CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
belastet. Laut Bericht hatte dieser in der Woche, in der Präsident Kennedy ermordet wurde, dem kubanischen Agenten Rolando Cubela, der Castro den Tod geschworen hatte, persönlich Hochleistungsgewehre mit Zielfernrohr zu beschaffen versprochen. FitzGerald bestritt das zwar heftig, aber vieles sprach dafür, dass er log.
Am 10.Mai packte Helms seine handschriftlichen Notizen zum Bericht des Generalinspekteurs in seine Aktentasche und suchte den Präsidenten auf. Von einem Protokoll ihres Gesprächs ist nichts bekannt. Am 23.Mai sagte Helms vor dem von Senator Richard Russell geleiteten CIA-Unterausschuss aus. Russell wusste besser als jeder andere Außenstehende über die Angelegenheiten des Nachrichtendienstes Bescheid. Er stand Präsident Johnson näher als sonst jemand in Washington. Im Zusammenhang mit dem Thema der politischen Morde stellte er Helms eine sehr gezielte Frage. Er wollte wissen, wie weit die CIA »in der Lage ist, das Schweigen ehemaliger Mitarbeiter zu garantieren«. Als Helms am gleichen Tag in die Zentrale zurückkehrte, stellte er sicher, dass jedes Stück Papier, das im Zusammenhang mit den Nachforschungen des Generalinspekteurs beschrieben worden war, vernichtet wurde. Das einzige Exemplar des Berichts verschloss er in seinem Safe, wo es die nächsten sechs Jahre über unangetastet blieb.
Helms war sich sehr wohl darüber im Klaren, dass der CIA-Beamte, der die belastendsten Fakten hinsichtlich der Verschwörung gegen Castro kannte, der gefährlich instabile Bill Harvey war, der wegen chronischer Trunksucht als Chef des CIA-Büros in Rom abgesetzt worden war, aber weiter sein Gehalt bezog und in den Fluren der Zentrale herumtorkelte. »Bill pflegte bei irgendwelchen Sitzungen stockbesoffen aufzutauchen«, erzählte Red White, der geschäftsführende Direktor der CIA. »Er trank immer kübelweise Martinis.« White erinnerte sich, dass er in der letzten Maiwoche 1967 mit Des FitzGerald und Jim Angleton in Helms’ Büro zusammenkam. Es ging darum, was man mit Harvey machen sollte. Sie manövrierten ihn mit größter Behutsamkeit aus der Organisation raus und sorgten dafür, dass er sich bequem zur Ruhe setzen konnte. Der Leiter der Sicherheitsabteilung, Howard Osborn, führte den völlig erledigten Harvey zum Mittagessen aus und berichtete danach von »seiner extremen Verbitterung gegenüber der Agency und dem Direktor« und von seiner Bereitschaft, beide zu erpressen, falls er sich in die Ecke gedrängt finde. Harvey sollte vor seinem Tod noch einmal auftauchen und der CIA Schwierigkeiten machen.
»Ein Mann mit einer fixen Idee«
Während dieser Zeit hatte Helms mit großen Schwierigkeiten in seinem Amt zu kämpfen. Im Frühjahr 1967 musste er sich mit einer weiteren Krise in der Zentrale herumschlagen, die ebenso gravierend war wie die tickende Zeitbombe der Mordkomplotte. Einige seiner besten Beamten begehrten gegen die Verschwörungstheorien von Jim Angleton auf.
Mehr als ein Jahrzehnt lang, seit er mit der Hilfe Israels ein Exemplar der geheimen Rede beschafft hatte, in der Chruschtschow mit Stalin abrechnete, genoss Angleton eine Sonderstellung in der CIA. Nach wie vor kontrollierte er die Beziehungen zu den Israelis; außerdem hielt er den Kontakt zum FBI und spielte als Chef der Gegenspionage, als der Mann, der den Nachrichtendienst gegen Infiltration durch kommunistische Spione schützte, eine maßgebliche Rolle. Seine Idee von einem von Moskau geschmiedeten »großen Komplott« fing jedoch an, die Agency zu vergiften. Eine geheime Geschichte des Zentralen Nachrichtendienstes unter dem Direktorat von Richard Helms, die im Februar 2007 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, lässt deutlich werden, welchen Ton und Akzent Angleton in die Arbeit in der Zentrale hineinbrachte.
Mitte der sechziger Jahre hatte Angleton eine Reihe von Ansichten ausgebildet, die, wenn sie zutrafen, auf große Gefahren für die Vereinigten Staaten hindeuteten. Angleton war überzeugt davon, dass die Sowjetunion unter Führung einer Gruppe von Politikern, die an Ausgefuchstheit jede nur denkbare Regierungsmannschaft in den Schatten stellte, dem Westen unversöhnlich feindselig gegenüberstand, dass der Internationale Kommunismus nach wie vor eine unverbrüchliche Einheit bildete und Berichte über einen Bruch zwischen Moskau und Peking nur Teil einer raffinierten »Desinformationskampagne« waren. Ein »ebenso zielstrebiger wie geschlossener sozialistischer Block«, schrieb Angleton 1966, betreibe
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