Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch
herausgefunden hat. Ginge es nach mir, würdest du dafür den höchsten Preis der Akademie erhalten.«
Eliza lächelte. »Als ob ich mir etwas aus Auszeichnungen machen würde. Es sind die Menschen, die mir am Herzen liegen. Was geschieht jetzt mit Oskar?«
»Die Dogon sollen ihn in eines ihrer Schlafhäuser bringen und ihn erst mal ausschlafen lassen. Ich werde ihn später untersuchen. Ich denke aber, dass der Kristall vollständig aus seinem Körper verschwunden ist.« Er stieß einen tiefen Seufzer aus. »Es gab einen Moment, an dem ich gezweifelt habe, ob wir ihn je zurückbekommen werden. Ich glaube, wenn ihm etwas zugestoßen wäre, ich hätte mir das nie verziehen. Ich habe gar nicht geahnt, wie sehr ich an ihm hänge.«
»Das geht uns allen so«, sagte Eliza. »Aber jetzt wird alles wieder gut, ich spüre es.«
Humboldt lächelte und stand auf.
In diesem Moment waren vom unteren Teil des Dorfes her aufgeregte Rufe und Hufgetrappel zu hören. Drei Pferde kamen die steile Rampe empor. Max Pepper ritt voran, dann folgten Harry Boswell und als letzter Patrick O’Neill. In seinem Schlepptau lief Sir Wilson. Gefesselt und angebunden wie ein Sträfling.
Humboldts Ausdruck wurde augenblicklich hart wie Stahl. Mit entschlossenen Schritten ging er auf die drei Neuankömmlinge zu. »Glückwunsch, meine Herren! Wie ich sehe, waren sie erfolgreich.«
»Ein Rudel Wildhunde war uns behilflich!«, rief Max. »Sie haben verhindert, dass er davongelaufen ist. Wir kamen gerade rechtzeitig, um zu verhindern, dass unser Gast in mundgerechte Stückchen zerlegt wurde. Hier ist er also, unser verehrter Jabez Wilson.«
»Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mich mit meinem Titel anreden würden«, knurrte der Meteoritenjäger. »Sir Wilson, so viel Anstand sollte sein.«
»Verzeihen Sie, Euer Exzellenz.« Die Ironie in Max’ Stimme war nicht zu überhören. »Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob Sie Ihren Titel noch lange behalten werden.« Er löste das Seil und trieb Wilson vor sich her.
Der Mann stolperte ein paar Schritte vorwärts, dann blieb er stehen und sandte einen vernichtenden Blick in die Runde. »Wenn ich erst zurück in England bin, werde ich dafür sorgen, dass ihr alle eure verdiente Strafe bekommt«, fauchte er. »Ich habe internationale Kontakte, die sogar in die Vereinigten Staaten und bis nach Deutschland reichen. Ihr werdet euch wünschen, mich niemals kennengelernt zu haben.«
»Das tun wir jetzt schon«, sagte Humboldt. »Was wohl Ihre Kontakte dazu sagen werden, wenn sie erfahren, dass Sie Ihre Männer im Stich gelassen haben und vorhatten, wie ein Strauchdieb zu türmen?«
Wilson spuckte auf den Boden. Sein Gesicht war mit Staub und Schmutz bedeckt, was ihn nur noch unheimlicher aussehen ließ. »Mein Fund wird alle Zweifel bereinigen.«
»Ach ja, Ihr Fund.« Humboldt griff mit einer schnellen Bewegung in die Innentasche seiner Jacke. »Ich fürchte, den werde ich Ihnen abnehmen müssen. Er ist bei Weitem zu gefährlich, um ihn einem skrupellosen Mann wie Ihnen zu überlassen.« Er hielt die Zigarrendose zwischen seinen Fingern und ließ sie aufschnippen. Für jedermann gut zu sehen, lag darin ein Splitter des grünen Kristalls. Humboldt platzierte die Dose auf einem Stein und trat einen Schritt zurück. »Wir werden das Problem gleich an Ort und Stelle lösen.«
Keine dreißig Sekunden später war von dem Kristall nur noch ein qualmendes Häuflein Sand zurückgeblieben. Ein unangenehmer Geruch stieg auf, der vom Wind rasch davongetragen wurde.
Atemlose Stille trat ein. Max konnte kaum fassen, was er da eben gesehen hatte. »Das ist ja ungeheuerlich«, stieß er hervor. »Wie … ich meine … wann …?«
»Ich werde eure Fragen gern zu einem späteren Zeitpunkt beantworten«, sagte der Forscher, »doch ich muss noch einmal zurück, um den Rest dieser widerwärtigen Mineralien zu erledigen. Möchte mich einer der Herren dabei begleiten?«
Ehe jemand antworten konnten, ertönte ein Schrei. Eliza fuhr herum. Was sie sah, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren.
Wilson hatte seine Fesseln zerrissen und war blitzschnell auf Patrick O’Neill zugesprungen. Ehe dieser reagieren konnte, hatte er dessen Messer aus dem Gürtel gezogen, um damit auf den Forscher loszugehen. Im letzten Moment vollführte Humboldt eine Drehung, ohne jedoch zu verhindern, dass der Stahl die Haut oberhalb des rechten Handgelenks ritzte. Blut lief über seine Finger, als er sein Rapier aus dem
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