Cinderella kehrt zurück
überall etwas Schlimmes passieren. Ich wollte damit nur sagen, dass in Northbridge die Wahrscheinlichkeit nicht besonders groß ist.“
„Die Wahrscheinlichkeit scheint aber immer größer zu werden. Als ich noch klein war, gab es hier nämlich nur zwei Polizisten. Inzwischen seid ihr sogar schon zu viert. Das spricht ja nicht gerade dafür, dass hier so wenig passiert.“
„Nein, das liegt eher daran, dass die Stadt inzwischen deutlich mehr Einwohner hat. Trotzdem ist Northbridge immer noch viel sicherer als jede Großstadt.“ Er setzte sich auf die Armstütze, sodass er Eden jetzt etwas näher war. Dann stützte er die Hände auf die Oberschenkel und lehnte sich zu ihr vor. „Außerdem habe ich ganz andere Aufgaben als dein Mann. Selbst wenn hier mal etwas Schlimmes passieren sollte, schicken sie mich nicht gleich als Ersten los“, sagte er ruhig.
Eden war so bewegt, dass ihr die Tränen in die Augen schossen. Aber aus irgendeinem Grund schluckte sie sie herunter und sah ihn trotzig an. „Ein Polizist lebt immer gefährlich. Stell dir vor, du hältst einen von diesen Rasern an, und er zieht auf einmal eine Waffe aus der Tasche und schießt auf dich! Oder irgendein Student geht im Vollrausch auf dich los … oder du gerätst in einen Ehestreit … Es kann immer etwas Schlimmes passieren, selbst wenn du nicht die gleichen Aufgaben hast wie Alika.“
„Stimmt, aber das gilt doch für uns alle, oder? Auch wenn ich kein Polizist bin, kann ich immer noch sonntags auf dem Weg zum Gottesdienst überfahren werden oder von der Leiter fallen und mir das Genick brechen oder einen Herzschlag bekommen. So ist eben das Leben.“
„Natürlich kann immer etwas passieren, aber wenn du ausgerechnet bei der Polizei arbeitest, lauern überall Gefahren“, widersprach sie ihm. Sie wünschte, ihre Stimme würde dabei fester klingen. „In so einem Beruf verdoppelt, verdreifacht oder vervierfacht sich dein Risiko. Als ich solche Angst um Alika hatte, konnte ich mir ja immer noch einreden, dass ich bloß überängstlich war und dass schon nichts passieren würde – aber dann ist doch etwas passiert. Verrat mir bitte mal, wie ich mich jetzt noch beruhigen soll, wenn ich wieder Angst bekomme!“
„Eden, was passiert ist, hatte ganz viel mit deinem Mann zu tun, mit seiner Art und seinen besonderen Aufgaben. Bei mir ist das aber alles anders. Und wir sind hier in Northbridge“, wiederholte Cam.
„Wo wir sind, spielt doch überhaupt keine Rolle“, beharrte Eden.
„Das spielt sogar eine riesengroße Rolle“, gab er frustriert zurück. „Jetzt sei doch nicht wieder so verbohrt wie früher auf der Highschool!“
„Wie bitte?“ Eden sah keinerlei Zusammenhang zwischen ihrem jetzigen Gespräch und ihren Auseinandersetzungen vor vierzehn Jahren.
„Ja, damals hast du mir die Schuld an allem gegeben, was andere dir angetan haben. Und jetzt gibst du uns keine Chan ce, weil du an dem Irrglauben festhältst, dass Polizist gleich Polizist ist. Dabei willst du überhaupt nicht sehen, dass dein Mann völlig anders gearbeitet hat als ich.“
„Mit der Highschool hat das überhaupt nichts zu tun.“ Edens Stimme überschlug sich.
„Doch, hat es wohl, wenn du mich jetzt einfach so abweist, weil du mit einem anderen Menschen unter ganz anderen Bedingungen etwas ganz anderes erlebt hast. Wenn du nicht darüber nachdenken willst, wer ich eigentlich bin.“
Er versteht mich einfach nicht, dachte Eden. Er weiß nicht, wie es ist, zu Hause auf jemanden zu warten und sich dabei ständig fragen zu müssen, ob ihm vielleicht etwas zugestoßen ist. „Ich kann das einfach nicht, Cam“, sagte sie. „Noch einmal halte ich das nicht aus. Ich will dich nicht auch noch verlieren.“
Er sah ihr tief in die Augen. „Kann ich denn gar nichts sagen, um dich zu beruhigen?“
„Nein, gar nichts.“
„Dann willst du uns also keine Chance geben? Es nicht mal mit mir versuchen? Auch nicht nach gestern Nacht?“ Es sah so aus, als könnte er es kaum fassen.
Eden hatte einen Kloß im Hals, wenn sie daran dachte, dass sie so etwas nie wieder mit ihm erleben würde. Sie sehnte sich so sehr danach, ihm nahe zu sein – aber noch einmal würde sie es nicht aushalten, sich um jemanden so sehr zu sorgen und ihn möglicherweise zu verlieren.
„Nein“, sagte sie und versuchte dabei, möglichst bestimmt zu klingen. „Ich kann nicht mit einem Polizisten zusammen sein.“
Lange Zeit betrachtete er sie wortlos. Was jetzt wohl in ihm
Weitere Kostenlose Bücher