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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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Präsidentschaftswahlen standen in genau siebeneinhalb Monaten bevor. Senator John F. Kennedy und Vizepräsident Nixon hatten in der Woche zuvor die Vorwahlen ihrer Parteien in New Hampshire mit jeweils großem Abstand gewonnen.
    General Andrew Goodpaster, Eisenhowers Stabssekretär, machte auf diesem Treffen einige Notizen. Darin heißt es: »Der Präsident sagt, er kenne keinen besseren Plan … Das große Problem sind undichte Stellen und die Sicherheit … Alle Beteiligten müssen beschwören können, dass sie nie von dem Plan gehört haben … Unsere Handschrift sollte bei keiner Aktion erkennbar sein.« Eigentlich hätte die CIA nicht daran erinnert werden müssen, dass laut Satzung jede ihrer Handlungen Geheimhaltung erforderte, um sicherzustellen, dass keinerlei Indiz auf den Präsidenten zurückweise. Eisenhower war indessen darauf bedacht, dass die CIA alles tat, um die Angelegenheit geheim zu halten.
    »Wir mussten für diese Lüge bezahlen«
    Präsident Eisenhower und Dick Bissell hatten sich in einer zunehmend heftiger werdenden Auseinandersetzung über die Wahrung eines der bestgehüteten Geheimnisse verhakt: die U-2-Spionageflüge. Seit seinen Gesprächen mit Chruschtschow in Camp David sechs Monate zuvor hatte Eisenhower keinerlei Aufklärungsflüge über sowjetischem Territorium mehr gestattet. Chruschtschow war aus Washington zurückgekehrt und hatte sich lobend über Eisenhowers mutiges Streben nach einer friedlichen Koexistenz geäußert. Der US-Präsident wollte mit dem »Geist von Camp David« in die Geschichte eingehen.
    Bissell kämpfte, so hartnäckig er konnte, für eine Wiederaufnahme der geheimen Spionagemissionen. Der Präsident war hin- und hergerissen. Denn die Informationen, die die U-2 auf ihren Flügen zusammentrug, hätte er wirklich gern gehabt.
    Ihm war daran gelegen, jene »Raketenlücke« zu schließen, denn CIA, Luftwaffe, Militärausrüster und Politiker beider Parteien behaupteten ja fälschlicherweise, dass die Sowjets einen wachsenden Vorsprung bei den Nuklearwaffen hätten. Die offiziellen Schätzungen der CIA über die militärische Stärke der UdSSR beruhten nicht auf Geheimdienstinformationen, sondern auf Interessenpolitik und Ratespielen. Seit 1957 hatte die CIA dem Präsidenten erschreckende Berichte darüber vorgelegt, dass der sowjetische Aufbau atomwaffenbestückter Interkontinentalraketen weitaus schneller und in viel größerem Umfang als beim amerikanischen Raketenarsenal vonstattengehe. Im Jahr 1960 malte die CIA gar eine tödliche Bedrohung für die USA an die Wand. Sie machte den Präsidenten glauben, dass die Sowjets im Jahr 1961 fünfhundert einsatzbereite Interkontinentalraketen haben würden. Diese Schätzungen wurden vom Strategischen Luftkommando zur Grundlage eines geheimen Erstschlagplans gemacht, dem zufolge mehr als 3000 nukleare Sprengköpfe für die Zerstörung sämtlicher Städte und Militärbasen zwischen Warschau und Peking eingesetzt werden sollten. Moskau besaß zu dieser Zeit allerdings keine 500 Atomraketen, die auf die Vereinigten Staaten gerichtet waren. Aufgestellt waren ganze vier Stück.
    Fünfeinhalb Jahre lang war der Präsident in Sorge, durch die U-2-Flüge könnte ein Dritter Weltkrieg ausgelöst werden. Falls das Flugzeug über der Sowjetunion herunterkäme, könnte jede Aussicht auf Frieden mit in den Abgrund gerissen werden. In den vier Wochen nach den Gesprächen von Camp David hatte Eisenhower jeden weiteren Plan für eine U-2-Mission abgelehnt. Einmal mehr machte er Allen Dulles unverblümt deutlich, dass es ihm wichtiger sei, durch Spionage etwas über die Absichten der Sowjets in Erfahrung zu bringen, als Einzelheiten über ihr militärisches Potenzial herauszubekommen. Nur Spione, nicht aber Hightech-Spielzeug könnten ihm etwas über die Angriffsabsichten der Sowjets verraten.
    Ohne dieses Wissen, so der Präsident, seien die U-2-Flüge ein »provokatives Nadelstechen, das sie auf die Idee bringen könnte, wir seien ernsthaft darauf aus, (mit einem Überraschungsangriff) ihre Militäranlagen kaputt zu bomben.«
    Am 16.Mai 1960 sollte in Paris ein Gipfeltreffen zwischen Eisenhower und Chruschtschow stattfinden. Der US-Präsident hatte die Sorge, sein größter Trumpf, nämlich sein Ruf als ehrlicher Politiker, könne Schaden nehmen, falls eine U-2 runterkäme, während die Vereinigten Staaten zugleich, nach seinen Worten, »scheinbar ehrliche Verhandlungen« mit den Sowjets führten.
    Eigentlich lag die Befehlsgewalt

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