Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chuzpe: Roman (German Edition)

Chuzpe: Roman (German Edition)

Titel: Chuzpe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lily Brett
Vom Netzwerk:
halten Servietten. Man kann hier kaufen Sachen, was sind alt, und Sachen, was sind neu. Man kann kaufen eine alte Registrierkasse, was ist so gut wie neu. Sie kostet die Hälfte von dem, was kostet die, was ist neu.«
    Edek, dachte Ruth, war ohne jeden Zweifel der Leiter der Vorwärtsabteilung von »Klops braucht der Mensch«. Sonias Firma hatte bereits das Copyright für die Bezeichnung»Klops braucht der Mensch« eintragen lassen. Ruth hatte sich gewundert, daß es noch keinen Copyrightinhaber gab.
    »Was für ein großartiger Name«, hatte Sonia gesagt, nachdem sie zu lachen aufgehört hatte.
    »Ruthie, sie haben sehr gute Stühle hier«, sagte Edek. »Stühle aus Holz. Sie sind sehr bequem, und sie kosten nur dreißig Dollar pro Stück.«
    »Kaufst du die für euer Restaurant?« fragte Ruth.
    »Nein«, sagte Edek. »Die junge Frau, was arbeitet für den Architekten, hat gekauft Stühle für uns auf einer Versteigerung. Sie haben gekostet fünfzehn Dollar das Stück. Ich erzähle dir von den Stühlen hier, weil die Stühle, was du hast, sind nicht bequem.«
    Bei den Stühlen, die Edek meinte, handelte es sich um vierzehn Stühle, die zum Eßzimmertisch gehörten. Es waren Stahlrohrmöbel aus den fünfziger Jahren mit verschiedenfarbenen Rückenteilen und Sitzflächen. Sie waren wunderschön. Und bequem. Sie stammten aus einer Schulkantine.
    »Ich liebe diese Stühle«, sagte Ruth. »Inzwischen würden sie mehr als zweihundertfünfzig Dollar pro Stück kosten.«
    »Das ist meschugge«, sagte Edek. »Die Stühle, was sie hier haben in der Bowery, sind viel bequemer.«

Zwölftes Kapitel
    Ruth beendete die Arbeit an einer weiteren Karte. Das Verfassen der Karten bereitete ihr großes Vergnügen. Bei den Karten war sie weniger festgelegt als bei den Briefen. Und Briefe hatte sie so lange geschrieben. Sie schrieb schon so lange Briefe, daß sie schon lange keine eigenen Briefe mehr schrieb. Ihren Bekannten schickte sie kurze Mitteilungen. Die ersten Karten, die sie entworfen hatte, waren sehr wortreich gewesen. Sie feilte an ihrer Wortwahl. Drückte sich immer treffender aus. Sie bemühte sich, nicht mehr als zehn Wörter zu benutzen. Ihre neue Karte kam mit zehn Wörtern aus.
    DU SOLLST WISSEN
    daß Dein Dasein mein Dasein unermeßlich bereichert
    Ruth fand, daß diese Karte nicht geschlechtsspezifisch war. In jeder Hinsicht. Sie fand, daß Männer sie ebensogut verschicken konnten wie Frauen. Für einen Mann war sie unterkühlt und unsentimental genug. Und sie trug keinen eindeutig heterosexuellen Stempel. Ruth dachte, daß diese Karte als Geburtstagsgruß, als Freundschaftszeichen, als Gratulation zu Gedenktagen oder als Kartengruß für eine neue oder eine alte Liebe dienen konnte. Die Karte war nicht von Zofias und Walentynas Ankunft in New York inspiriert oderentfernt dadurch beeinflußt. Eine Karte, wie Ruth sie Zofia am liebsten geschickt hätte, wäre eher etwas in der Art gewesen wie: Deine Gegenwart ist gegenwärtig kein Anlaß zu ungetrübter Freude. Sie überlegte einen Augenblick lang, ob es für solche Karten einen Markt geben könnte. Wahrscheinlich nicht, dachte sie. So etwas war vermutlich zu boshaft. Ruth hatte geglaubt, die Zeilen zum Spaß hingekritzelt zu haben. Doch es verstörte sie, wie unfreundlich, wie herzlos, wie engherzig diese Botschaft war.
    Patricia Biscuit rief Ruth an. »Ich wollte wissen, wie es mit den Restaurantplänen Ihrer Freunde aussieht«, sagte sie zu Ruth.
    »Sie haben vor, ihr Restaurant mit einem Budget von dreißigtausend Dollar zu eröffnen«, sagte Ruth.
    »Du lieber Himmel!« sagte Patricia Biscuit. »Und wo?«
    »In der Attorney Street«, sagte Ruth.
    »Das kann nicht wahr sein«, sagte Patricia Biscuit.
    »Die Attorney Street geht von der East Houston Street ab«, sagte Ruth.
    »Ich weiß«, sagte Patricia Biscuit. »Ich kenne die Straße.«
    Ruth befürchtete, daß kein Mensch die Ausrufe »Du lieber Himmel« und »Das kann nicht wahr sein« als enthusiastische Reaktion deuten würde.
    Nach dem Lunch beschloß Ruth, einen Abstecher in die Attorney Street zu machen. Sie wollte sehen, was dort vor sich ging. Edek hatte sich in den letzten Tagen auffällig still verhalten. Sie erreichte den Laden. Die Tür stand offen. Ruth blickte hinein. Staubwolken erfüllten den Raum vom Boden bis zur Decke. Schreinerwerkzeug, Installateurswerkzeug und Leitern waren zu sehen. Und mehrere Männer in Handwerkerlatzhosen. Einige von ihnen riefen sich polnische Worte zu. Im Hintergrund

Weitere Kostenlose Bücher