam gingen sie in den schmalen Flur. Jordan bedeutete Simon, sich
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