Ciao Papa
machte ihr schwer zu schaffen. Sie lächelte, so gut sie konnte, der Unterkiefer und die Lider hingen herunter.
»Lilia! Was ist los? Du hast mich erschreckt.«
»Ich habe in meinem Badezimmer kein warmes Wasser«, konnte sie noch knapp artikulieren.
»Wie seltsam! Ich habe erst gerade geduscht, und das Wasser kam kochend heiß aus der Leitung. Nimm doch hier ein Bad. Es ist ein bisschen unordentlich, aber du wirst schon wissen, wie Junggesellen-Badezimmer aussehen.«
Sie lächelte, die Hand, mit der sie sich am Türrahmen aufstützte, rutschte aus und sie schlug gegen das harte Holz. Ich glaubte, sie falle hin, aber sie fing sich auf wie ein Profiboxer nach einem üblen Schlag. Die Jugend.
»Und was führst du im Schilde, so elegant um diese Zeit?«, fragte ich galant.
»Du hast mich noch nicht gesehen, wenn ich elegant bin … Sie schlafen alle.«
»Sie schlafen alle?«, fragte ich. »Wer?«
»Der Onkel, die Tante, Cipriano … alle schlafen sie.«
Sie lächelte mich an, und ich hatte den Eindruck, sie blinzle mir zu. Aber ihr Lid blieb geschlossen.
»Komm herein, ich lass dir ein Bad ein«, sagte ich.
Ich drehte das warme Wasser auf und ließ ein Minimum an kaltem Wasser ein. Ich wusste, sie war nicht mehr sehr empfindlich, aber bei lebendigem Leib verbrennen wollte ich sie auch nicht.
Ich ging ins Zimmer zurück. Lilia lag ausgestreckt auf einem äußerst kitschigen Sofa, ein Geschenk der Tante. Sie kämpfte noch immer heroisch gegen den Schlaf an. Da fielen ihr die Augen bei halb offenem Mund vollends zu. Wie durch ein Wunder kam sie noch einmal zu sich. Ein Schiedsrichter hätte den Kampf abgebrochen.
»Wollen wir noch einen Whisky trinken und dann schlafen wie Engelchen?«, schlug ich vor.
Sie gab eine Art Seufzer von sich, und ich streckte ihr das Glas hin, das ihr aus der Hand fiel. Sie kotzte eine Riesenmenge einer klebrigen Masse, in der man die Nudeln und den Wein ausmachen konnte. Ich legte eine Decke über sie und drehte die Wasserhähne zu. Ich zog die Pantoffeln aus und stieg hinunter in den Salon.
Der Onkel und die Tante schnarchten mit offenem Mund. Ich nahm ihm die falschen Zähne aus dem Mund, knüpfte ihm den Hausmantel gut zu und legte den Onkel in den Sessel. Ich getraute mich nicht, der Tante die falschen Zähne aus dem Mund zu nehmen. Sie hätte mir das nie verziehen. Ich bedeckte sie mit einem Gobelin, machte die Lichter aus und ging in die Küche.
Cipriano war auf den Marmorboden gefallen, auch sein Mund stand halb offen. Er blutete leicht aus der Nase. Er hatte etwas von einem ermordeten römischen Kaiser an sich. Ich untersuchte seine Nase. Sie war nicht gebrochen, nur ein wenig angeschwollen. Ich nahm ihm seine Schuhe und die Pistole weg. Ich schmiss die Schuhe aus dem Fenster und behielt die Pistole und all sein Geld.
Ich ging in den Garten hinaus, wo ich meine Schuhe und meinen Anzug fand. Ich zog mir beides an und band mir die gelbe Krawatte um, kletterte auf den Eukalyptus, auf den ich in meiner Kindheit so oft geklettert war, und sprang wie ein Jaguar über die Grundstücksmauer. Ich war schon auf der Straße und unterwegs zu Negrito Epilepsia, als ich zu mir sagte: »Tomassini, du bist in der Form deines Lebens!«
Blas nicht zum Sieg, bevor es so weit ist …, sagte der Luzide, der bis zu diesem Moment nicht von mir gewichen war. Ich ging die vertraute Straße entlang wie ein junger Kater in einer Liebesnacht. Ich dachte noch immer an Roxana. Die Pistole drückte mich am Bauch, und meine Beine trugen mich, als wäre ich leicht wie Rauch.
5
Ich war keine zwei Straßen von Negrito Epilepsia entfernt, als ich eine Streife erblickte. Es waren Provinzbullen. Ich konnte die Pistole gerade noch in einen dunklen Garten werfen. Der übliche Ablauf. Hände gegen die Wand, Beinchen auseinander. Der Typ mit der Maschinenpistole hatte eine Zigarette im Mund und zielte nervös auf mich. Er war der Offizier. Die anderen drei, alle mehr oder weniger besoffen, richteten ihre Hinterlader-Karabiner und eine Pistole auf mich. Ausweispapiere, wohin unterwegs, woher, berufliche Tätigkeit. Sie betatschten meine Eier und meinen Arsch.
»Ich bin auf dem Nachhauseweg. Ich war zu Besuch im Hause meines Onkels, um meinen Geburtstag zu feiern. Vorne auf der Avenida nehm ich mir ein Taxi.«
»Ihr Geburtstag war gestern«, sagte der Offizier mit tiefsinnigem Blick, als er meine Dokumente kontrollierte.
»Ja, aber mein Onkel hat es vorgezogen, heute zu feiern, da wir Sonntag haben.«
Der
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