Ciao Tao
ist schließlich auch dein Etat. Aber du sitzt hier die ganze Zeit schweigend rum und malst dein blödes Notizbuch voll. Was schreibst du da eigentlich?«
»Was schreibst du da eigentlich«, las Brauer mit monotoner Stimme vor. Durch seinen schwarzen Rollkragenpullover wirkte sein leicht teigiges Gesicht noch blasser als gewöhnlich. Er sah aus wie der Klassensprecher einer Klosterschule. Eckerts Gesichtsfarbe wurde noch eine Spur dunkler. Camparifarben.
»Sehr witzig, Wolfgang. Seid Ihr denn alle wahnsinnig? Mit welchen Typen arbeite ich hier eigentlich? Meint ihr vielleicht, nur weil ich euch alle noch nicht gefeuert habe, seid ihr gut?«
»Und umgekehrt«, sagte ich. »Daß wir alle noch hier sind, heißt noch lange nicht, daß Ihre Agentur gut ist.«
»Vielleicht sollten wir jetzt einfach mal über die Kamphausen-Präsentation sprechen«, sagte Sigi und setzte sein berühmtes Alfred-Biolek-Woody-Allen-Lächeln auf, das die dicksten Bomben entschärfen konnte. Sigi war ein Sympath. Und das Schlimmste war, daß er das wußte. Eckert warf ihm einen mörderischen Blick zu, der wirkungslos an Sigis Phlegma abprallte. Sigi lächelte noch mehr. Eckert brachte ein Grinsen zustande.
»O.k., fangen wir noch mal an.«
Bei der Kamphausen-Präsentation ging es um die Einführung eines neuen Medikaments gegen Allergien. Im Mittelpunkt unserer Konzeption stand ein Magazin, das an Ärzte verschickt werden und in Wartezimmern ausliegen sollte. Es war aufgemacht wie ein Zeitgeistmagazin. Nur, daß es eben nicht >Tempo< oder >Wiener< hieß, sondern >JUCKREIZ — Das Magazin für alle, die allergisch reagieren<. Und es informierte darüber, wie Allergien entstehen, wie man sie vermeidet und wie das neue Medikament dabei helfen konnte. Es war sehr liebevoll und witzig gemacht, und wir sahen schon alle einen Goldmedaillen-Regen vom Art Directors Club auf uns zukommen. Leider hatte Dr. Caspari allergisch reagiert. Und selbst Eckerts Beschimpfungen, die ich in Sigis Zimmer abgehört hatte, waren wohl vergeblich gewesen.
»Der Versager hat Schiß, daß der Kamphausen-Vorstand unsere Idee nicht versteht. Wir haben noch zwei Tage. Also los jetzt. Reinartz, sagen Sie was. Sie sind doch hier der Gag-Man.«
Und Sie sind hier doch wohl der Creative-Director, dachte ich. Eckert hatte schließlich einen Wissens-vorsprung. Wahrscheinlich würde er jetzt wieder seine alte Masche abziehen. Zuerst Sigi und mich ein bißchen herumspinnen lassen und dann so tun, als ob er, der große Zampano, mal wieder ganz plötzlich die geniale Idee hätte. Dabei hatte er zu Hause längst alles ausgebrütet. Im Grunde wußten das alle, und Eckert wußte, daß es alle wußten. Aber hin und wieder brauchte er dieses Ritual: Eckert, das Genie.
Also gut. Ich warf Eckert den Ball zu.
»Warum machen wir nicht einfach eine Kampagne, wie sie HSR & S machen würde? So wie diese Lebensmittelgeschichten für Rewe. Headlines wie >Kohl regelt den Haushalt< oder so.«
»Ich kann diese Kalauer nicht ausstehen, Reinartz, und Sie wissen das genau. Wenn wir uns beide hier eine halbe Stunde einsperren lassen, kommen wir mit 2 oo von diesen Kalauern heraus. Nein, nein, nein. Jetzt hört mal zu. Auch du, Wolfgang. Mach dein verdammtes Notizbuch zu. Wer Notizen macht, ist ein Versager. Hör lieber hin. Wir machen jetzt eine ganz klassische Announcement-Kampagne. Riesige Headlines und darunter nur ganz klein eine von diesen Pillen und ganz wenig Copy. Merk dir das, Reinartz. Schreib nicht wieder den ganzen Ben Hur da drunter. Geben Sie mal ein Blatt, Schulze, vielleicht können Sie das ja wenigstens.«
Schulze schob ihm ein paar Bögen rüber. Seine Augen flackerten. Eckert nahm seinen dicken Montblanc und drückte riesige Lettern auf das arme Papier.
»Das... Ende... der... Allergien. Verstehen Sie, Herr... eh...«
»Sigi«, sagte Sigi, der eigentlich Siegfried Krehl heißt, »Herr Sigi. Ich verstehe schon. Sie meinen dicke fette Minneapolis-Headlines.«
»Genau. Endlich einer, der mich versteht. So, und das alles will ich im > Stern <, in der WamS und in der BamS und am besten noch in der >Hör zu<. Alles klar, Schulze? Was sitzen Sie hier noch rum. Fangen Sie mit dem Media-Plan an!«
»Für >Hör zu< und WamS und BamS ist der Etat doch viel zu klein, Herr Eckert«, sagte Schulze vorwurfsvoll.
»Viel zu klein ist allenfalls Ihr Verstand, Schulze. Los, machen Sie schon.«
Schulze starrte Eckert fassungslos über seine kleinen Brillengläser hinweg an. Seine Augen
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