Cinderella undercover
Schließlich war sie in den letzten Tagen fast ausschließlich mit Shopping beschäftigt gewesen.
»Ich denke, das wird klappen«, meinte GG endlich, als ich gefühlte eine Million Mal über seinen Laufsteg aus Papier gelaufen war, ohne mich langzulegen. »Wenn du zu Hause noch ein bisschen übst, wirst du die Veranstaltung mit Grandezza meistern. Und denk dran, Baby: Haltung, Haltung, Haltung, dann kann gar nichts schiefgehen.«
Voller Vorfreude auf den morgigen Tag fuhr ich nach Hause und traf oben an der Haustür Kristen, die offenbar auf dem Sprung war. »Mom hat schwere Grippe, ich flitze mal eben schnell zur Notapotheke«, erklärte sie und sprintete die Treppe hinunter. »Bis später!« Hui, so schnell war sie doch sonst nie.
In meinem Zimmer angekommen legte ich die Kleidersäcke und die Schuhkartons aufs Bett und schmuste danach eine Weile mit La Perla. Ich erzählte ihm von meiner Anprobe und davon, dass ich auf dem besten Weg war, eine Laufsteg-Queen zu werden. »Felicia, bist du das?«, ertönte auf einmal Stephanies Stimme durch den Flur und verschreckte den Beo. »Nein, ich bin’s nur, Cynthia. Ich glaube, Felicia ist gar nicht da«, antwortete ich und ging dann ins Schlafzimmer, in dem es so richtig schön mies nach Krankheit muffte.
»Au Mann, dich scheint es ja richtig erwischt zu haben«, sagte ich mitleidig. »Kann ich dir irgendwas bringen? Tee oder eine heiße Zitrone? Außerdem müsste hier mal dringend gelüftet werden, frische Luft kann manchmal Wunder wirken.« Mit diesen Worten öffnete ich das Fenster einen Spalt.
»Heiße Zitrone wäre toll«, krächzte Stephanie, die mit einem dicken Schal umwickelt im Bett lag und aussah wie der Tod auf Latschen. Während ich in der Küche den Saft einer Zitrone mit heißem Wasser und einem Teelöffel Honig verquirlte, kam Felicia nach Hause. Sie streckte den Kopf zur Tür herein und verzog sich schnell wieder, als sie hörte, dass ihre Mutter krank war. »Oh nein, bitte nicht, ich habe keine Lust, mich anzustecken«, hörte ich sie im Flur sagen – was ich angesichts der Tatsache, dass es ihrer Mutter scheinbar wirklich schlecht ging, ziemlich lieblos fand. »So, bitte schön, das wird dir guttun«, sagte ich zu Stephanie und stellte ein Tablett mit dem Becher und ein paar Keksen auf ihren Nachttisch. In dem Moment kam Kristen und breitete ein Arsenal an Medikamenten auf der Bettdecke aus. »Danke, Schätzchen, das ist wirklich lieb von euch«, bedankte Stephanie sich, trank einen Schluck und widmete sich dann Kristens Besorgungen.
Ich beschloss, die beiden alleine zu lassen, denn natürlich war auch ich nicht besonders scharf darauf, ausgerechnet während des CLC-Festivals flachzuliegen.
Schließlich wollte ich meine schönen Kleider ausführen und mich außerdem richtig amüsieren.
Und nicht zuletzt natürlich Daniel wiedersehen…
29.
Schade, schade, schade – diesen Freitag musste die Mathe-Nachhilfe wohl ausfallen, denn ich hatte weitaus Wichtigeres vor! Zuerst zwei der zehn Theaterstücke anschauen, die am ersten Festival-Tag auf dem Programm standen – und dann: Rein ins Outfit! Rauf auf die Party!
Momentan hatte ich zwar noch keinen blassen Schimmer, wie ich mit diesen Pantöffelchen durch die Kälte bis zum Partyzelt kommen sollte, aber da würde mir schon noch was einfallen. Die Notfalllösung war: umziehen auf der Toilette.
»Darf ich noch rein?«, fragte ich das sympathisch aussehende, wunderhübsche Mädchen am Eingang des Fleettheaters, das mir irgendwie bekannt vorkam. Killing Road lief schon seit einer knappen Viertelstunde. »Es ist zwar total voll, aber Luc hat extra einen Platz für dich reserviert«, antwortete das Mädchen, nachdem ich meinen Namen genannt und sie einen Blick auf die Gästeliste geworfen hatte. Mithilfe einer Taschenlampe dirigierte sie mich zu meinem Platz in der dritten Reihe, ganz außen. Ich setzte mich, zog meinen Mantel aus und verfolgte gebannt das Geschehen auf der Bühne. Muffins Eingangsmonolog war schon vorbei, jetzt war der Teil dran, den ich noch nicht kannte. »Schön, dass wir uns endlich mal wiedersehen«, wisperte jemand neben mir und ich bekam Gänsehaut, als ich die Stimme erkannte. Seine Stimme! Luc hatte mich doch tatsächlich direkt neben Daniel platziert. »Finde ich auch«, flüsterte ich zurück, nachdem ich mich einigermaßen gefangen hatte. Gut, dass das Stück noch eine knappe Stunde dauerte. Bis dahin würde ich mich wohl hoffentlich ein wenig beruhigt haben.
Dummerweise
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