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Chuzpe

Chuzpe

Titel: Chuzpe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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können. Dann sah er sofort wieder Pichler an: „Das heißt, die Feigl hat dort niemand gekannt?“
    Pichler schüttelte den Kopf.
    Eine verworrene Angelegenheit. Ein Handwerksbetrieb, zehn Personen, von denen zumindest zwei ein hieb- und stichfestes Alibi haben und von denen sechs weitere de facto auch ausgeschieden werden können. Blieben Bergmann senior und diese Čudnow. Die Frau konnte man eigentlich auch vergessen, was sollte die für ein Motiv haben? Eifersucht? Nun, wäre möglich. Aber eine Frau erwürgte die andere nicht einfach so. Und wenn, dann sicher nicht mit jener Leichtigkeit, mit welcher die Feigl offensichtlich zu Tode gebracht worden war. Der alte Bergmann? Was konnte der für eine Verbindung mit der Feigl haben? Dem musste man auf jeden Fall nachgehen, denn er hatte die Mittel, er hatte die Möglichkeit, und er war derjenige, der die Tote gefunden zu haben vorgab. Bronstein stolperte über seinen letzten Gedanken und gestand sich ein, den Firmenchef bereits zu seinem Hauptverdächtigen Nummer eins gemacht zu haben.
    Pichler hob derweilen wieder zu sprechen an: „Wir haben uns den Fundort der Leiche natürlich ganz genau angesehen. Nirgendwo waren Spuren von Gewaltanwendung zu finden. Wer immer die Feigl g’macht hat, er musste sich nicht gewaltsam Zutritt zur Werkstatt verschaffen. Auch konnten keinerlei Spuren eines Kampfes festgestellt werden. Es sah beinahe so aus, als hätte das arme Madl geduldig gewartet, bis der letzte Atemzug aus ihrem Körper entwichen war.“
    Bronstein hmmte abermals. „Das heißt, an der ganzen Szenerie war absolut nichts Auffälliges?“
    „Nein, gar nichts.“
    „Wie liegt der Betrieb überhaupt? Ich meine, diese Redergasse. Ist die dicht verbaut? Gibt es eine Verbindung über einen Hinterhof zu einem anderen Haus? Könnte man eventuell von hinten an die Werkstatt gelangen?“
    „Die Redergasse ist eigentlich ein Witz, Herr Major. Die ist gleich ums Eck. Sie besteht aus gezählten drei Häusern. Das Bezirksamt, ein Wohnhaus und dann die Tapeziererei. Zwischen dem Wohnhaus und der Werkstatt klafft seit Jahren eine Baulücke. Direkt hinter dem Betrieb ist das Gleis von der Stadtbahn, und dann kommt der Wienfluss. Von der Seite kommt man an das Haus praktisch nicht heran. Das Gebäude besteht ebenerdig zur Gänze aus der Werkstatt samt einem kleinen Hof, der zum Ein- und Ausladen dient, für Fuhrwerke, Automobile und so weiter. Im ersten Stock befinden sich straßenseitig die Büros, das vom Alten, das vom Junior und eins für die Buchhaltung. Flussseitig gibt es noch eine Wohnung, die der Junior mit seiner Familie bewohnt. Früher war das die Wohnung des Chefs, doch der hat jetzt eine Bleibe im Margaretenhof, ein paar hundert Meter von hier. Die Ehefrau des Juniors ist mit den Kindern seit dem Sommer auf dem Land bei ihren Eltern, heißt es. Wegen des Kriegs und so.“
    „Das heißt, zur fraglichen Zeit dürfte sich in dem Haus also niemand aufgehalten haben.“
    „Genau.“
    Bronstein pfiff durch die Zähne. Der Fall konnte sich als harte Nuss erweisen. Es gab einige Ungereimtheiten, und es würde nicht leicht werden, Licht in die Angelegenheit zu bringen. „Was wissen wir über das Opfer?“, fragte Bronstein endlich.
    „Eigentlich nichts“, entgegnete Pichler und zuckte dabei mit den Schultern.
    „Na ja, so schlimm ist es nun auch wieder nicht“, lächelte der Major. „Sie hieß Hannah Feigl, war zwanzig Jahre alt und wohnte in der Margaretenstraße 76.“
    Pichler machte ein erstauntes Gesicht: „Und woher wissen Sie jetzt das?“
    „Sie hatte einen Ausweis der lokalen Volkshochschule bei sich.“
    Pichlers Erstaunen wuchs: „Wir haben nichts bei ihr gefunden, obwohl wir sie gründlich untersucht haben.“
    „Der Mantel“, mimte Bronstein den Allwissenden. Pichler schlug sich die Faust auf den Oberschenkel. „Verdammt, das haben wir übersehen.“
    „Halb so wild“, begütigte ihn Bronstein, „wir haben es nicht übersehen, und darum sind wir jetzt alle klüger.“ Nach einer kleinen Pause setzte er nach: „Wollen wir uns dort gemeinsam umsehen?“
    Pichler beeilte sich zu nicken: „Es wäre mir eine Ehre, mit der Mordkommission zusammenarbeiten zu dürfen. Aber zuvor sollten wir noch ins Meldeamt gehen. Gleich hier nebenan im ersten Stock. Vielleicht haben die ein paar Daten mehr über diese Feigl.“
    Der Major ließ dem Postenkommandanten den Vortritt und folgte ihm dann. Gemeinsam gingen sie an Singer vorbei. An der Tür des

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