CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
Verlust unschuldiger Menschenleben gut in kommunistische Propaganda passen und uns alle Bevölkerungsgruppen entfremden würden.«
Bissell teilte Dulles mit, dass »das Ergebnis der Bemühungen zum Sturz der Regierung von Präsident Arbenz in Guatemala nach wie vor höchst ungesichert ist«. In der CIA-Zentrale »waren wir alle mit unserem Latein am Ende und wussten nicht, was tun«, schrieb Bissell Jahre später. »Da wir mit einem immer wieder chaotischen Operationsverlauf zu kämpfen hatten, war uns nur allzu klar, wie gefährlich nahe wir dem Scheitern waren.« Dulles hatte Castillo Armas nicht mehr als drei Thunderbolt-Kampfbomber vom Typ F-47 bewilligt – aus Gründen der eventuellen Distanzierung. Zwei davon waren nicht mehr gebrauchsfähig. Jetzt aber, so erinnert sich Bissell in seinen Memoiren, »ging es nicht nur um das Ansehen der Agency, sondern auch um sein eigenes«.
Während Dulles sich noch auf ein Treffen mit dem Präsidenten vorbereitete, genehmigte er insgeheim einen weiteren Luftschlag gegen die Hauptstadt. Am Morgen des 22.Juni setzte die einzige Maschine, die noch für die CIA flog, in den Außenbezirken der Stadt einen kleinen Öltank in Brand. In 20 Minuten war das Feuer gelöscht. »Öffentlicher Eindruck ist, dass Angriffe unglaubliche Schwäche, mangelnde Entschlusskraft und ängstliches Bemühen beweisen«, tobte Haney. »Was Castillo Armas macht, von vielen als Farce beschrieben. Stimmung gegen Commies und Regierung fast gleich null.« Er kabelte direkt an Dulles und forderte umgehend mehr Flugzeuge.
Dulles griff zum Hörer und rief William Pawley an, einen der reichsten Geschäftsleute der Vereinigten Staaten, den Vorsitzenden der »Demokraten für Eisenhower«, der Ike in den Wahlen von 1952 besonders viel Spenden hatte zukommen lassen und als Berater für die CIA tätig war. Wenn überhaupt einer, dann war es Pawley, der eine geheime Luftwaffe besorgen konnte. Danach schickte Dulles Bissell zu Walter Bedell Smith, den die CIA täglich zur Operation »Success« konsultiert hatte, und der General gab der inoffiziellen Bitte um Flugzeuge statt. Doch in letzter Minute kam heftiger Widerspruch von Henry Holland, dem für das Lateinamerika-Referat zuständigen Unterstaatssekretär im Außenministerium, der sie aufforderte, zum Präsidenten zu gehen.
Am 22.Juni nachmittags um 14 Uhr 15 betraten Dulles, Pawley und Holland das Oval Office. Eisenhower fragte, wie groß die Erfolgschancen der Rebellion zur Zeit seien. Gleich null, bekannte Dulles. Und wenn die CIA mehr Flugzeuge und Bomben hätte? Vielleicht 20 Prozent, schätzte Dulles.
In ihren Erinnerungen geben Eisenhower und Pawley das Gespräch fast ohne Abweichung wieder – mit einer Ausnahme. Der Präsident tilgte Pawley aus der Geschichte, und klar ist, warum: Er schloss einen Geheimdeal mit seinem politischen Wohltäter. Bei Pawley heißt es: »Ike wandte sich mir zu und sagte: ›Bill, ziehen Sie los und beschaffen Sie die Flieger.‹«
Pawley rief bei der Riggs Bank an, die nur einen Straßenblock vom Weißen Haus entfernt lag. Dann telefonierte er mit dem Botschafter von Nicaragua in den Vereinigten Staaten. Er holte 150 000 Dollar in bar von der Bank und fuhr mit dem Botschafter ins Pentagon. Pawley übergab das Geld einem Offizier, der sofort drei Thunderbolts in den Besitz der nicaraguanischen Regierung übergehen ließ. Am selben Abend trafen die Flugzeuge, vollständig bewaffnet, aus Puerto Rico in Panama ein.
Kurz vor Tagesanbruch flogen sie in die Schlacht und ließen ein Sperrfeuer gegen eben jene guatemaltekischen Truppen los, deren Gefolgschaft das Herzstück des Plans zum Sturz von Arbenz bildete. CIA-Piloten beschossen Militärzüge, die Soldaten an die Front brachten. Sie warfen Bomben, Dynamit, Handgranaten und Molotowcocktails ab. Sie sprengten einen Rundfunksender, den christliche Missionare aus den USA betrieben, und versenkten einen britischen Frachter, der an der Pazifikküste lag.
Auf dem Boden gelang es Castillo Armas nicht, auch nur einen Zentimeter voranzukommen. Er trat den Rückzug an und bat die CIA über Funk um mehr Flugzeuge. Die »Stimme der Befreiung«, deren Funksignale über einen Transponder auf dem Dach der amerikanischen Botschaft weitergeleitet wurden, strahlte schlau gemachte Falschmeldungen aus, denen zufolge Tausende von bewaffneten Rebellen aus allen Richtungen auf die Hauptstadt zumarschierten. Aus Lautsprechern auf dem Botschaftsdach kam vom Tonband der Lärm aufsteigender
Weitere Kostenlose Bücher