CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
übergab er dem General einen Bericht über Wisners Operationen mit dem Titel »Subject: Survey of Office of Policy Coordination by Deputy Director of Central Intelligence«, 24.Mai 1951, CIA/CREST. Darin hieß es: »Die Aufgabe (…) übersteigt die Leistungsfähigkeit eines Einzelnen.« Das Büro für politische Koordination (OPC) versuche, »einen weltweit operierenden, in mancherlei Hinsicht einer Streitmacht vergleichbaren Apparat« aufzubauen, ohne über ausreichend Kontrolle, Personal, Ausbildung, Logistik oder Fernmeldeeinrichtungen zu verfügen. »Es besteht«, so Jacksons Bericht, »eine große Kluft zwischen den am höchsten und den am wenigsten qualifizierten Abteilungsleitern. Die Einsatzverpflichtungen übersteigen die Fähigkeit, qualifizierte Mitarbeiter anzuwerben.«
Sie veranschlagten 587 Millionen Dollar : »CIA/Location of Budgeted Funds/ Fiscal Year 1953«, ein Dokument aus dem Aktenmaterial des Abgeordneten George Mahon, eines der vier Parlamentarier, die Kenntnis vom CIA-Budget hatten. Als David Barrett, Professor an der Villanova University, dieses Dokument im Jahr 2004 entdeckte, veränderte sein Fund die ganze Geschichtsschreibung. Seit fast 30 Jahren hat jedes Buch über die CIA getreulich wiedergegeben, was die Untersuchungsbeauftragten des Senats im Jahr 1976 herausfanden: 1952 habe Wisners Etat 82 Millionen Dollar betragen. Diese Zahl ist eindeutig falsch. In Wahrheit lag der OPC-Haushalt 1952 ungefähr vier Mal höher als bislang angegeben.
90 »eine unverkennbare Gefahr« : Dienstbesprechung beim CIA-Direktor, 14.November 1951, CIA/CREST. Die Protokolle der täglichen Besprechungen zwischen dem CIA-Direktor, seinen Stellvertretern und engsten Mitarbeitern sind enthalten in gerade erst freigegebenen und durch CREST bereitgestellten Akten und verschaffen einen Eindruck von den Auseinandersetzungen in der CIA. In den Protokollen dieser Besprechung heißt es: »Der Direktor möchte, dass sie [Dulles und Wisner] das OPC scharf unter die Lupe nehmen. Paramilitärische Operationen sollten vom übrigen Haushalt ebenso getrennt werden wie alle Operationen, die nicht der Nachrichtenbeschaffung dienen. Er ist der Ansicht, dass wir einen Punkt erreicht haben, an dem der Umfang unserer OPC-Operationen eine unverkennbare Gefahr für die CIA als Nachrichtendienst bedeutet.«
Bedell Smith erkannte, dass die Vereinigten Staaten »für diese Art Krieg keine Strategie besitzen« – gemeint war die Wisnersche Art von Krieg. »Preliminary Staff Meeting, National Psychological Strategy Board«, 8.Mai 1951, CIA/CREST. Zu Dulles und Wisner sagte er: »Für diese Art Krieg haben Sie keine Strategie, die von der Regierung grundsätzlich gebilligt worden wäre. (…) Obwohl wir Ausrüstung und Vollmachten haben, machen wir die Arbeit nicht, die wir machen sollten.«
Mehrmals versuchte Bedell Smith, Wisner die Leitung der paramilitärischen Operationen aus der Hand zu nehmen. Dienstbesprechung beim CIA-Direktor, 16.April 1952, CIA/CREST. Vergeblich wies er darauf hin, dass sie weit über das hinausgingen, was der Nationale Sicherheitsrat in seiner Weisung NSC 10/2, dem 1948 verabschiedeten Manifest der politischen Kriegführung, ins Auge gefasst hatte. Aber Außen- und Verteidigungsministerium wünschten die Ausweitung der Geheimaktionen, und zwar »in erheblichem Maß«. Bedell Smith an den Nationalen Sicherheitsrat, »Scope and Pace of Covert Operations«, 8.Mai 1951, CIA/CREST. Seine Warnung, »bedauerliche Vorfälle oder gravierende Fehler [nicht] zu verschweigen« oder »zu beschönigen«, äußerte er am 21.August 1951, bei der täglichen Dienstbesprechung, CIA/CREST. Schon mehrere Tage zuvor hatte er Wisner und andere hohe CIA-Beamte dringend gebeten, »sich sehr ernsthaft mit dem Problem der erfundenen und gefälschten Nachrichten in Informationsquellen zu befassen«. Protokoll der Dienstbesprechung vom 9.August 1951, CIA/CREST.
Die seit neuestem zugänglichen CREST-Akten zeigen, was Bedell Smith übernommen hatte: »eine Art Heiliges Römisches Reich, in dem die Adelsherren ihre Einzelinteressen verfolgten, ohne dass derjenige, der dem Namen nach ihr Kaiser war, sie mit Erfolg steuern und kontrollieren konnte«. So formuliert es Ludwell Lee Montague, sein persönlicher Vertreter im Nationalen Sicherheitsrat, der auch notiert, dass dem General »der Verdacht kam, Dulles und Wisner (…) könnten ihn am Ende in irgendein schlecht geplantes und verhängnisvolles Abenteuer hineinziehen«. CIA/LLM,
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