Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon
Würstchen in die Pfanne werfen, erfüllte die Luft. Passanten, die in der Nähe des Fahrzeugs standen, schrien entsetzt auf und machten, dass sie außer Reichweite dieser Höllenmaschine kamen.
In diesem Moment sah Oskar ein Licht aufflammen. Es begann unterhalb der Karosserie auf Höhe der Achsen und breitete sich dann rasch nach oben aus. Mit einem riesigen Satz sprang der Fremde von seinem Fahrzeug herunter. Keinen Moment zu früh, denn schon im nächsten Augenblick stand der Motorwagen in Flammen. Während ihre Kutsche immer schneller Abstand gewann, konnte Oskar sehen, wie ihr Verfolger völlig fassungslos auf sein brennendes Fahrzeug blickte. In einem Akt von Wut und Verzweiflung drehte er sich um und schüttelte ihnen die Faust hinterher.
Humboldt grinste. »Diese Verbrennungsmotoren haben keine Zukunft. Viel zu anfällig. Außerdem sind sie elende Luftverpester. Da lob ich mir doch das gute alte Pferdegespann.« Er wandte sich an den Kutscher. »Pierre, biegen Sie auf die Rue du Saint Denis ab und dann immer weiter in Richtung Norden. Wir müssen zusehen, dass wir aus der Stadt kommen, ehe die Gendarmen die Straßen abriegeln.«
19
Der Norweger stand vor den Trümmern seines Motorwagens. Die Hitze, die von dem schwelenden Holz und den glühenden Metallteilen ausging, war atemberaubend. Beißender Gestank hing in der Luft. Verschmorte Leder- und Gummiteile lagen am Boden verstreut und schwelten vor sich hin. Das Sonnenlicht war getrübt. Eine schwarze Rauchsäule stieg in den Himmel und wurde von dem frischen Wind in alle Richtungen verteilt. Immer mehr Schaulustige fanden sich ein, hielten aber gebührenden Abstand. Vermutlich überlegten sie, was gefährlicher war: das brennende Wrack oder der hagere Mann mit der seltsamen Waffe.
Der Norweger biss die Zähne zusammen. Es war nicht zu fassen. Schon wieder war den Zielpersonen die Flucht gelungen. Und das buchstäblich in letzter Sekunde. Hatte es beim ersten Mal noch wie ein Zufall ausgesehen, so schien es langsam zur Gewohnheit zu werden.
Was war geschehen?
Als er gesehen hatte, wie der Forscher mit seiner Armbrust auf ihn zielte, war er hinter der kugelsicheren Frontverblendung sofort in Deckung gegangen. Das Nächste, an das er sich erinnern konnte, war ein metallisches Klirren gewesen. Der Forscher musste auf den Treibstofftank gezielt haben, der dann auch gleich Feuer gefangen hatte.
Der Norweger hatte sich versichern lassen, dass diese Motorkutschen herkömmlichen Pferdewagen in puncto Schnelligkeit und Sicherheit um ein Vielfaches überlegen waren. Offenbar galt das nicht, wenn man einem Gegner gegenüberstand, der wusste, wo die Schwachstellen dieser Fahrzeuge waren. Den triumphierenden Ausdruck des Forschers würde er nicht vergessen. Er hatte sich ihm wie ein Lichtfleck in die Netzhaut eingebrannt.
Mit schnellen Schritten ging er auf die Stelle zu, wo die Kutsche der Flüchtlinge gestanden hatte. Er würde diesen Forscher erwischen, und wenn es das Letzte war, was er tat. Mittlerweile war es ihm egal, ob er dafür Geld bekam oder nicht. Dies war eine Sache zwischen ihm und Humboldt. Er würde ihn fassen und dann würde er ihn töten. Zum Glück hatte er im Hotel ein paar Gesprächsfetzen aufgeschnappt, als er sich in einem Seitengang versteckt hatte. Die beiden Jugendlichen hatten einen Ort erwähnt und einen Namen. Ein gewisser Rimbault in Le Havre. Nicht gerade viel an Informationen, aber er hatte schon mit weniger arbeiten müssen. Das Wichtigste war jetzt, dass er mobil blieb. Er würde die Gruppe verfolgen müssen und das ging schlecht zu Fuß.
Die Menschenmenge war inzwischen zu einem regelrechten Volksauflauf angewachsen. Der Norweger ging zum Fahrzeug zurück. Er spürte die Blicke der Schaulustigen, als er seinen Hut vom Boden aufhob und den Staub abklopfte. Gerade, als er ihn sich auf den Kopf gesetzt hatte, teilte sich die Menge. Ein hochmütig blickender Gendarm kam auf ihn zugeritten. Seine dunkelblaue Uniform sah aus wie frisch gebügelt und die Epauletten auf seinen Schultern glänzten, als wären sie aus Gold. Der hochgezwirbelte Schnurrbart bebte, als er sein Pferd zum Stehen brachte und sich aus dem Sattel schwang.
»Continuez, Mesdames et Messieurs, continuez.« Mit weit ausholenden Armbewegungen gab er den Schaulustigen zu verstehen, sie mögen sich entfernen.
Als sich die Menschenmenge auflöste, kam er auf ihn zu.
»Que est-ce qui s’est passé, Monsieur? D’où vient cette fumée?«
Der Blick des
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