Cinderella kehrt zurück
irgendwo brenzlig wurde, war er einer der Ersten, der das Gebäude stürmte, und darauf hat er sich auch etwas eingebildet. Er konnte mit jeder noch so schwierigen Situation umgehen oder jedenfalls mit fast jeder. Beim letzten Mal hatte nämlich jemand einen Sprengstoffsatz gelegt, und als Alika die Tür aufbrechen wollte …“
Immer wenn sie daran dachte, schossen ihr die Tränen in die Augen. Schnell blinzelte Eden sie weg. „Na ja, er hat es nicht überlebt.“
„Das tut mir wirklich leid.“ Cam umschloss ihre Füße und drückte sie fest. Dann schwieg er und überließ damit ihr die Entscheidung, ob sie weiter darüber reden oder lieber das Thema wechseln wollte.
Da Eden das Schlimmste schon hinter sich hatte, beschloss sie, die Geschichte zu Ende zu erzählen. Sie wartete ein bisschen, bis sie ihre Gefühle wieder einigermaßen im Griff hatte, und redete dann weiter: „Es ist vor etwas über einem Jahr passiert, kurz vor Weihnachten. Dadurch bin ich in ein tiefes schwarzes Loch gefallen, und mein Beruf hat mich auch nicht gerade glücklicher gemacht. Darum habe ich beschlossen, noch einmal ganz neu anzufangen.“
„Du willst also nichts mehr mit Mördern und Totenschädeln zu tun haben – und mit Polizisten möglichst auch nicht“, fasste Cam zusammen.
Damit hatte er die Sache hervorragend auf den Punkt gebracht. Allerdings dürfte sie dann auch nichts mit ihm zu tun haben. Dabei konnte sie sich im Moment nichts Schöneres vorstellen, als mit ihm zusammen zu sein, sich von ihm die Füße massieren zu lassen …
Dabei musste es aber auch bleiben. Was Cam eben gesagt hatte, stimmte nämlich: Mit der Polizei wollte sie ab sofort nichts mehr zu tun haben – weder beruflich noch privat. Am besten, sie sagte ihm das sofort ehrlich ins Gesicht.
„Als ich mich damals in Alika verliebt habe, hielt ich mich für die ideale Polizistenehefrau. Ich hatte ja selbst viel mit der Polizei zu tun und wusste deswegen ziemlich genau, was auf mich zukommen würde. Ich war eben gerade keine von diesen Frauen, die sich von der schönen Uniform blenden lassen und sich nicht der unangenehmen Realität stellen wollen …“
„Solche Ehen halten meistens nicht lange“, warf Cam leise ein.
„Aber wir hatten ja eine ganz andere Basis, dachte ich. Ich dachte, ich wäre auf alles gefasst, mich könnte nichts mehr aus der Ruhe bringen.“
„Und damit hast du dich geirrt.“
„Ja, bloß hatte das gar nichts mit seinem Beruf zu tun, sondern eher etwas mit ihm als Person. Und dadurch, dass ich mich so gut mit der Polizeiarbeit auskannte, wurde alles nur noch schlimmer.“
„Du wusstest zu viel.“
„Stimmt. Ich wusste genau, wie gefährlich es für ihn werden konnte, mit was für Leuten er da jeweils zu tun hatte. Ich wusste, dass diese Einsätze jederzeit nach hinten losgehen konnten …“
Cam verzog das Gesicht. „Das war bestimmt nicht leicht für dich. Du hast ja durch deine Arbeit schon oft miterlebt, wie andere …“
„Es war einfach schrecklich. Und gerade weil ich mich mit diesen Dingen auskannte, hat Alika mir auch wirklich nichts verschwiegen. Er hat mir im Detail erzählt, was bei ihm als Nächstes anstand, hat mich über jede noch so riskante Razzia informiert. Und ich habe die ganze Zeit auf die Uhr gesehen und bin jedes Mal zusammengezuckt, wenn ich einen Krankenwagen gesehen oder gehört habe oder wenn es an der Tür geklingelt hat.“
Ihre Stimme brach, und Eden schluckte. Sie wartete einen Moment, dann erst konnte sie weitersprechen: „Und dann … in dieser einen schrecklichen Nacht kurz vor Weihnachten … hat wirklich jemand wegen Alika bei mir an der Tür geklingelt. Sie hatten noch einen Krankenwagen gerufen, aber jede Hilfe war zu spät gekommen …“
Cam sah sie schweigend an, während sie mit ihren Gefühlen kämpfte. „Wusstest du denn von Anfang an, dass dein Mann immer an vorderster Front mit dabei war? Oder hast du das erst herausgefunden, als ihr schon verheiratet wart?“
Eine sehr scharfsinnige Frage, fand Eden.
„Nein, das hatte ich vorher nicht gewusst“, bestätigte sie. „Privat war Alika ganz anders als im Beruf. Da war er der harte Polizist. In seiner Freizeit war er aber ein charmanter, völlig unverkrampfter, netter Mensch. Er ist regelmäßig ins Fitnessstudio gegangen und sah auch entsprechend aus – mir hat das natürlich gut gefallen. Erst als wir verheiratet waren, ist mir klar geworden, dass er in seiner Polizistenrolle ganz anders war als mir gegenüber.
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